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# taz.de -- Demo gegen Queerfeindlichkeit: Angriff auf trans Frau verstört
> In Bremen ist eine 57-Jährige von Jugendlichen beleidigt und
> zusammengeschlagen worden. Trans Community und Stadtgesellschaft sind
> erschüttert.
Bild: Trauer und Wut in den Gesichtern der Teilnehmenden an der Mahnwache zu de…
Bremen taz | Über 250 Menschen haben sich spontan am Montagabend am
Kulturzentrum Schwankhalle in der Bremer Neustadt versammelt, um gegen
Queerfeindlichkeit zu demonstrieren. Wenige Stunden vorher war bekannt
geworden, [1][dass am Samstag eine trans Frau in der Neustadt angegriffen
und schwer verletzt worden war].
Dicht gedrängt stehen junge und alte Menschen auf dem Platz, viele scheinen
einander zu kennen. Es wird auf das Awareness-Team hingewiesen, das
Besucher*innen bei Bedarf einen Safer Space anbietet, einen geschützten
Raum. Eine*r der Veranstalter*innen spricht eine Triggerwarnung für
die folgende Rede aus, die das Geschehene wiedergeben wird.
Die 57-Jährige saß in der Straßenbahn, als eine Gruppe von knapp 15
Jugendlichen einstieg, sie beleidigte und ihr die Perücke vom Kopf riss.
Einer der Jugendlichen fing an, ihr mit beiden Fäusten ins Gesicht zu
schlagen, während seine Begleiter ihn laut anfeuerten. Erst als andere
Fahrgäste eingriffen, ließen die Angreifer von ihr ab, stiegen aus der Bahn
und flohen. Die Frau wurde mit schweren Gesichtsverletzungen ins
Krankenhaus eingeliefert, konnte dies aber inzwischen wieder verlassen.
Organisiert habe die Kundgebung ein loser Zusammenschluss aus Menschen, die
sich [2][nach den letzten queerfeindlichen Gewalttaten] zusammengetan
hatten, sagt Maike-Sophie Mittelstädt ins Mikrofon. Sie ist
Grünen-Politikerin, Vorstandsmitglied des Vereins Trans*Recht und
Sprecherin des Queerpolitischen Beirats im Land Bremen. „Die Vorfälle in
der letzten Zeit sind uns einfach zu viel geworden.“
## Immer wieder Übergriffe
Die Vorfälle – dazu gehört der Angriff auf eine trans Frau im Stadtteil
Walle Ende Juli. Sie war zunächst von einem Auto leicht berührt worden.
Anschließend stieg der Fahrer aus, beleidigte und bedrohte sie. Sie ging
weiter und traf kurze Zeit später wieder auf den Fahrer, diesmal in
Begleitung von zwei weiteren Männern.
Die drei Männer bespuckten und schlugen sie und fassten ihr an die Brust.
Danach besprühten sie sie mit Reizgas und flüchteten. „Die Illusion von
Sicherheit wurde mir nach dem Angriff in Walle genommen“, sagt Mittelstädt
in ihrer Rede.
Sie zieht die Medien mit in die Verantwortung für die Gewalttaten: „Hört
auf, unsere Menschenrechte zu verhandeln.“ Das führe dazu, dass Menschen
sich sicher dabei fühlten, trans Personen anzugreifen. Das mache sich auch
in den sozialen Medien bemerkbar, wo sich transfeindliche Kräfte verstärkt
organisierten. Körperliche Angriffe hätten „gefühlt“ zugenommen.
Statistiken dazu habe sie nicht, da queerfeindliche Gewalt häufig nicht
angezeigt werde.
Auch in der Großsiedlung Tenever im Bremer Südosten hatte es vor einer
Woche, nach dem CSD, einen Angriff auf eine junge Frau gegeben, die sich
eine Regenbogenfahne umgehängt hatte. Eine Gruppe Jugendlicher beleidigte
sie mehrfach homofeindlich und entriss ihr die Flagge.
„Hinter all dem stehen Hass und [3][toxische Männlichkeit]“, sagt Maja
Tegeler aus dem Linke-Bundesvorstand bei der Kundgebung. Von der Bremer
Polizei erwarte sie konsequente Ermittlungen.
Wie kompliziert alles geworden ist, zeigt ein Beitrag am folgenden „offenen
Mikrofon“: Ein*e Redner*in berichtet von transfeindlichen Vorfällen, die
ebenfalls am vergangenen Samstag passiert seien – allerdings innerhalb der
queeren Szene: Der Trans*Inter*Dyke*-March sei von Terfs gestört worden,
von trans-ausschließenden Radikalfeministinnen, die transfeindliche Sprüche
gerufen hätten.
Eine Person sei an ihrer Trans*-Fahne gezogen und dadurch gewürgt worden.
