# taz.de -- Armenien und Aserbaidschan im Konflikt: Schwere Gefechte im Kaukasus | |
> Die Spannungen zwischen Aserbaidschan und Armenien sind erneut eskaliert. | |
> Im armenischen Landesinneren wohl mit Dutzenden toten Soldaten. | |
Bild: Armeniens Premier Nikol Paschinjan im Parlament mit schlechten Nachrichten | |
BERLIN taz | Der armenische Regierungschef Nikol Paschinjan hatte den | |
Abgeordneten am Mittwoch keine guten Nachrichten zu überbringen. Bei | |
Kampfhandlungen im armenisch-aserbaidschanischen Grenzgebiet seien | |
mindestens 49 armenische Soldaten getötet worden, sagte er bei einem | |
Auftritt im Parlament. Leider könne die Zahl weiter steigen. Derzeit habe | |
sich die Lage etwas beruhigt, dennoch dauere der Beschuss an. | |
In der Nacht zu Dienstag waren die Spannungen zwischen den beiden | |
verfeindeten Südkaukasusrepubliken Armenien und Aserbaidschan erneut | |
eskaliert. Das armenische Verteidigungsministerium beschuldigte die | |
aserbaidschanische Seite, das Feuer aus sechs Richtungen auf die Städte | |
Goris, Sotk und Jermuk mit Artillerie und großkalibrigen Waffen eröffnet zu | |
haben. Dabei sollen auch Drohnen zum Einsatz gekommen sein. | |
Der russische Dienst der BBC zitiert seinen armenischen Korrespondenten | |
Grigor Atanesjan mit den Worten, der Angriff auf Jermuk sei beispiellos. | |
Der Kurort befindet sich nicht im Grenzgebiet, sondern im Landesinneren – | |
rund 170 Kilometer von der Hauptstadt Jerewan entfernt. | |
Demgegenüber warf Aserbaidschan dem Nachbarn Sabotage vor. Armenische | |
Streitkräfte hätten Gebiete und Versorgungswege zwischen den Stellungen der | |
aserbaidschanischen Armeeeinheiten in verschiedenen Richtungen vermint. Das | |
Kampfgeschehen sei Ergebnis des Versuches der aserbaidschanischen Seite, | |
das Vorgehen Armeniens zu unterbinden. Den Vorwurf, auf armenisches | |
Territorium vorgedrungen zu sein, bezeichnete Baku als absurd. | |
## Ein alter Konflikt kocht hoch | |
Der Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien um die damals mehrheitlich | |
von Armenier*innen bewohnte Region Bergkarabach geht auf das Ende der | |
80er Jahre zurück. Ein mehrjähriger Bürgerkrieg forderte rund 30.000 Tote | |
und machte Hunderttausende, vor allem Aserbaidschaner*innen, zu | |
Flüchtlingen. Die Kontrolle über Bergkarabach sowie sieben an die Region | |
angrenzende Gebiete übernahm Armenien. | |
Im September 2020 brach erneut ein Krieg aus, der 44 Tage dauerte, mehr als | |
6.500 Menschen kamen uns Leben. Er endete mit einem – von Russland | |
vermittelten – [1][Waffenstillstand] und wird in Armenien als schmachvolle | |
Kapitulation empfunden. Denn sowohl die sieben Rayons als auch Teile von | |
Bergkarabach – darunter die symbolisch wichtige Stadt Schuschi (aserbaid. | |
Schuscha) fielen an Aserbaidschan. Die Einhaltung des Waffenstillstands | |
sichern [2][russische Friedenstruppen], das Kontingent umfasst 2.000 | |
Soldaten. | |
Bereits 2020 war es [3][in Jerewan zu Massenprotesten] gekommen, bei denen | |
[4][Paschinjan als Verräter beschimpft] und zum Rücktritt aufgefordert | |
wurde. Auch im vergangenen April gingen wieder Zehntausende auf die Straße. | |
Diesmal lautete der Vorwurf, der Premier lasse sich in der Frage des Status | |
von Bergkarabach, der ungeklärt ist, in die Knie zwingen. | |
## Jerewan ersucht internationale Gemeinschaft | |
Bereits in der Nacht zu Dienstag hatte Paschinjan hektische diplomatische | |
Aktivitäten entfaltet. In Telefonaten mit US-Außenminister Antony Blinken | |
sowie den Präsidenten Russlands und Frankreichs, Wladimir Putin und | |
Emmanuel Macron, hatte er eine „angemessene Reaktion der internationalen | |
Gemeinschaft“ auf die „Aggression“ Aserbaidschans gefordert. | |
Zudem wandte er sich an das von Russland geführte Militärbündnis | |
„Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit“ (OVKS). Dieses war | |
bereits während des Krieges 2020 einem entsprechenden Ersuchen Paschinjans | |
nicht nachgekommen. Am Dienstag erklärte das Moskauer Außenministerium, es | |
habe ab dem Morgen eine Waffenruhe vermittelt – eine Information, die | |
Jerewan bislang nicht bestätigt hat. Es gelte, jede Eskalation zu | |
vermeiden, hieß es weiter. | |
13 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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