| # taz.de -- Herbsttagung des Bundeskriminalamtes: Mit Bargeldlimit gegen Krimin… | |
| > Innenministerin Faeser will stärker gegen Organisierte Kriminalität | |
| > vorgehen. Einige Vorschläge aber sind strittig. | |
| Bild: Will kriminelle Strukturen „nachhaltig“ zerschlagen: Nancy Faeser | |
| Wiesbaden taz | Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will stärker gegen | |
| die Organisierte Kriminalität vorgehen. Der finanzielle Schaden habe 2021 | |
| erstmals die Milliardengrenze in Deutschland geknackt, in der Szene | |
| herrsche teils „drastische Gewalt“, heißt es in einem Konzeptpapier ihres | |
| Ministeriums, das der taz vorliegt. Es drohe „eine Unterwanderung | |
| staatlicher und wirtschaftlicher Strukturen und die Destabilisierung der | |
| Gesellschaft insgesamt“. | |
| Faeser stellte das Konzept auf der am Mittwoch beginnenden Herbsttagung des | |
| Bundeskriminalamtes (BKA) in Wiesbaden vor. Die Behörde hatte zuletzt einen | |
| Anstieg von 17 Prozent bei den Ermittlungsverfahren im Bereich der | |
| Organisierten Kriminalität konstatiert, auf fast 700 Fälle. | |
| Das auch deshalb, weil Deutschland aus dem Ausland Daten geknackter | |
| Kryptohandy-Anbieter wie EncroChat, SkyECC oder Anom bekam, die in der | |
| Szene rege genutzt wurden. Mit ihrem Konzept will Faeser nun eine | |
| Bargeldobergrenze von 10.000 Euro bei Finanzgeschäften wie Immobilienkäufen | |
| einführen, um illegale Geschäfte zu erschweren. | |
| Das Vorhaben ist umstritten, schon der frühere Finanzminister Wolfgang | |
| Schäuble (CDU) wollte das Limit einführen, ließ es aber nach Protesten von | |
| Verbraucherschützer:innen und Jurist:innen wieder fallen. Der | |
| Ampel-Koalitionsvertrag forderte zuletzt aber wieder ein Bargeldverbot für | |
| das Erwerben von Immobilien, um die Geldwäsche zu bekämpfen – und eine | |
| Bekämpfung der Organisierten Kriminalität als „Schwerpunkt“ der | |
| Sicherheitsbehörden. Auch Kriminalist:innen halten die Bargeldgrenze | |
| für sinnvoll, die EU plädiert ebenso dafür. | |
| ## Bessere internationale Vernetzung | |
| Daneben will Faeser ein bundesweites Gebäude- und Wohnungsregister | |
| einführen, um illegal erworbene Immobilien schneller zu erkennen und | |
| anzugehen. Auch sollen undurchsichtige Vermögenswerte schneller eingezogen | |
| werden, wenn die Inhaber:innen keine ausreichenden Auskünfte zu deren | |
| Herkunft machen können, die sogenannte „Suspicious Wealth Order“. Das BKA | |
| soll Finanzermittlungen forcieren und ein neues Kompetenzzentrum dafür | |
| gründen, insbesondere um illegale, digitale Geschäfte etwa [1][über | |
| Kryptowährungen] aufzudecken. | |
| Insgesamt sollen die Ermittlungen gegen die Organisierte Kriminalität von | |
| Bund und Ländern, aber auch international, besser verzahnt werden. In den | |
| meisten Verfahren haben bisher die Bundesländer die Hoheit – das BKA soll | |
| hier nun mehr zur Zentralstelle werden. Auch der Zoll soll mehr eingebunden | |
| werden, für den Kampf gegen internationale Drogengeschäfte, und die | |
| Bundespolizei bei Schleusungskriminalität. | |
| Ausgebaut werden sollen auch Schwerpunktstaatsanwaltschaften für die | |
| Organisierte Kriminalität. Das Strafmaß für Geldwäsche soll verschärft | |
| werden: mit Mindeststrafen von einem Jahr statt der bisherigen drei Monate. | |
| ## Faeser verweist erneut auf Vorratsdatenspeicherung | |
| Strittig dürften die digitalen Pläne von Faesers Strategie werden. Schon | |
| zuletzt forderte die Sozialdemokratin [2][die Wiedereinführung der | |
| Vorratsdatenspeicherung] – mit promptem Kontra von Grünen und FDP. Nun tut | |
| Faeser es erneut, mit Verweis auf die Organisierte Kriminalität. Dies sei | |
| für die Aufklärung von Straftaten „unverzichtbar“. Zudem brauche es | |
| rechtliche und technische Möglichkeiten, um Verschlüsselungen zu knacken, | |
| die gerade Kriminelle über Kryptoanbieter nutzten. | |
| Statt weiter auf internationale Partner angewiesen zu sein, brauche es neue | |
| Gesetze und eigene „Regelungen im Umgang mit Verschlüsselungsmechanismen, | |
| die im Einklang mit der verfassungsgemäßen Ordnung stehen“ – wie genau | |
| diese aussehen sollen, bleibt offen. Die Sicherheitsbehörden dürften bei | |
| der „rasanten technischen Entwicklung“ nicht abgehängt werden. | |
| Auch der Einsatz von Quellen-TKÜ und Onlinedurchsuchungen seiunverzichtbar, | |
| heißt es im Strategiepapier. Man setze hier auf dieHerstellung „eigener | |
| Softwarelösungen“. Gleichzeitig sollen beim BKA Plattformen eingerichtet | |
| werden, um große Datenmengen wie aus den Krypto-Verfahren auszuwerten, auch | |
| mithilfe von Künstlicher Intelligenz. | |
| Zuletzt will Faeser auch [3][die „Clankriminalität“ angehen.] Auch | |
| diesekennzeichne ein „hohes Aggressivitätspotenzial sowie eine praktizierte | |
| Paralleljustiz“, heißt es im Konzept. „Wir lassen jedoch keine | |
| abgeschotteten Parallelgesellschaften zu.“ Dafür soll nun einBundeslagebild | |
| eingeführt werden. Die Länder sollen eine „Allianz gegen Clankriminalität�… | |
| bilden, um gemeinsame Ermittlungen oderAussteigerprogramm anzustoßen. | |
| Bisher bleibt allerdings schwammig, wer und was genau überhaupt mit | |
| „Clankriminalität“ gemeint ist. Faeser verspricht hier nun zumindest eine | |
| einheitliche polizeiliche Definition. | |
| Die Innenministerin warnt auch vor „schmerzlichen Erfahrungen“, die andere | |
| europäische Länder mit der Organisierten Kriminalität gemacht hätten, | |
| gemeint sind offenbar die Niederlande. Solche Entwicklungen wolle man in | |
| Deutschland „nicht zulassen“ und kriminelle Strukturen „nachhaltig | |
| zerschlagen“. | |
| 16 Nov 2022 | |
| ## LINKS | |
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| [2] /Vorratsdatenspeicherung-in-Deutschland/!5890806 | |
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| ## AUTOREN | |
| Konrad Litschko | |
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