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# taz.de -- Zu viel Abhängigkeit von China: Habeck will Hafeneinstieg verbieten
> Die Beteiligung von Chinas Staatskonzern Cosco an einem Hamburger
> Containerterminal belastet die Beziehungen mit Deutschland. Habeck ist
> dagegen.
Bild: Die Reederei hat sogar schon ein Containerschiff namens „Cosco Hamburg�…
Hamburg taz | Mit einer Größe von nur 0,6 Quadratkilometern ist er der
kleinste der vier Containerterminals der Hansestadt: Doch nun ist Tollerort
in Hamburg-Steinwerder zur echten Belastung für die deutsch-chinesischen
Beziehungen geworden. „Eine Absage an die Chinesen wäre eine Katastrophe
nicht nur für den Hafen, sondern für Deutschland“, sagt Axel Mattern,
Vorstand der Hafen Hamburg Marketing.
Dabei ist eigentlich seit September vergangenen Jahres alles klar: Die
Hamburger Hafen und Logistik AG und der chinesische Logistikriese Cosco
hatten sich damals auf eine 35-Prozent-Beteiligung der Chinesen am
Containerterminal Tollerort (CTT) geeinigt.
Doch dann überfiel Russland die Ukraine – und im Westen wurde noch
deutlicher, dass man sich [1][schleunigst auch von der anderen autoritären
Supermacht unabhängig] machen muss: China. Die Bundesregierung ist derzeit
offenbar uneins, ob sie den Einstieg genehmigen soll: In den von den Grünen
geführten Außen- und Wirtschaftsministerien gibt es eine klare Tendenz zum
Nein, im Kanzleramt dagegen Vorbehalte.
Mit der Minderheitsbeteiligung sollte der CTT mit seinen vier Liegeplätzen
für Riesencontainerschiffe zu einem [2][„Preferred Hub“] in Europa, also
einem bevorzugten Umschlagplatz für Cosco werden. Sowieso ist China seit
Langem bei Weitem der wichtigste Kunde des Hamburger Hafens.
## Einer von drei Containern kommt aus China
Jeder dritte Container, der an der Elbe umgeschlagen wird, kommt aus
Fernost oder wird dorthin verfrachtet. Da viele der Riesencontainerpötte
aus Shanghai kommen, unterhalten der Senat und die Handelskammer im
weltgrößten Hafen seit 1986 eine „offizielle Vertretung“, eine Art
Botschaft. Außerdem gibt es eine Städtepartnerschaft.
Mehr als 1,3 Millionen China-Container kamen allein im ersten Halbjahr 2022
in Hamburg an. Die Nummer zwei, die Vereinigten Staaten, bringt es nicht
einmal auf 0,3 Millionen. Umgekehrt ist Hamburg für Chinas Exportwirtschaft
das Tor nach Europa, hunderte Firmen haben hier ihre Niederlassung.
Inzwischen gilt Hamburg außerdem als eine der wichtigsten Endstationen der
„Neuen Seidenstraße“, mit der die Regierung in Peking langfristige
strategische Ziele verfolgt.
Lange wurden in Politik und Wirtschaft die engen Beziehungen als
Win-Win-Situation wahrgenommen. [3][Nun erscheinen sie als Gefahr.]
Spätestens seit den militärischen Drohgebärden von Staatspräsident Xi
Jinping gegenüber Taiwan klingeln die Alarmglocken: Was passiert, wenn
China angreift – und sanktioniert wird?
Die Politik hat das Problem offenbar erkannt, die Wirtschaft noch nicht:
Die deutschen Direktinvestitionsflüsse nach China waren im ersten Halbjahr
des Jahres noch nie so hoch, zeigt eine Studie des Instituts der deutschen
Wirtschaft. Auch die Importe aus der Volksrepublik und das deutsche Defizit
im Handel mit China erreichen gerade ein Allzeithoch.
## Für Minister Habeck scheint die Sache klar
Auf Anfrage der taz bestätigte ein Sprecher des Bundesministeriums für
Wirtschaft und Klimaschutz, „dass ein Investitionsprüfverfahren im
Zusammenhang mit Cosco und HHLA durchgeführt wird“. Es sei aber noch nicht
abgeschlossen. Für Minister Robert Habeck scheint die Sache aber klar:
Vermeintlich kritische Infrastruktur wie ein Hafenterminal will er nicht
mehr in chinesische Hände geraten lassen, auch nicht zu Teilen.
Das ist allerdings woanders längst geschehen. Cosco hat in den vergangenen
Jahren mehrere Beteiligungen an Häfen in Europa erworben. 2016 hatte die
Übernahme des griechischen Hafens von Piräus noch international für Kritik
gesorgt. Mittlerweile hat sich Cosco auch an Terminals in Rotterdam und
Antwerpen beteiligt, den großen Rivalen des Hamburger Hafens. Logistiker
und Reedereien versprechen sich von solchen Beteiligungen eine reibungslose
Abwicklung der Transporte und mehr Umsatz. So ist die HHLA ihrerseits in
Tallinn, Triest und Odessa aktiv.
Für die Wirtschaft geht es bei der Entscheidung um weit mehr als um den
Hamburger Hafen. So ist China für deutsche Autokonzerne der mit Abstand
wichtigste Markt. Und „Seltene Erden“, ohne die Maschinen oder Flugzeuge
nicht hergestellt werden können, beziehen deutsche Unternehmen fast
ausschließlich aus dem Reich der Mitte.
Der Industrieverband BDI fordert daher von der Bundesregierung eine
Politik, „welche die Risiken von zu großen Abhängigkeiten mit den Risiken
einer zu konfrontativen Ausrichtung gut ausbalanciert“. Man dürfe sich
„nicht von der Angst vor Repressionen leiten lassen.“
Die Bundesregierung plant derweil Zwangsmaßnahmen zur Reduzierung des
China-Geschäfts. So sollen die üblichen Staatsgarantien für Aktivitäten in
der Volksrepublik stark eingeschränkt werden. Darüber hinaus ist die
Einführung einer Meldepflicht für Investitionen in China im Gespräch – und
die Möglichkeit, diese zu untersagen.
Das Modell für diese protektionistische Industriepolitik liefern die USA.
Die sind allerdings weit weniger abhängig von florierenden China-Geschäften
als die deutsche Wirtschaft.
15 Sep 2022
## LINKS
[1] /Gipfeltreffen-von-EU-und-China/!5841804
[2] https://hhla.de/medien/news/detailansicht/tollerort-wird-bevorzugter-hub-fu…
[3] /Oekonom-ueber-drohenden-Handelskrieg/!5870361
## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
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