# taz.de -- Die AfD bei der Niedersachsenwahl: Kriegsgewinnler AfD | |
> Die AfD ist zweistellig und hat damit ihr Wahlergebnis im Vergleich zu | |
> 2017 fast verdoppelt. Sie profitiert von Abstiegsängsten und dem | |
> Bundestrend. | |
Bild: Die selbsternannte Alternative erzielte ein Ergebnis, das vor ein paar Wo… | |
HANNOVER taz | Wenige Wochen vor der Wahl des Landesparlaments ist [1][das | |
angestrebte Wahlziel („12 Prozent“)] des AfD-Spitzenkandidaten Stefan | |
Marzischewski-Drewes für kaum wahrscheinlich gehalten worden. Die | |
selbsternannte Alternative in Niedersachsen zweistellig? Dann aber schossen | |
die Prognosen bis auf 14 Prozent hoch. Am Wahlabend steht Punkt 18 Uhr | |
fest, die AfD zieht nach der ersten Prognose mit 11,5 Prozent in den | |
Landtag. Die Partei ist Kriegsgewinnler. Im Vergleich zur Wahl 2017 hat sie | |
ihre Ergebnis fast verdoppelt. | |
Bei der Wahlparty in dem griechischen Restaurant „Ouzeri – Griechische | |
Botschaft“ brach bei der AfD nach der ersten Hochrechnung lauter Jubel aus. | |
Die Arme des Spitzenkandidaten schossen mit geballten Fäusten in die Höhe. | |
Die Repräsentanten der Partei wissen: Der Erfolg kam nicht durch einen | |
erfolgreichen Wahlkampf. Der Wahlzuspruch, so die ersten Analysen von | |
Expert*innen, erfolgte wegen der gestiegenen Lebensmittel- und | |
Energiepreise. | |
Erneut trägt das Credo der AfD: Geht es Deutschland schlecht, geht es der | |
Partei gut. In einem Statement bei der ARD hob der AfD-Bundesvorsitzende | |
Tino Chrupalla auch gleich auf die gestiegen Preise ab und betonte, dass | |
die Wählenden von den anderen Parteien keine Hilfe mehr erwarteten und ein | |
Ende der Sanktionen wollten. | |
Erste Wahlanalysen bestätigen, dass für AfD-Wählende die Preissteigerung | |
und die Energieversorgung wahlentscheidend waren. Ebenso heißt es, dass | |
etwas über 50 Prozent aus „Enttäuschung von anderen Parteien“ die AfD | |
wählten, 38 Prozent zudem aus „Überzeugung“. | |
## Streit und Machtkämpfe scheinen egal | |
Im Jubel der AfD war auch Erleichterung zu hören. Nach dem | |
[2][Nichtwiedereinzug der AfD in den Schleswig-Holsteinischen Landtag am 8. | |
Mai] sorgte sich der niedersächsische Landesverband ebenso, an der | |
5-Prozent-Hürde scheitern zu können. In beiden Landesverbänden dominierten | |
[3][interner Richtungsstreit und Machtkämpfe] – die Fraktionen in den | |
Landtagen zerbrachen und strahlen in ihren Bundesländern kaum aus. | |
In Niedersachsen stritt die AfD unter anderem um ihre Landesliste. Der | |
ehemalige AfD-Landtagsabgeordnete und Ex-AfDler Christopher Emden hielt | |
seinen Ex-Kolleg*innen [4][bei seinem öffentlichkeitswirksamen Austritt | |
vor], eher „Beutegemeinschaft“ als Alternative zu sein. Seine Vorwürfe: F�… | |
einen sicheren Listenplatz hätten 4.000 Euro gezahlt werden müssen. Derzeit | |
laufen deswegen Ermittlungen wegen des Verdachts auf Untreue gegen Ansgar | |
Schledde, der auf Listenplatz 2 antrat – den Wähler*innen war das | |
offenbar egal. | |
Mit dem Ergebnis zeigt sich: In Niedersachsen entschied weniger die | |
Landespolitik der AfD über den Erfolg. Ganz gezielt hatte sie sich erneut | |
als die Partei der „Normalen“ inszeniert, der rechtschaffen arbeitenden | |
Bevölkerung und deren Abstiegsängsten. | |
## Mobilisierungsthemen Rassismus und Abstiegsangst | |
In den Wahlkampf war sie etwa mit „Die Meiers – Eine Familie in | |
Niedersachsen“ gezogen: In diesem 16-seitigen Comic stellte sie die | |
alltäglichen Herausforderungen und wirtschaftlichen Sorgen der Meiers – | |
„Christian, 36, Fensterbauer“, „Lisa, 32, Verkäuferin“, „Mia, 9, Bal… | |
„Lukas, 5, Judo-Gelbgurt“, „Finn, Nesthäkchen“ und „Lucy, Wachhund�… | |
konkret vor. | |
Die AfD griff darin die Sorge auf, dass wegen der Inflation der | |
Familienurlaub ausfällt, dass trotz Arbeit Armut droht und dass die | |
Energiekosten wegen der Wirtschaftssanktionen weiter steigen. Ebenso darf | |
Rassismus nicht fehlen: Dass Kinder „ohne Migrationshintergrund zu einer | |
Minderheit“ gehören könnten, kam ebenso vor. | |
Die [5][Position der AfD, im Ukrainekrieg mehr zu Russland zu neigen], | |
könnte zudem anziehend auf das deutsch-russische Milieu gewirkt haben. | |
Bereits die Proteste gegen die staatlichen Pandemiemaßnahmen trugen Teile | |
dieses Milieus mit. | |
Auch offenbaren die Wahlanalysen: Das Thema „Zuzug von Ausländern und | |
Flüchtlingen“ ist weiter Mobilisierungsthema für die AfD. Im | |
niedersächsischen Landtag könnte die AfD 17 Sitze erhalten. | |
9 Oct 2022 | |
## LINKS | |
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[2] /AfD-Scheitern-in-Schleswig-Holstein/!5850688 | |
[3] /Chaos-bei-AfD-in-Niedersachsen/!5865836 | |
[4] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/afd-stellvertretender-landesvorsitze… | |
[5] /AfD-Demo-in-Berlin/!5886583 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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