# taz.de -- Kämpfe im Südkaukasus: Angriff ohne Konsequenzen | |
> Trotz Angriffen auf Armenien droht die Bundesregierung Aserbaidschan | |
> nicht mit Sanktionen: Man wisse nicht, wer schuld an der Eskalation sei. | |
Bild: Ein Beschädigtes Gebäude in der Stadt Jermuk, Armenien | |
Berlin taz | Die Bundesregierung zieht vorerst keine Konsequenzen aus | |
armenischen Berichten, denen zufolge das aserbaidschanische Militär | |
Ortschaften im Inneren des Landes angreift. „Die Bundesregierung ist | |
zutiefst besorgt über Berichte über Kampfhandlungen entlang der | |
armenisch-aserbaidschanischen Grenze“, sagte ein Sprecher von | |
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) am Mittwoch in Berlin. Man | |
fordere beide Länder auf, „den Dialog fortzusetzen“. | |
Es lasse sich allerdings „mangels unabhängiger internationaler Beobachter | |
vor Ort“ nicht überprüfen, wer die Schuld an der Eskalation der letzten | |
Tage trage. Entsprechend seien Fragen nach Sanktionen oder anderen Folgen | |
für das aserbaidschanische Regime „spekulativ“. | |
Seit der Nacht zu Dienstag wird zwischen [1][den beiden Ländern im | |
Südkaukasus wieder intensiv gekämpft]. Der Konflikt dreht sich diesmal | |
nicht primär um die umstrittene Region Berg-Karabach wie während des | |
Krieges im Jahr 2020. Stattdessen beschießt Aserbaidschan nach Angaben des | |
armenischen Militärs und armenischer Medien Ziele im Landesinneren und an | |
den Grenzen im Süden des demokratisch regierten Landes. | |
Aserbaidschan behauptet, lediglich auf armenische Sabotageaktionen reagiert | |
zu haben, dementiert eigene Aggressionen und spricht von fortgesetztem | |
armenischem Artilleriebeschuss auf aserbaidschanisches Gebiet. Trotz einer | |
mithilfe Russlands vereinbarten Feuerpause gingen die Kämpfe auch am | |
Mittwoch weiter. | |
In Deutschland ergreift anders als die Bundesregierung die Linkspartei klar | |
Partei: Die Regierung müsse die „Angriffe Aserbaidschans“ als „Akt der | |
Aggression“ verurteilen, sagte die Bundestagsabgeordnete Sevim Dağdelen. Es | |
sei beschämend, dass sowohl Baerbock als auch EU-Kommissionspräsidentin | |
Ursula von der Leyen zum Angriff des aserbaidschanischen „Autokraten und | |
neuen EU-Energiepartners Alijew auf das Nachbarland schweigen“. | |
## Mehr Gas für Europa | |
In Folge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hatte die EU im | |
Sommer eine neue Energiepartnerschaft mit Aserbaidschan beschlossen. Um das | |
Ziel zu erreichen, von russischen Rohstoffen unabhängig zu werden und die | |
eigenen Energiequellen zu diversifizieren, verhandelte von der Leyen ein | |
Abkommen mit dem aserbaidschanischen Präsidenten Ilham Alijew. Bis 2027 | |
sollen die Gaslieferungen aus Aserbaidschan in die EU mehr als verdoppelt | |
werden. Am Mittwoch ging die Kommissionspräsidentin in ihrer Rede zur Lage | |
der Union vor dem EU-Parlament nicht auf die aktuellen Kämpfe ein. | |
Der Grünen-Abgeordnete Toni Hofreiter, Vorsitzender des Europaausschusses | |
im Bundestag, verteidigt das Abkommen, forderte aber dennoch Druck des | |
Westens sowohl auf Armenien als auch auf Aserbaidschan, die Kampfhandlungen | |
einzustellen. | |
„Weil die erneuerbaren Energien nicht schnell genug ausgebaut wurden, | |
kommen wir momentan nicht um fossile Energien aus Autokratien herum“, sagte | |
Hofreiter der taz. „Von Russland haben wir uns in der Vergangenheit | |
besonders abhängig und damit erpressbar gemacht. Von Aserbaidschan sind wir | |
nicht in gleichem Maße abhängig. Umso wichtiger ist es, dass wir unsere | |
Möglichkeiten nutzen und Druck auf Baku ausüben.“ | |
Unklarheit gab es am Mittwoch über eine militärische Zusammenarbeit | |
zwischen Deutschland und Aserbaidschan. Die Regierung in Baku | |
[2][berichtete in der vergangenen Woche über Gespräche] mit einem | |
Bundeswehrvertreter zum Stand eines „Programms zur bilateralen | |
Militärkooperation“. Nach Angaben der deutschen Verteidigungsministeriums | |
unterhält die Bundeswehr „wie mit vielen Staaten in der Region auch mit | |
Aserbaidschan Dialog- und Kooperationsbeziehungen“. Informationen darüber | |
lege man „Dritten gegenüber“ aber nicht offen. | |
14 Sep 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Armenien-und-Aserbaidschan-im-Konflikt/!5877994 | |
[2] https://mod.gov.az/en/news/bilateral-talks-were-held-between-the-defense-mi… | |
## AUTOREN | |
Tobias Schulze | |
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