# taz.de -- AfD will erste Großstadt regieren: In Deutschland ganz rechts | |
> Im brandenburgischen Cottbus wird am Sonntag der Oberbürgermeister | |
> gewählt. Und die AfD hat Chancen, künftig den Rathauschef zu stellen. | |
Bild: Stadthalle von Cottbus | |
Ein Montagabend in Cottbus. Fast 2.000 Menschen ziehen unter „Wir sind das | |
Volk“-Rufen durch das Zentrum der Stadt. Ein Verein mit dem | |
beziehungsreichen Namen „Zukunft Heimat“ hat unter dem Motto „Für ein | |
bezahlbares Leben“ zu den Protesten in der brandenburgischen Großstadt, | |
nicht weit von der deutsch-polnischen Grenze gelegen, aufgerufen. „Meine | |
Gasrechnung hat sich verdoppelt. Und die ganzen Messerstechereien werden | |
einfach unter den Teppich gekehrt!“, schlägt ein Teilnehmer mit kurzen | |
grauen Haaren den Bogen von den Energiepreisen zum Kernthema der AfD, „In | |
diesem Land läuft etwas grundsätzlich falsch.“ | |
In wenigen Tagen, am 9. Oktober, wird in Cottbus ein neues Stadtoberhaupt | |
gewählt. Doch mit den Teilnehmer:innenzahlen der Montagsdemos wächst | |
auch die Angst in der Stadt, die Wut über die steigenden Energiepreise | |
könnte der AfD den lang ersehnten Wunsch erfüllen, erstmals einen | |
Oberbürgermeister in einer deutschen Großstadt zu stellen. In den aufwendig | |
produzierten Wahlwerbespots träumt AfD-Kandidat Lars Schieske von einem | |
„Domino-Effekt“, der sich auf andere Städte ausbreiten werde. | |
Obwohl sich der Protest am Montagabend vorgeblich gegen die steigenden | |
Lebenserhaltungskosten richtet, ist unverkennbar, wer hier den Ton angibt. | |
„Unser Volk zuerst“, steht in weißen Buchstaben auf dem roten | |
Fronttransparent, getragen von jungen, mit schwarzen FFP2-Masken im Gesicht | |
versehenen Aktivisten. Personen, deren Gesinnung durch das Tragen | |
einschlägiger Szenemarken erkennbar ist, laufen einträchtig neben vor allem | |
älterem, bürgerlichem Publikum. Vereinzelt sind Reichskriegsflaggen zu | |
sehen, andere Schilder fordern „Nordstream 2 öffnen“ und „Frieden mit | |
Russland“. | |
Im [1][ersten Wahlgang] am 11. September konnte AfD-Mann Schieske 26,4 | |
Prozent der Stimmen abräumen – ein deutlicher Abstand hinter dem | |
Sozialdemokraten Tobias Schick, der mit 31,8 Prozent gewann. Aber das | |
könnte nicht deutlich genug gewesen sein, um von einem sicheren Sieg des | |
SPD-Kandidaten in der Stichwahl am kommenden Sonntag ausgehen zu können. | |
## SPD-Mann Schick liegt vorne – aber reicht es? | |
Wenige Tage nach der Demonstration erscheint Tobias Schick zum Gespräch in | |
einem Café in der Nähe des Hauptbahnhofs. Der 42-Jährige ist hochgewachsen, | |
trägt einen lockeren Sweater und den von den Wahlplakaten bekannten | |
Dreitagebart. Beim Betreten des Cafés grüßt der SPD-Kandidat demonstrativ | |
die Menschen am Nachbartisch. Schick vermittelt nicht den Eindruck eines | |
abgeklärten Berufspolitikers, sondern eher des freundlichen Typs, den hier | |
jeder kennt. Vor seiner Kandidatur war Schick jahrelang Geschäftsführer des | |
Sportbundes. | |
Rein rechnerisch sollte sein Wahlsieg eigentlich kein Problem sein, zumal | |
die nach dem ersten Wahlgang ausgeschiedenen Kandidaten von CDU und FDP | |
sich für Schick starkmachen. Doch ganz so einfach ist die Sache nicht. | |
Neben der ungewissen Dynamik der Sozialproteste ist es vor allem die | |
niedrige Wahlbeteiligung, die Sorgen bereitet. Im ersten Wahlgang gingen | |
nur rund 53 Prozent zu den Urnen, im zweiten könnten es noch weniger | |
