| # taz.de -- Konflikt Armenien-Aserbaidschan: Bemühungen um Frieden | |
| > Seit Mittwochabend ist laut Armenien eine Waffenruhe zwischen den | |
| > Kaukasus-Staaten in Kraft. Die Bestätigung Aserbaidschans steht aber noch | |
| > aus. | |
| Bild: Armeniens Premierminister Nikol Paschinjan spricht zu den kurzen aber hef… | |
| Berlin taz | Wut und Aufruhr: Am Mittwochabend haben im Zentrum der | |
| armenischen Hauptstadt Jerewan Tausende den Rücktritt von Regierungschef | |
| Nikol Paschinjan gefordert. Unter Rufen wie „Hurensohn, komm heraus!“ und | |
| „Es reicht! Wir dulden nicht länger, dass unsere Jungs jeden Tag sterben!“ | |
| versuchten aufgebrachte Demonstrant*innen in das Parlamentsgebäude | |
| einzudringen. | |
| Zuvor hatte der Sekretär des armenischen Sicherheitsrates, Armen Grigorjan, | |
| im Fernsehen bekannt gegeben, dass unter Beteiligung der internationalen | |
| Gemeinschaft eine Waffenruhe zwischen Armenien und Aserbaidschan vereinbart | |
| worden sei. Diese sei um 20 Uhr am Mittwochabend in Kraft getreten. Eine | |
| Bestätigung aus der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku gab es zunächst | |
| nicht, dafür aber die Ankündigung, die Leichen von rund 100 getöteten | |
| armenischen Soldaten an Jerewan zu übergeben. | |
| In der Nacht zu Dienstag waren zwischen den beiden verfeindeten | |
| Südkaukasusrepubliken [1][erneut schwere Kämpfe ausgebrochen]. Dabei sollen | |
| laut offiziellen Angaben aus Jerewan mindestens 105 Soldaten getötet worden | |
| sein. Die aserbaidschanische Seite bezifferte die Verluste in ihren | |
| Streitkräften auf 54. | |
| Beide Staaten beschuldigen sich gegenseitig, für die Eskalation | |
| verantwortlich zu sein. Dabei hatten sich die Kampfhandlungen nicht nur auf | |
| das Grenzgebiet beschränkt. Auch Orte wie Dschermuk im Landesinneren von | |
| Armenien waren zum Ziel von Angriffen geworden. | |
| ## Der Konflikt flammt seit Jahren immer wieder auf | |
| Der Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien um die damals mehrheitlich | |
| von Armenier*innen bewohnte Region Bergkarabach geht auf das Ende der | |
| 80er Jahre zurück. Ein mehrjähriger Bürgerkrieg forderte rund 30.000 Tote | |
| und machte Hunderttausende, vor allem Aserbaidschaner*innen, zu | |
| Flüchtlingen. Die Kontrolle über Bergkarabach sowie sieben an die Region | |
| angrenzende Gebiete übernahm Armenien. | |
| Im September 2020 brach erneut ein Krieg aus, der 44 Tage dauerte, mehr als | |
| 6.500 Menschen kamen uns Leben. Er endete mit einem – von Russland | |
| vermittelten – Waffenstillstand und wird in Armenien als schmachvolle | |
| Kapitulation empfunden. Sowohl die sieben Rayons als auch Teile von | |
| Bergkarabach fielen an Aserbaidschan. Die Einhaltung des Waffenstillstands | |
| sollen rund 2.000 russische Soldaten sichern. | |
| Der britische Journalist Tom de Waal sieht die Verantwortung für das | |
| Wiederaufflammen der jüngsten Kämpfe eindeutig auf der Seite | |
| Aserbaidschans: „Armenien ist derzeit schwach und hat wenig Interesse | |
| daran, den Status quo zu verletzen.“ Aserbaidschan habe begonnen, weil es | |
| dazu in der Lage sei. Auch wolle Baku die Entschlossenheit Russlands | |
| während des Scheiterns in der Ukraine testen, um zu sehen, wie stark das | |
| Engagement des Bündnisses OVKS für den Schutz Armeniens sei – jetzt und für | |
| mögliche Zukunftsszenarien, schrieb de Waal auf Twitter. | |
| Dem Militärbündnis OVKS (Organisation des Vertrags über kollektive | |
| Sicherheit) gehören neben Russland, das die Führungsrolle inne hat, auch | |
| Armenien, Belarus, Kasachstan, Kirgistan, Tadschikistan und Usbekistan an. | |
| Artikel 4 des Vertrages sieht eine militärische Beistandspflicht vor, | |
| sollte die territoriale Integrität eines Mitgliedsstaates verletzt werden. | |
| Im Zuge der Kämpfe 2020 hatte Armenien bereits um militärischen Beistand | |
| ersucht, das OVKS war jedoch untätig geblieben. | |
| ## Die Türkei unterstützt Aserbaidschan | |
| Mittlerweile ist eine Beruhigung der Lage im Südkaukasus auch Gegenstand | |
| verstärkter diplomatischer Bemühungen. [2][Neben der EU], Frankreich, | |
| Russland und dem Iran hat auch die Türkei zu einem Ende der Kampfhandlungen | |
| aufgerufen. Diese werden auch Thema von Gesprächen zwischen dem türkischen | |
| Staatschef Recep Tayyip Erdoğan und Russlands Präsidenten Wladimir Putin | |
| bei einem Treffen der „Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit“ (SOZ) am | |
| kommenden Freitag in der usbekischen Stadt Samarkand sein, wie der | |
| russische Dienst der BBC berichtet. Die Türkei unterstützt in diesem | |
| Konflikt Aserbaidschan. | |
| Kremlsprecher Dmitri Peskow kündigte an, dass eine Abordnung des OVKS an | |
| diesem Donnerstag nach Jerewan reisen wolle. Das Onlineportal [3][Vlast.kz] | |
| zitiert den Außenminister Kasachstans, Muchtar Tleuberdi, mit den Worten, | |
| die Entsendung von OVKS-Friedenstruppen stehe derzeit nicht auf der | |
| Tagesordnung. | |
| Dabei [4][hatte Kasachstan] im vergangenen Januar selbst Streitkräfte des | |
| OVKS ins Land geholt, um Massenproteste niederschlagen zu lassen. Dabei | |
| waren, offiziellen Angabe zufolge, 225 Menschen getötet und über 1.000 | |
| verletzt worden. | |
| 15 Sep 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Armenien-und-Aserbaidschan-im-Konflikt/!5881330 | |
| [2] /Kaempfe-im-Suedkaukasus/!5881693 | |
| [3] https://vlast.kz | |
| [4] /Referendum-in-Kasachstan/!5859036 | |
| ## AUTOREN | |
| Barbara Oertel | |
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