# taz.de -- Warnungen der Geheimdienste: Der Krieg ist längst nicht am Ende | |
> Die deutschen Geheimdienstchef:innen warnen, dass Russland im Krieg | |
> Atomwaffen einsetzen könnte. In Deutschland nehmen Cyberangriffe zu. | |
Bild: Zerstörter russischer Panzer in der Ukraine | |
BERLIN taz | Der russische Krieg in der Ukraine lässt auch die deutschen | |
Geheimdienste weiter rotieren. Täglich liefert der BND Berichte zur Lage | |
ans Kanzleramt. Der Verfassungsschutz verfolgt, wie hierzulande | |
Extremist:innen oder russische Spion:innen auf den Krieg reagieren. | |
Unisono sprachen die Präsident:innen der Dienste bei einer | |
Bundestagsanhörung am Montag von einer „Zäsur“ in ihrer Arbeit. Und | |
BND-Chef Bruno Kahl warnte: Künftig sei auch der Einsatz von Atomwaffen | |
nicht auszuschließen. | |
Man habe schon vor Jahren gewarnt, Russland setze seine Ziele auch mit | |
Gewalt durch, wie auf der Krim oder in Syrien, erklärte Kahl. Nur sei dies | |
als „Panikmache und Wichtigtuerei“ abgetan worden. Nun sei offensichtlich, | |
dass Putin nicht nur Krieg gegen die Ukraine führe, sondern „gegen die | |
gesamte westliche, demokratische Welt“. Verfassungsschutzchef Thomas | |
Haldenwang warnte, dass Russland „mit strategischer Ausdauer und enormen | |
Ressourcen die Fundamente der Demokratie unterminiert“. | |
Kahl prognostizierte, dass der Krieg sich bis ins nächste Jahr ziehen wird. | |
Und wenn die russische Armee weiter in die Defensive gerate oder Putin das | |
eigene Territorium in Gefahr sehe, könnte er auch „regional begrenzt“ einen | |
Erstschlag mit taktischen Atomwaffen anordnen. Ziel wäre dann, die Ukraine | |
zu einem „Diktatfrieden“ zu zwingen. Noch aber gebe es dafür keine | |
konkreten Vorbereitungen und [1][keinen Grund zur Panik], so Kahl. | |
Haldenwang warnte auch vor mehr russischen Spionageeinsätzen, | |
Cyberangriffen, [2][Desinformationskampagnen], Ausspähungen von | |
Oppositionellen und gar „Tötungsmissionen“ in Deutschland. Mit Betreibern | |
hiesiger kritischer Infrastruktur sei man im „intensiven“ Austausch. Auch | |
Innenministerin [3][Nancy Faeser (SPD)] erklärt den Schutz der | |
Infrastruktur inzwischen zur „höchsten Priorität“. Die Betreiber müssten | |
dafür massiv investieren und Back-up-Strukturen aufbauen. | |
## „Fulminantes Sicherheitsproblem“ | |
Martina Rosenberg, Präsidentin des Militärischen Abschirmdienstes (MAD), | |
berichtete über ausländisches „Aufklärungsinteresse“ an deutschen | |
Waffenlieferungen und jüngste Drohnenüberflüge über Bundeswehrgelände, auf | |
dem ukrainische Soldat:innen ausgebildet würden. Man arbeite mit den | |
Polizeibehörden daran, dies künftig zu unterbinden. Konstantin von Notz, | |
Vorsitzender des Kontrollgremiums der Geheimdienste, in dem die Anhörung | |
stattfand, forderte hier mehr Tempo. Die Vorgänge seien ein „fulminantes | |
Sicherheitsproblem“. Die Geheimdienstchef:innen warnten zudem vor | |
islamistischen und rechtsextremen Gefahren – oder den Machtansprüchen | |
Chinas. Dass die chinesische Reederei Cosco Anteile am Hamburger Hafen | |
erwerben wolle, sei „sehr sorgfältig zu prüfen“, forderte Kahl. Das Thema | |
Taiwan bleibe ebenfalls „ein brennendes Problem“. | |
Die Geheimdienstchef:innen nutzten die Anhörung zur Werbung in eigener | |
Sache. Durch die Kriegslage sei seine Behörde „mehr denn je gefordert“, | |
sagte Haldenwang. Die Lage zeige, so Kahl, wie unverzichtbar die | |
Sicherheitsbehörden seien. Statt „kontraproduktiv Angst“ vor diesen zu | |
produzieren, brauche es Vertrauen. Der Linke André Hahn betonte dagegen, | |
dass sich die Dienste insbesondere für die Ausgabe von Steuergeldern | |
weiterhin kritische Fragen stellen lassen müssten. | |
17 Oct 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Politologe-ueber-Putins-Psychospiele/!5878266 | |
[2] /Fake-News-Kampagnen-im-Netz/!5878956 | |
[3] /Kritik-an-Cybersicherheits-Bundesamt/!5886689 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
## TAGS | |
BND | |
Geheimdienst | |
Energiekrise | |
Wladimir Putin | |
Sabotage | |
BND | |
Cyberattacke | |
Deutsche Bahn | |
Infrastruktur | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Festgenommener BND-Mitarbeiter: In heikler Position | |
Der verhaftete BND-Mitarbeiter, der für Russland spioniert haben soll, war | |
offenbar Referatsleiter und hatte Zugang zu einer Vielzahl an Dokumenten. | |
Treffen der G7-Innenminister: „Putin muss diesen Krieg beenden“ | |
Beim Treffen in Hessen treten die G7-Innenminister vereint auf. Um Angriffe | |
auf die kritische Infrastruktur zu verhindern, wollen sie mehr kooperieren. | |
Schutz Kritischer Infrastruktur: Bundesministerien richten Stab ein | |
Die Kritik am vernachlässigten Schutz der Kritischen Infrastruktur ist | |
groß. Ein Koordinierungsstab soll das Zuständigkeitsgerangel ordnen. | |
Umstrittene Planung für Hamburger Hafen: Scholz will den Cosco-Deal | |
Ein chinesisches Staatsunternehmen soll beim Hafen einsteigen dürfen. Das | |
sorgt für Unverständnis in Ministerien und Bundestag. |