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# taz.de -- Proteste im Iran: Vereint gegen die Staatsmacht
> Im Iran gehen Sicherheitskräfte gewaltsam gegen Studierende und
> Lehrkräfte vor. Deren Solidarität bricht das Regime damit nicht – im
> Gegenteil.
Bild: „Das ist kein Protest, das ist der Anfang einer Revolution!“: Studier…
Nachdem Sicherheitskräfte im Iran besonders hart gegen Studierende und
Lehrkräfte der Scharif-Universität in der Hauptstadt Teheran vorgegangen
sind, streiken landesweit Schüler:innen und Studierende mehrerer
Universitäten. Solange noch Studierende in Haft sitzen, wollen sie nicht
wieder zum Alltag zurück. Sie schließen damit auch an die Proteste an, die
seit dem Tod der 22-jährgen Jina (Mahsa) Amini im Iran anhalten.
Studierende und Schüler:innen waren schon zuvor im gesamten Iran mit auf
die Straße gegangen.
Vermutlich ist das auch der Hintergrund dafür, dass iranische
Sicherheitskräfte in Zivil laut Augenzeug:innen und Medienberichten in
der Nacht zum Montag gewaltsam gegen Lehrkräfte und Studierende der
Scharif-Universität vorgegangen waren. Sicherheitskräfte kesselten sie ein
und riegelten den Campus ab.
Verschiedene Quellen berichten von Verletzten und auch Festgenommenen.
Zusätzlich sperrten die Sicherheitskräfte auch alle Straßen ab, die zur
Universität Scharif führen. Videoaufnahmen sollen zeigen, dass auch
mehrmals geschossen wurde. Mehrere Meldungen zogen Parallelen zu den
iranischen Studentenprotesten im Juli 1999, die mit einem Angriff von
Sicherheitskräften auf Studierende in Teheran begonnen hatten.
Obwohl der Iran das Internet beschränkt und die Informationslage dünn ist,
zeigen [1][zahlreiche Videoaufnahmen und Bilder,] dass sich die
Solidaritätsproteste mit der Scharif-Universität nicht nur auf die
Hauptstadt beschränken, sondern sich unter Schüler:innen und
Studierenden im ganzen Land ausgebreitet haben. An Universitäten in Tabriz,
Kermanshah, Isfahan, Karadsch beziehen sich die Demonstrierenden direkt auf
die Geschehnisse an der Scharif-Universität von Sonntagnacht. In Mashhad
skandierten die Studierenden: „Das ist kein [2][Protest, das ist der
Anfang einer Revolution]!“
## Proteste im Iran brauchen Aufmerksamkeit
Mehrere Videoaufnahmen zeigen außerdem, wie Schülerinnen ihre Kopftücher
ablegen und sie verbrennen. An einer Schule in der Stadt Karadsch haben die
Schülerinnen offenbar den Direktor der Provinzbehörde für Bildung aus ihrer
Schule geworfen.
Aber auch Lehrer:innen solidarisieren sich mit den Protesten. Der
Koordinationsrat der iranischen Lehrerverbände rief in [3][einem ersten
Statement] die Lehrer:innen landesweit dazu auf, am Dienstag gegen den
Staat zu streiken. Berichten zufolge sollen auch die Lehrer*innen in
[4][Saqqez im Ausstand] sein – der Stadt, in der auch Jina Amini lebte.
Ein weiteres Statement des Koordinationsrats richtet sich hingegen direkt
an die Schüler*innen: „Wir Lehrer:innen bekommen gerade von euch
Unterricht in Mut, Leben, Emanzipation.“
Doch die [5][Aufmerksamkeit im eigenen Land reiche nicht], sagt eine junge
Frau aus Teheran. Sie demonstrierte am Sonntag nahe der
Scharif-Universität, als diese angegriffen wurde. „Die Weltöffentlichkeit
muss unsere Forderungen teilen und zeigen, dass sie sich verantwortlich
fühlt. Die Student:innen der anderen Universitäten der Welt müssen etwas
sagen, wenn die Scharif-Universität angegriffen wird. Hier kämpfen wir für
universale Werte und Grundrechte.“
## Angriffe im Iran
Doch nicht alle gehen da mit. Kurz nach dem Angriff in der Nacht zum Montag
wurde ein Video veröffentlicht, das Rasool Jalili zeigt, den Präsidenten
der Universität Scharif. Er steht mit mehreren Studierenden in einem
Versammlungsraum und fordert am Anfang des Videos, dass seine Rede nicht
aufgenommen oder ins Ausland geschickt werden dürfe.
Trotzdem läuft die Aufnahme weiter und zeigt, wie die Studierenden sich
über die Festnahmen und Verletzungen beschweren. Doch Jalili antwortet
lediglich: „Ihr müsst euch an die Gesetze des Landes halten und wenn ihr
das nicht tut, müsst ihr mit Konsequenzen rechnen.“ Beim Wort „Gesetze“
widersprechen die Studierenden lautstark. Denn die Gesetze des Landes sehen
nicht nur die Zwangsverschleierung vor, sondern verbieten auch, dass
[6][Menschen sich politisch frei] äußern.
Das religiöse und faktische Oberhaupt der Islamischen Republik, Ali
Khameinei, äußerte sich erst nach einiger Zeit zu den Vorfällen in der
Scharif-Universität. Wie bereits in anderen Fällen bezeichnete er die
Protestierenden als Marionetten der USA und Israels. Doch im Iran gab es
kaum Reaktionen darauf. Viele demonstrieren weiter.
Zusätzlich zu seinen sonstigen Anstrengungen versuchte der Staat in den
vergangenen zwei Wochen, die Proteste mit drei gezielten Attacken
niederzuschlagen. Der Angriff auf die Scharif-Universität war die vorerst
letzte Aktion. In der Woche zuvor waren Parteizentralen der Kurd:innen im
Irak angegriffen sowie zahlreiche Protestierende in der südöstlichen Region
Belutschistan ermordet worden. In allen drei Fällen hatten sich die
Betroffenen an die iranische Bevölkerung gewandt und Solidarität gefordert.
4 Oct 2022
## LINKS
[1] https://twitter.com/SamRasoulpour/status/1577222307369525248?s=20&t=KZc…
[2] /Iran-Expertin-ueber-Proteste/!5884555
[3] https://kolbarnews.com/%D8%A7%D8%B7%D9%84%D8%A7%D8%B9%DB%8C%D9%87-%D8%B4%D9…
[4] https://twitter.com/SamRasoulpour/status/1577222307369525248?s=20&t=KZc…
[5] /Gewalt-an-der-Sharif-Universitaet/!5885192
[6] /Proteste-in-Iran/!5879746
## AUTOREN
Mina Khani
## TAGS
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