# taz.de -- Einstieg von China beim Hamburger Hafen: Kompromiss in Sicht | |
> Der chinesische Staatskonzern Cosco soll beim Hamburger Hafenterminal | |
> einsteigen dürfen. Allerdings zu einem geringeren Anteil als bisher | |
> geplant. | |
Bild: Hier soll jetzt China doch einsteigen dürfen: Containerterminal Tolleror… | |
Berlin dpa | Im Streit innerhalb der Bundesregierung über einen | |
chinesischen Einstieg bei einem Containerterminal im Hamburger Hafen | |
zeichnet sich ein Kompromiss ab. Demnach soll sich der chinesische | |
[1][Cosco-Konzern] an dem Terminal beteiligen dürfen – aber nur mit einem | |
kleineren Anteil. Cosco soll nicht wie geplant 35 Prozent des Terminals | |
Tollerort übernehmen können, sondern nur 24,9 Prozent. | |
Die Ressortabstimmung über diesen Kompromiss lief am Dienstag nach | |
Informationen der Deutschen Presse-Agentur noch. In Regierungskreisen war | |
von einer „Notlösung“ die Rede. Am Mittwoch könnte sich das Kabinett damit | |
befassen. Offen ist, wie sich der chinesische Konzern dann zu einer neuen | |
Sachlage verhält. | |
Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung von Montagabend hatten sich | |
[2][die sechs Ministerien, die den Deal bislang abgelehnt hatten], auf | |
einen Kompromiss geeinigt. Demnach werde die Bundesregierung eine | |
sogenannte Teilversagung beschließen. Mit einer Beteiligung von 24,9 | |
Prozent könnte Cosco als Minderheitsaktionär formal keinen inhaltlichen | |
Einfluss auf die Geschäftsführung ausüben. | |
Unter dem Eindruck der jüngsten Erfahrungen mit Russland und der | |
Abhängigkeit von dessen Gaslieferungen war politischer Streit entbrannt | |
über die Frage, ob eine chinesische Beteiligung zugelassen werden soll. | |
Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) warnte vor neuen | |
Abhängigkeiten, ebenso FDP-Politiker. | |
## „Ein bisschen chinesisch gibt es nicht“ | |
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) betonte zuletzt, dass noch nichts | |
entschieden sei und noch viele Fragen geklärt werden müssten. Er wies zudem | |
darauf hin, dass es nicht um einen Verkauf des Hafens gehe. Es gehe um eine | |
Beteiligung an einem Terminal, so wie das in einigen westeuropäischen Häfen | |
der Fall sei. | |
Linie des Wirtschaftsministeriums und anderer Ministerin war es eigentlich, | |
das Geschäft unter Verweis auf Sicherheitsrisiken zu untersagen. Das | |
Kanzleramt drängte aber laut Medienberichten darauf, dass der Einstieg | |
zustande kommt. | |
Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann bezeichnete den möglichen | |
Kompromiss als Fehler. „So wenig, wie es in der Natur ein bisschen | |
schwanger gibt, so wenig gibt es bei dem Hafendeal in Hamburg ein bisschen | |
chinesisch. Entweder man lässt sich auf das Geschäft ein oder man lässt | |
es“, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses am Dienstag der | |
Deutschen Presse-Agentur. Und: „Der ‚Kompromiss‘ mit einer geringeren | |
chinesischen Beteiligung ist ein weiterer folgenschwerer Fehler in Zeiten | |
großer Ungewissheit. Der biegsame Rücken gehört ins Hamburg Ballett, nicht | |
in den Hamburger Hafen.“ | |
Der Grünen-Außenpolitiker Anton Hofreiter lehnte auch eine chinesische | |
Beteiligung von 24,9 Prozent ab. Zwar hätte China damit „deutlich weniger | |
Einfluss“ als bei einem Anteil von 35 Prozent. „Aber es wäre weiter | |
kritisch, denn wir hätten weiterhin ein diktatorisches Regime, das mit | |
Hilfe von Staatskonzernen sich bei uns in Infrastruktur einkauft“, sagte | |
Hofreiter am Dienstag im ARD-“Morgenmagazin“. | |
Im September 2021 hatten der Hamburger Hafenlogistiker HHLA und der | |
chinesische Terminalbetreiber Cosco Shipping Ports Limited eine | |
35-prozentige Beteiligung der Chinesen am HHLA-Terminal Tollerort (CTT) in | |
der Hansestadt vereinbart. Der Cosco-Konzern betreibt auch die weltweit | |
viertgrößte Reederei, deren Containerschiffe bereits seit 40 Jahren von der | |
HHLA am CTT abgefertigt werden. Cosco will im Gegenzug zu der Beteiligung | |
das CTT zu einem bevorzugten Umschlagpunkt in Europa machen. | |
Das China-Institut Merics warnte vor Risiken. Analyst Jacob Gunter sagte | |
der Deutschen Presse-Agentur in Berlin: „Cosco und seine Investition in den | |
Hamburger Hafen bergen verschiedene Risiken für die Sicherheit und die | |
wirtschaftlichen Interessen Deutschlands.“ Cosco sei nicht nur ein weiteres | |
multinationales Unternehmen, das einfach nur eine Rendite anstrebt – | |
sondern ein Instrument der chinesischen Regierung, um deren strategische | |
Ziele voranzutreiben. Je abhängiger Deutschland von Investitionen und | |
Geschäften mit Cosco werde, desto mehr Einfluss könnten Cosco und | |
Parteifunktionäre auf die deutsche China-Politik ausüben. | |
25 Oct 2022 | |
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