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# taz.de -- SPD-Debatte über Außenpolitik: Sicherheit geht vor Wirtschaft
> Auch aus der SPD-Linken kommt Widerspruch gegen Verkauf kritischer
> Infrastruktur wie den Hamburger Hafen. Sie werben für breiten
> Sicherheitsbegriff.
Bild: Hamburger Hafen
Berlin taz | In der SPD-Fraktion regt sich Widerstand gegen den geplanten
Einstieg der chinesischen Reederei Cosco am Hamburger Hafen. „Den Verkauf
einer kritischen Infrastruktur an China lehnen wir klar ab, wenn das beim
Hamburger Hafen der Fall wäre“, so die Sprecherin der Parlamentarischen
Linken, Wiebke Esdar, am Freitag in einem Pressegespräch. Sie sei sich
allerdings sicher, dass das Kanzleramt nicht einfach Teile des Hafens
verscherbeln werde. Deshalb habe man sich zum aktuellen Fall noch kein
abschließendes Urteil gebildet.
Konkret geht es um eine Vereinbarung zwischen dem Hamburger Hafenlogistiker
HHLA und dem chinesischen Terminalbetreiber Cosco Shipping Ports Limited
über eine 35-prozentige Beteiligung der Chinesen am HHLA-Terminal Tollerort
in Hamburg. Sechs Fachministerien der Bundesregierung warnen nach
Informationen von NDR und WDR davor, nämlich das von den Grünen geführte
Wirtschafts- und das Außenministerium, die FDP-Ministerien für Verkehr und
Finanzen sowie das Verteidigungs- und Innenministerium, welche die SPD
besetzt. Auch die EU-Kommission ist dagegen.
Das Kanzleramt will den im September 2021 beschlossenen Deal jedoch
durchziehen. Befürworter des Geschäfts, wie der Hamburger Bürgermeister
Peter Tschentscher, SPD, argumentieren, dass der Cosco-Konzern keinen
Zugriff auf die kritische Infrastruktur bekommt und der Grundbesitz bei der
öffentlichen Hand bleibt.
Esdar verweist auch auf ein am Freitag veröffentlichtes [1][Positionspapier
der Parlamentarischen Linken zur Sicherheits- und Außenpolitik]. Darin
heißt es unter anderem, dass Deutschlands eigene wirtschaftliche Interessen
mit den Sicherheitsinteressen der europäischen und internationalen
Partner:innen in Einklang zu bringen seien und „bisweilen die
wirtschaftlichen Interessen denen der Sicherheit unterzuordnen.“
## Führungmacht oder Friedensstifter
Das Papier kann auch als Antwort auf die von SPD-Parteichef [2][Lars
Klingbeil angestoßene Debatte zur Zeitenwende in der Friedens- und
Sicherheitspolitik] gelesen werden. Klingbeil hatte in dieser Woche Fehler
im Umgang mit Russland analysiert und erneut bekräftigt, Deutschland müsse
als Führungsmacht mehr Verantwortung übernehmen.
Die SPD-Linken, namentlich die Abgeordneten Sanae Abdi, Fabian Funke und
Ralf Stegner, plädieren für einen breiten Sicherheitsbegriff. Die Rolle
Deutschlands müsse es sein, als friedensschaffender und auf Diplomatie
ausgerichteter Partner mit gutem Beispiel voranzugehen, so Stegner.
Abdi, entwicklungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, verwies auf die
Schlüsselrolle der Entwicklungspolitik. „Das ist für uns Sicherheitspolitik
nach dem Motto: Wir sind erst sicher, wenn alle sicher sind.“
## Russland für immer Gegner?
Die Idee des Wandels durch Handel sehen die Autor:innen als gescheitert
an, nicht jedoch das Prinzip Wandel durch Annäherung. „Der Gedanke,
Verständnis für gegenseitige Perspektiven zu entwickeln und Spannungen
abzubauen, hat seinen Wert nicht verloren“, heißt es im Papier. Klingbeil
hatte dagegen behauptet, das Paradigma Wandel durch Annäherung habe nicht
funktioniert.
Der Parteichef hatte auch das Verhältnis zu Russland grundsätzlich in Frage
gestellt. Die Aussage, dass es Sicherheit und Stabilität in Europa nur mit
Russland geben könne, habe keinen Bestand mehr. So steht es im Wahlprogramm
von 2021. Laut Klingbeil ginge es heute darum, Sicherheit vor Russland zu
organisieren.
Das sehen die Parlamentarischen Linken etwas anders. Richtig sei zwar, dass
es gegenwärtig keine gemeinsame Sicherheit mit Russland geben könne, so
Funke. „Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass Russland das größte Land
der Welt ist und langfristig schauen, wie gemeinsame Sicherheit mit
Russland aussehen kann.“ Im Papier selbst wird Russland jedoch nicht
erwähnt.
Die SPD will ihre Außen- und Sicherheitspolitik bei ihrem Parteitag Ende
2023 neu aufstellen. Die Kommission Internationale Politik der Partei
erarbeitet dafür derzeit Vorschläge.
21 Oct 2022
## LINKS
[1] https://www.parlamentarische-linke.de/was-bedeutet-zeitenwende-fuer-eine-we…
[2] /Russlandpolitik-der-Sozialdemokraten/!5889535
## AUTOREN
Anna Lehmann
## TAGS
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
SPD
Russland
Außenpolitik
Sicherheitspolitik
Hamburger Hafen
Olaf Scholz
Infrastruktur
Energiekrise
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