Viel zu spät habe die Polizei eingegriffen, obwohl die
Veranstalter*innen im Vorfeld angekündigt hatten, dass es zu Angriffen
kommen könnte.
Ein*e weitere*r Sprecher*in weist auf die Diskriminierung hin, die
trans Personen zusätzlich zu der Gefahr körperlicher Angriffe erfahren:
„Ich habe nicht nur Angst vor transfeindlichen Menschen, die mich auf der
Straße umbringen wollen. Ich habe auch Angst vor dem Leben in einem
transfeindlichen Staat.“
Sie*er müsse sich entscheiden – entweder für Sicherheit oder dafür, „ mi…
in meiner Genderidentität wohlzufühlen“. Viel Potenzial für Verbesserung
der Situation für trans Personen sieht sie*er unter den gegebenen
Verhältnissen nicht: „Es ist nicht möglich, Transfeindlichkeit in diesem
System auszulöschen. Das System muss beseitigt werden.“
Auch die Mutter eines trans Mädchens erzählt von ihren Erfahrungen, die sie
nach dem Coming Out ihrer Tochter machte. Zusammen mit dem [4][queeren
Zentrum Rat&Tat] hat sie eine Elterngruppe für die Eltern trans* und
nonbinärer Kinder gegründet. Sie erzählt, dass sie nach den Vorfällen Angst
um ihre Tochter habe.
Mittelstädt ruft die Teilnehemenden dazu auf, nicht alleine nach Hause zu
gehen. „Wir sind nicht sicher, wenn wir alleine sind“, sagt sie. Viele
bleiben noch da. Sie stehen in kleinen Gruppen auf dem Platz und
unterhalten sich. Es ist spürbar, wie notwendig es für sie ist, nicht
alleine mit ihrer Wut und ihrer Trauer zu sein. Besonders nach dem
[5][tödlichen Angriff auf den trans Mann Malte C. in Münster] sei ihnen die
Unterstützung der Community wichtig. „Ich wünsche mir einen kollektiven
Umgang mit der Situation und keine Vereinzelung“, sagt Marli.
Besonders schockiert zeigen sich viele Besucher*innen, dass die Täter so
jung waren. Eine Lehrerin berichtet, dass auch sie in der Schule häufig
Transfeindlichkeit mitbekomme und etwas dagegen tun möchte.
„Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen wegen ihrer geschlechtlichen
Identität um ihr Leben fürchten müssen“, teilte Sozialsenatorin Anja
Stahmann (Grüne) mit. „Ich hoffe, dass der Schläger und diejenigen, die ihn
ermutigt haben, schnell gefasst werden.“
Die Landesfrauenbeauftragte Bettina Wilhelm erinnerte daran, dass Angriffe
gegen queere Menschen „Angriffe auf die Demokratie und auf unsere freie
Gesellschaft“ seien. Bremen habe bisher als sicherer Ort für queere
Menschen gegolten. „Damit dies so bleibt, müssen wir zusammenstehen und für
unser offenes Miteinander eintreten.“
## Bremen galt als sicher
Dass die Gewalttat viele in Bremen besonders erschüttert, weil die Stadt
bisher als relativ sicher galt, wird auch aus Äußerungen in sozialen Medien
deutlich. „Der Angriff macht klar, dass auch in unserer liberalen Stadt
längst nicht alles gut ist“, schrieb etwa der Grüne Fraktionsvorsitzende
Björn Fecker auf Twitter.
Linke, SPD, FDP und CDU nannten die Tat „widerlich“, „feige“, „scheu�…
und „abscheulich“. Parlamentspräsident Frank Imhoff (CDU) twitterte: „Die
Jugendgruppe, die für diese gewaltsame Hetzjagd verantwortlich ist,
verdient eine starke Antwort unseres Rechtsstaats.“
Die grüne Mobilitätssenatorin Maike Schaefer kündigte mehr Sicherheit in
Bussen und Bahnen an. „Denn im ÖPNV beobachten wir, dass es vermehrt zu
verbalen und körperlichen Attacken kommt – sowohl zwischen einzelnen
Fahrgästen als auch von Fahrgästen gegenüber dem BSAG-Personal.“ Das sei
„nicht hinnehmbar – alle Menschen sollen sich in Bremen sicher fühlen!“
In einer früheren Version dieses Textes hatten wir geschrieben, die CDU
habe sich bis zum Nachmittag nicht geäußert. Tatsächlich hat die Bremer CDU
die Tat am frühen Nachmittag in einer Pressemitteilung verurteilt.
6 Sep 2022
## LINKS
[1] /Angriff-in-Bremer-Strassenbahn/!5879081
[2] /CSD-in-Muenster/!5874888
[3] /Psychologe-ueber-Gender-und-Krieg/!5855095
[4] https://www.ratundtat-bremen.de/
[5] /CSD-in-Muenster/!5874888
## AUTOREN
Emma Rotermund
Eiken Bruhn
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