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# taz.de -- OB-Wahl in Cottbus: Die Rechten ausstechen
> Lagerübergreifend unterstützen Demokrat*innen die SPD in der
> Stichwahl gegen die AfD. Das allein reiche nicht, warnt die
> Opferberatung.
Bild: In Cottbus kommt es zur Stichwahl am 9. Oktober zwischen SPD und AfD
Bereits am Sonntagabend rückten Demokrat*innen in Cottbus vordergründig
zusammen: Der [1][CDU-Kandidat Thomas Bergner] erklärte noch am Wahlabend
seine Unterstützung für den SPD-Kandidaten Tobias Schick. Denn der hat die
Oberbürgermeisterwahl nicht deutlich genug gegen den AfD-Kandidaten Lars
Schieske gewonnen und muss am 9. Oktober in eine Stichwahl gegen diesen
gehen. Auch die [2][FDP kündigte an], bei der Stichwahl den SPD-Kandidaten
zu unterstützen.
Mit gut 5 Prozentpunkten Vorsprung hat Schick die [3][Wahl gewonnen] – er
holte 31,8 Prozent. Wegen vieler Befürchtungen, dass die AfD in Cottbus
erstmals in einer Großstadt einen Oberbürgermeister stellen könnte, war die
Wahl auch [4][überregional viel beachtet worden]. Am Ende kam der
AfD-Kandidat, der sich bürgerlich gebende Feuerwehrmann Schieske, mit 26,4
Prozent auf den zweiten Platz, knapp vor dem CDU-Kandidaten mit 24,7
Prozent. Ein Ergebnis, das Schieske und die AfD nach einer stramm
rassistischen Kampagne als Erfolg werteten, um kurz darauf von Wahlbetrug
zu raunen. Für den Montagabend mobilisierten [5][die Rechten sogleich zu
einem „Montagsspaziergang“] – und zum AfD-Wahlkampfauftakt für die
Stichwahl.
Auch deswegen ist Hannes Püschel von der [6][Opferperspektive Brandenburg]
alles andere als erleichtert – selbst wenn der AfD-Kandidat in der
Stichwahl scheitern sollte: „Man darf dann nicht sagen: Puh, wir sind noch
mal davongekommen.“ Das grundsätzliche Problem bestehe weiter: „Es gibt in
Cottbus ein verfestigtes, sozial verankertes rechtes Milieu, das
aktivistisch und mobilisierungsfähig ist und weit in die Gesellschaft
ausstrahlt“, so Püschel, „das wird nicht verschwinden, auch wenn die AfD
die Stichwahl verliert.“
Das Ergebnis der AfD kommt nicht überraschend: Bei den Landtagswahlen 2019
holte Schieske mit 27 Prozent ein Direktmandat. Nicht nur der
[7][Verfassungsschutz] sieht in der strukturschwachen Region um Cottbus ein
rechtsextremistisches Zentrum. Es gibt dort im Süden Brandenburgs laut
Geheimdienst eine rechte Mischszene aus Rockern, Sicherheitsgewerbe,
Kampfsportlern, Fußball-Hooligans, militanten Rechtsextremen, rechten Mode-
und Musiklabels. Hinzu kommen die AfD und der Verein [8][„Zukunft Heimat“]
des AfD-Landtagsabgeordneten Christoph Berndt, in dem Kontakte zu Pegida
und zum neurechten Netzwerk „Ein Prozent“ zusammenlaufen.
## Rechtsextreme Mobilisierung, militante Proteste
Die AfD würde Cottbus gern zu ihrem Bollwerk machen. Nicht umsonst sprach
Co-Parteichefin Alice Weidel beim Wahlkampfabschluss in der Lausitz. Die
AfD-Kampagne war anschlussfähig nach ganz rechts außen: Das
[9][Kampagnen-Logo] erinnerte wohl nicht zufällig an den rechtsextremen
[10][Claim „Defend Cottbus“], mit dem 2019 gegen Aktionen der Klimabewegung
mobilisiert wurde. Die Junge Alternative mobilisierte gleich mit dem Slogan
„Cottbus bleibt deutsch“.
Militanz ist zudem vorhanden: Vergangenes Jahr kulminierten Coronaproteste,
zu denen auch die AfD aufgerufen hatte, mit Tausenden Teilnehmenden in
Angriffen auf Polizei und Journalist*innen sowie [11][offenen Aufrufen
zum Umsturz]. Wenig aufgearbeitet sind auch die mehrtägigen
[12][pogromartigen Angriffe auf ein Flüchtlingsheim im Stadtteil
Sachsendorf 1992].
Schlimmer als die hohen Zustimmungswerte der AfD sei angesichts dessen,
dass viele Betroffene rechter Gewalt alleingelassen würden, sagt Püschel
von der Opferperspektive, die seit 1998 in Brandenburg Betroffene rechter
Gewalt berät. Die Staatsanwaltschaft erkenne oftmals die politische
Dimension von Gewalt nicht an, Politiker*innen verschiedener Parteien
hätten zu selten Position gegen Rassismus bezogen und Menschen, die der
rechten Hegemonie widersprachen, als Nestbeschmutzer dargestellt, so
Püschel: „Das Wichtigste ist, Rechtsextremismus nicht nur zu bekämpfen,
wenn Wahlposten zu vergeben sind, sondern vorhandene zivilgesellschaftliche
Initiativen nicht alleinzulassen.“
Zumal es starke zivilgesellschaftliche Akteure gebe – wie die
[13][Initiative Cottbus United], ein Netzwerk von in Cottbus lebenden
BIPoC, Migrant*innen und Postmigrant*innen. Bei einem kürzlich
beschlossenen Handlungskonzept der Stadt gegen Rechtsextremismus sei die
Zivilgesellschaft etwa nicht eingebunden worden, kritisiert Püschel.
12 Sep 2022
## LINKS
[1] https://twitter.com/CDU_Brandenburg/status/1569035276692979716
[2] https://twitter.com/FDP_Brandenburg/status/1569228393333362692
[3] https://www.cottbus.de/opt/wahl/index.html
[4] https://www.tagesspiegel.de/berlin/die-angst-vor-einem-blauen-cottbus-erstm…
[5] https://twitter.com/O_Sundermeyer/status/1569060590731264000
[6] https://www.opferperspektive.de/home
[7] https://mik.brandenburg.de/sixcms/media.php/9/VSB%20Pressefassung%202021.pdf
[8] https://aktionsbuendnis-brandenburg.de/zukunft-heimat/
[9] https://twitter.com/alx_froehlich/status/1568905614805319681
[10] https://twitter.com/oekofuzzi/status/1201799924922408960
[11] https://www.rbb24.de/studiocottbus/panorama/coronavirus/beitraege_neu/2021…
[12] https://www.tagesspiegel.de/berlin/die-angst-vor-einem-blauen-cottbus-erst…
[13] https://www.cottbusunited.net/
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Cottbus
Schwerpunkt AfD
Rechtsextremismus
Lesestück Recherche und Reportage
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