werden. | |
Schick bestellt Kartoffeln mit Quark – es ist Endspurt im Wahlkampf, | |
Mittagspause und Interview müssen da schon mal zusammengelegt werden. Nach | |
dem Termin gehe es weiter zu Türgesprächen in zwei von der AfD dominierte | |
Stadtteile, sagt er. Wie der Wahlkampf bisher so laufe? „Man muss die | |
Nerven bewahren“, seufzt Schick. In den Gesprächen spüre er gerade den | |
Ärger über die steigenden Energiekosten deutlich. „Viele sagen, Tobias, du | |
bist okay, aber SPD können wir eigentlich gerade nicht wählen“ | |
Die steigende Inflation und Vervielfachung der Gas- und Strompreise infolge | |
des Ukrainekriegs birgt in einer Region, in der das Renten- und Lohnniveau | |
nur rund 85 Prozent des Bundesdurchschnitts entspricht, viel sozialen | |
Sprengstoff. Das 200 Milliarden schwere [2][Maßnahmenpaket zur Abfederung] | |
der sozialen Folgen, das an diesem Morgen bekanntgegeben wird, helfe da | |
wenig. „Es dauert, bis das Gesetz wird“, fürchtet Schick, „die Zeit haben | |
wir nicht.“ | |
Doch wie konnte es so weit kommen, dass ein AfD-Mann in einer deutschen | |
Großstadt realistische Chancen auf den Posten des Oberbürgermeisters hat? | |
Lars Schieske gelang es schon bei den Landtagswahlen vor drei Jahren, ein | |
Direktmandat zu holen. Der Mitvierziger gilt selbst in der rechten Partei | |
als ganz besonders extrem. Mehrmals trat der Berufsfeuerwehrmann als | |
Anmelder von Montagsdemonstrationen auf. In einer Postwurfsendung in dem | |
Plattenbauviertel Sachsendorf sprach Schieske davon, „Cottbus von den | |
Bonzen zurückzuholen“, von „Ausländern“, die „immer mehr“ und „im… | |
frecher werden“ und von „uns normalen Deutschen“, die sich abends nicht | |
mehr auf die Straße trauen würden. | |
Unwahrscheinlich also, dass der Wahlerfolg der AfD mit dem vermeintlichen | |
Charisma ihres Kandidaten zusammenhängt – zumal die Partei bei der | |
Bundestagswahl mit anderen Kandidaten ganz ähnliche Ergebnisse in der | |
Region eingefahren hat. | |
Christoph Polster, der Vorsitzender des Bündnisses [3][Cottbuser Aufbruch], | |
bringt Klarheit in die Lage. Der 72-Jährige trägt offene, silberne Haare, | |
eine gerahmte Brille und ist schon lange in der Cottbusser | |
Zivilgesellschaft aktiv. Schon seit 1986 lebt Polster in Cottbus, zählte zu | |
jenen, die 1989 gegen das SED-Regime auf der Straße gingen, und hat die | |
Umbrüche der Wendezeit und die rechte Gewalt der „Baseballschlägerjahre“ … | |
den 1990er Jahren miterlebt. Dreißig Jahre lang war er Pfarrer in der | |
Oberkirche, dort, wo die Rechten regelmäßig ihre Montagsdemos starten. | |
Der Cottbusser Aufbruch fungiert als Plattform für Initiativen, Vereine und | |
Unternehmen. Seit einigen Jahren sei Cottbus in den Fokus der Rechten | |
geraten, sagt Polster. „Die Partei will eine rechte Hochburg etablieren“, | |
erklärt er, „dafür haben die AfD-Strategen Cottbus ganz bewusst | |
ausgewählt.“ Eine bedeutende Rolle spiele dabei der vom | |
AfD-Landtagsabgeordneten Christoph Berndt gegründete Verein Zukunft Heimat. | |
## Wie die Strategie der Rechten aufgeht | |
Im Mai 2017 eskalierte vor der Cottbusser Stadthalle ein Streit zwischen | |
einer Gruppe Syrer und einem deutschen Junggesellenabschied, in dessen | |
Folge ein Deutscher mit einem Messer schwer verletzt wurde. Der Vorfall | |
fachte in der Stadt eine Debatte über Gewaltkriminalität von Geflüchteten | |
an. Damals gelang es Berndt, regelmäßige Montagsproteste in der Stadt zu | |
