# taz.de -- Umstrittene Planung für Hamburger Hafen: Scholz will den Cosco-Deal | |
> Ein chinesisches Staatsunternehmen soll beim Hafen einsteigen dürfen. Das | |
> sorgt für Unverständnis in Ministerien und Bundestag. | |
Bild: Das Schiff darf in den Hamburger Hafen – gilt das auch für Cosco als I… | |
HAMBURG/BERLIN taz | Der Deal mit der chinesischen Staatsreederei Cosco am | |
Hamburger Hafen soll trotz Widerstand aus den Bundesministerien vollzogen | |
werden. So will es offenbar das Kanzleramt, [1][wie NDR und WDR am | |
Donnerstag berichteten]. Dem Medienbericht zufolge hätten „alle sechs | |
Ministerien, die an der Investitionsprüfung fachlich beteiligt sind, das | |
Geschäft abgelehnt“. Inneres, Verteidigung, Verkehr, Finanzen und | |
Auswärtiges Amt verwiesen alle an das federführende Ressort: das | |
Wirtschaftsministerium. Das von Robert Habeck (Grüne) geführte Haus lässt | |
lediglich mitteilen, dass es ein laufendes Investitionsprüfverfahren gebe. | |
Nähere Details könne man nicht nennen. | |
Aber bereits im September [2][hatte sich der Bundeswirtschaftsminister | |
gegen einen Einstieg Coscos beim Containerterminalbetreiber Tollerort | |
ausgesprochen]. „Ich tendiere, dass wir das nicht erlauben“, sagte Habeck | |
damals. Der Containerhafen Tollerort sei zwar nur ein kleiner Teil des | |
Gesamthafens, dennoch könne China darüber Einfluss auf den Handel nehmen. | |
„Deswegen haben wir das geprüft“, sagte er. Hauptargument für die Skepsis | |
ist, dass der Containerhafen Teil der kritischen Infrastruktur ist. | |
Auch das Kanzleramt äußerte sich am Donnerstag nicht eindeutig zur Lage. | |
Eine Regierungssprecherin teilte lediglich mit, dass man sich mit Blick auf | |
die Betroffenheit von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen der beteiligten | |
Unternehmen zu laufenden Investitionsprüfungsverfahren nicht äußere: „In | |
der Investitionsprüfung richten sich der Ablauf des Verfahrens und die | |
Entscheidung nach den maßgeblichen Rechtsgrundlagen im | |
Außenwirtschaftsrecht.“ | |
Spätestens seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine ist | |
klar, dass [3][Abhängigkeiten von antidemokratischen Regimen die eigene | |
Versorgungslage beeinträchtigen können]. Erst am Montag hatten auch | |
BND-Präsident Bruno Kahl und Verfassungsschutzchef Thomas Haldenwang bei | |
einer Anhörung im Bundestag vor einer Kooperation mit China bei Projekten | |
der kritischen Infrastruktur gewarnt, explizit auch beim Hamburger Hafen. | |
Er sehe das Projekt kritisch, erklärte Kahl. | |
China sei eine „zur Globalmacht aufsteigende Autokratie“, der „nicht | |
vorbehaltlos zu vertrauen“ sei. Öffentlich herrsche bei dem Thema noch viel | |
„Naivität“. Wo das Land technische Möglichkeiten oder wirtschaftliche Heb… | |
für seine Machtansprüche einsetzen könne, tue es dies auch. Auch Haldenwang | |
warnte, dass Deutschland sich nicht in Abhängigkeiten von China begeben | |
dürfe. Die Gefahr sei hier noch größer als durch Russland: „Russland ist | |
der Sturm, China ist der Klimawandel.“ | |
Auch von den mitregierenden Grünen und der FDP kamen am Donnerstag | |
deutliche Warnungen. Grünen-Chefin Ricarda Lang erklärte, sie habe „kein | |
Verständnis“, dass das Kanzleramt den Verkauf an China „gegen die Kritik | |
aller beteiligten Fachministerien durchsetzen will“. Man dürfe keine neuen | |
Abhängigkeiten schaffen. | |
## Grüne warnen vor Verkauf | |
Auch der Grünen-Innenexperte Konstantin von Notz warnte, es wäre | |
„hochproblematisch und falsch“, wenn Teile der kritischen Infrastruktur an | |
die „digitale Diktatur“ China verkauft würde. Der FDP-Innenpolitiker | |
Konstantin Kuhle nannte den Vorgang „brandgefährlich“. Auch | |
Unions-Fraktionsvize Jens Spahn sagte, der „Ausverkauf deutscher | |
Infrastruktur wäre ein Fehler“. | |
Im September 2021 hatte sich die überwiegend im Besitz der Stadt | |
befindliche Hamburger Hafen- und Logistik AG (HHLA) mit der Reederei über | |
eine Minderheitsbeteiligung geeinigt. Cosco soll 35 Prozent am | |
Containerterminal Tollerort (CTT) übernehmen. Im Gegenzug konzentriere | |
Cosco seine Ladungsströme in der Hansestadt. Der Containerterminal CTT | |
werde zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa. Ungeachtet der | |
Vereinbarung stehe das Terminal weiterhin allen Reedereikunden offen, | |
betonte die HHLA. | |
Der CTT ist einer von drei HHLA-Terminals in Hamburg. Darüber hinaus | |
verfügt die Bremer Eurogate-Gruppe über Anlagen zum Löschen von Containern. | |
Der Hamburger Hafen musste in den vergangenen Jahren Marktanteile an | |
Konkurrenten wie Rotterdam und Antwerpen abgeben. Seit Jahren stagniert die | |
Zahl der abgefertigten Container. Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher | |
(SPD) hatte erst im April in einer programmatischen Rede die Bedeutung des | |
Hafens für die Stadt betont. | |
Aktualisiert am 20.10.2022 um 17:08 Uhr. d. R. | |
20 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.ndr.de/der_ndr/presse/mitteilungen/Hamburger-Hafen-Kanzleramt-w… | |
[2] /Zu-viel-Abhaengigkeit-von-China/!5878186 | |
[3] /Warnungen-der-Geheimdienste/!5885444 | |
## AUTOREN | |
Tanja Tricarico | |
Gernot Knödler | |
Konrad Litschko | |
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