etablieren. Erneuten Auftrieb erhielten die Demonstrationen während der | |
Coronapandemie. Die Proteste wusste Zukunft Heimat geschickt zu | |
vereinnahmen; verschwörungsideologische Parolen ersetzten rassistische | |
Sprüche, die Wahlempfehlungen für die AfD blieben dieselben. | |
Jetzt hofft [4][Zukunft Heimat], dass ihnen dieser Coup ein weiteres Mal | |
gelingt. „Mit dem Ukrainekrieg wird die nächste Sau durchs Dorf getrieben“, | |
klagt Polster, die Inhalte seien eigentlich austauschbar, Hauptsache, es | |
ließe sich unter der Bevölkerung Angst schüren. | |
Unterstützt werde Zukunft Heimat von einer rechtsextremen Hooligan-, | |
Kampfsport- und Rockerszene in Cottbus. Rechte Ultras des lokalen | |
Fußballvereins Energie, wie die inzwischen aufgelösten Inferno Cottbus, | |
machten 2018 bundesweit Schlagzeilen, als sie mit Ku-Klux-Klan-Hauben und | |
Fackeln posierten, während die Polizei untätig danebenstand. | |
Der Brandenburger Verfassungsschutz hat die rechte Szene in Cottbus seit | |
Jahren im Blick. Der diesjährige Bericht nennt die über 100 Mitglieder | |
zählende Gruppe Kampfgemeinschaft Cottbus ein „Sammelbecken für | |
Rechtsextremisten mit hohem Gewaltpotenzial“, die verstärkt im Security- | |
und Türstehermilieu vertreten ist. | |
Zukunft Heimat sorgt dagegen für die bürgerliche Anschlussfähigkeit und die | |
scheinbar harmlose Außenwirkung. Als „länderübergreifendes Scharnier | |
zwischen unterschiedlichen rechtsextremistischen Akteuren“, bezeichnet der | |
Verfassungsschutz deshalb den Verein. | |
Die rechten Netzwerke schaffen es auch, zahlreiche Teilnehmer:innen aus | |
dem benachbarten Sachsen und dem ländlichen Umland zu mobilisieren. | |
Angesichts dessen sei es fast unmöglich, Gegenproteste zu organisieren, | |
gesteht der pensionierte Pfarrer Christoph Polster ein. | |
## Auf der Demonstration | |
Wie gut AfD-Parteipolitik mit den entsprechenden Bürgerinitiativen, der | |
Hooligan-Subkultur und einer vorgeblich bürgerlichen Mitte | |
ineinandergreifen, zeigt sich an diesem Montag in der Cottbusser | |
Innenstadt. Im Vorfeld der Demonstration finden sich in Tausenden | |
Briefkästen Flugblätter. Der Aufruf darin ist offenbar bewusst | |
zurückhaltend formuliert. Von einer „falschen Politik, gegen die wir | |
aufstehen müssen“ ist da die Rede und von einer „Enteignung der Bürger“, | |
die verhindert werden müsse. Logos, die einen Hinweis auf die | |
Organisator:innen geben könnten, fehlen. | |
Ein älteres Ehepaar am Rande der Auftaktkundgebung gibt an, sie seien vor | |
allem hier, weil sie Angst davor hätten, mit der schmalen Rente ihre | |
Energiekosten nicht mehr zahlen zu können. Erst vor wenigen Monaten sei er | |
in den Ruhestand eingetreten, erklärt der Mann. Von dem Protest erfahren | |
habe das Paar von dem Flyer im Briefkasten. Ob es sie störe, dass die Demo | |
von rechten Gruppen organisiert wird? „Davon weiß ich nichts“, lautet die | |
Antwort. | |
Für Außenstehende, die über keine Kenntnisse der Szenecodes oder Modemarken | |
verfügen, ist selbst der Anlass der Demonstration nur schwer erkennbar. Ein | |
älterer Herr hält ein an einem Regenschirm befestigtes Schild mit der | |
Aufschrift „Ami go home“ hoch, ein weiterer schwenkt eine Russlandfahne, | |
ansonsten sind keine Parteiflaggen zu sehen; das Fronttransparent wird erst | |
beim Beginn der Demo entrollt. | |
Die Strategie, durch maximale Anschlussfähigkeit in die bürgerliche Mitte | |
rechtsextreme Inhalte mehrheitsfähig zu machen, scheint in Cottbus | |
aufgegangen zu sein. In dem Aufruf für die kommende Protestaktion in der | |
folgenden Woche ist die Rede von einer „Welle der illegalen Einwanderung, | |
die das Jahr 2015 in ihren Schatten stellt“, in der Erklärung für die Demo | |
am 10. Oktober – einen Tag nach der Stichwahl zum Oberbürgermeister – wird | |
offen für die Unterstützung des AfD-Kandidaten aufgerufen. | |
## Die Suche nach den Ursachen | |
Fragt man den SPD-Kandidaten Schick und den ehemaligen Pastor Polster, | |
warum die Strategie der Rechten in Cottbus auf so fruchtbaren Boden fällt, | |
bekommt man ähnliche Antworten. Es sei der Schock über den Strukturbruch | |
der Wende, der immer noch tief sitze. Ein Großteil der 180.000 | |
Arbeitsplätze in der Braunkohleregion fiel nach der Wiedervereinigung weg, | |
das Bergbauunternehmen LEAG beschäftigt heute nur noch 7.500 Mitarbeiter. | |
Die Einwohnerzahl von Cottbus schrumpfte in wenigen Jahren von 130.000 auf | |
100.000 Menschen zusammen. „Wenn deine Nachbarn wegziehen, und du dich | |
fragst, warum du noch hier bist, dann macht das was mit dir“, beschreibt | |
Tobias Schick das vorherrschende Gefühl der Nachwendejahre. | |
Vom Niedergang ist heute im Stadtbild wenig zu spüren. Die Altstadt ist | |
durchsaniert und verfügt über eine großzügige Fußgängerzone, der Bahnhof | |
blitzt nach umfassender Renovierung, zahlreiche gepflegte Grünflächen und | |
Parks laden zum Verweilen ein. Der endgültige Ausstieg aus der Kohle | |
beschert Cottbus Milliarden an Strukturförderung. Überall wird gebaut, und | |
statt Arbeitslosigkeit ist derzeit das größte Problem, genügend Fachkräfte | |
zu finden. | |
Wenn SPD-Kandidat Tobias Schick über Cottbus’ Zukunft redet, dann gerät er | |
schnell ins Schwärmen und vergisst den vor ihm liegenden Teller Kartoffeln. | |
Er spricht von Industrieansiedlungen wie dem neuen ICE-Ausbesserungswerk | |
der Bahn, oder über die Universitätsmedizin und den Science Park, die an | |
der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg entstehen | |
sollen. „Im Gegensatz zu Berlin hat Cottbus Platz“, bringt Schick das | |
Potenzial der Großstadt auf den Punkt. | |
Doch trotzdem gelingt es der AfD, Angst vor der Zukunft zu | |
instrumentalisieren, indem sie suggeriert, die Demütigungen der | |
Nachwendeerfahrung könnten sich wiederholen – durch Geflüchtete, | |
Coronamaßnahmen oder steigende Energiepreise. „Alles, was wir geschaffen | |
haben, will man jetzt leichtfertig zerstören“, ruft der Redner am Ende der | |
Demonstration am Montag unter Applaus ins Mikrofon. | |
Ironischerweise ist es gerade ein möglicher Erfolg der AfD, der den | |
Strukturwandel in der Region gefährden könnte. Dieser Auffassung sind nicht | |
nur Schick und Polster, sondern auch [5][Lars Katzmarek]. „Die Lausitz | |
hatte noch nie so viele Chancen wie heute“, blickt der 30-Jährige mit | |
kurzen Haaren und breitem Gesicht positiv in die Zukunft. Katzmarek ist | |
nicht wie viele seiner früheren Klassenkameraden weggezogen, sondern hat | |
bei dem zweitgrößten deutschen Stromerzeuger, der LEAG mit Sitz in Cottbus, | |
als Telekommunikationstechniker angefangen. Als Sprecher des Lobbyvereins | |
Pro Lausitzer Braunkohle wirbt er für die Zukunft der Region. Dafür hat er | |
sich extra im Urlaub Zeit genommen. An einem sonnigen Septembertag erklärt | |
er auf einer der vielen Sitzgelegenheit auf dem Cottbusser Altmarkt die | |
Position seines Vereins. | |
„Wenn wir dieses Riesenprojekt schaffen wollen, brauchen wir Fachkräfte von | |
außerhalb“, sagt Katzmarek. Mit einem AfD-Oberbürgermeister sei eine | |
Willkommenskultur undenkbar. „Es würde wohl kaum jemand in eine Region | |
ziehen, in der die erste Frage ist, ob meine Familie sicher ist.“ | |
## Rechte Wahlchance wirkt mobilisierend | |
Trotz der Entwicklungen in den letzten Jahren ist auch Christoph Polster | |
optimistisch. „Die AfD hat ihr Mobilisierungspotenzial erreicht“, ist sich | |
der ehemalige Pfarrer sicher. Die Kernklientel bestehe aus rund 20 Prozent, | |
der Rest seien vor allem Protestwähler, schätzt er. „Die Mehrheit grenzt | |
sich gegen die Ideologie der AfD ab.“ | |
Die Möglichkeit, dass die Stadt künftig von einem Oberbürgermeister aus den | |
Reihen der AfD regiert werden könnte, hat ganz offenbar dazu beigetragen, | |
zumindest einen Teil dieser Mehrheit zu aktivieren. Um das weltoffene | |
Cottbus in besseres Licht zu rücken, planen Gruppen des Bündnisses | |
#[6][Unteilbar Südbrandenburg] eine eigene Demonstration an diesem Freitag, | |
zwei Tage vor der Wahl. Dort erhoffen sich auch neuere Initiativen, wie das | |
Migrant:innennetzwerk Cottbus United, ihren Problemen Gehör | |
verschaffen zu können. | |
Eine Woche zuvor treffen sich einige Mitglieder des Netzwerks zusammen mit | |
ein paar Unterstützer:innen in den Räumen eines Frauenzentrums in der | |
Spremberger Vorstadt. Etwa zehn Personen sitzen in einem Stuhlkreis und | |
diskutieren Forderungen, die sie auf der Demonstration dem hoffentlich | |
zukünftigen Oberbürgermeister Schick stellen wollen, der auch auf der Demo | |
mitmachen will. „Den Betroffenen sollte zugehört werden“, wirft Alia | |
Haddad, eine Frau mit beigem, eng anliegendem Kopftuch ein. Oft würden | |
Behörden und Ämter nicht reagieren und sie mit Problemen alleinlassen. Alia | |
heißt eigentlich anders, befürchtet aber, durch eine Veröffentlichung ihres | |
Namens könnten Rechtsradikale sie ins Visier nehmen. | |
Rassismus erlebten die Mitglieder von [7][Cottbus United] fast täglich, | |
sagen sie. Durch ihr Kopftuch werde Haddad besonders oft Ziel rassistischer | |
Übergriffe. „Oft kommt der Spruch: Nimm dein Kopftuch ab“, berichtet die | |
40-Jährige, „Aber ich liebe mein Kopftuch.“ | |
Haddad ist im Jahr 2016 aus Syrien nach Deutschland geflohen. Mittlerweile | |
spricht sie fließend Deutsch und arbeitet als Erzieherin. Von ihren | |
Rassismuserfahrungen berichtet sie erstaunlich gefasst. „Ich wollte mit | |
meinen Kindern Eis essen gehen. Als sie untereinander arabisch gesprochen | |
haben kam ein Mann und schrie sie an.“ Einmal musste sie umziehen, weil | |
ihre Nachbarin nicht aufhörte, sie wegen ihres Kopftuchs zu beleidigen. „In | |
Cottbus ist es viel schlimmer als in Berlin oder Potsdam“, sagt Haddad. | |
Trotzdem wolle sie in Cottbus bleiben. Sie habe einen Job, außerdem gefiele | |
es ihren Kindern, die hier aufgewachsen sind und Freunde gefunden haben. | |
Was aber, wenn doch die AfD gewinnt? Alia zögert nicht lange. „Dann müssen | |
wir wegziehen.“ | |
6 Oct 2022 | |
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[2] /Finanzierung-von-Entlastungen-offen/!5886129 | |
[3] https://www.cottbuser-aufbruch.de/ | |
[4] /Die-Deutschen-und-der-Heimat-Begriff/!5246134 | |
[5] /Gewerkschaftler-ueber-die-Lausitz/!vn5844805 | |
[6] https://de-de.facebook.com/unteilbar.suedbrandenburg/ | |
[7] https://www.cottbusunited.net/ | |
## AUTOREN | |
Jonas Wahmkow | |
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