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# taz.de -- Japanischer Animationsfilm: Seuchen heilen, Hirsche reiten
> Der japanische Animationsfilm „The Deer King“ basiert auf dem
> gleichnamigen Fantasyroman. Er erzählt episch von einer mysteriösen
> Seuche.
Bild: Filmheld Van mit einem Sprunghirsch
Unheilvoll braust eine violette Flut durch die Wälder und Lichtungen. Wölfe
hetzen mit rotglühenden Augen durch die Nacht. Schließlich erreichen die
Tiere eine Salzmine, in der Gefangene Zwangsarbeit verrichten. Unter den
Gefangenen ist auch Van, ehemaliger Anführer einer Rebellion. Als die Wölfe
in die Mine einfallen, übertragen sie durch ihre Bisse das „schwarze
Wolfsfieber“ das alle in dem Bergwerk tötet – alle bis auf Van und ein
kleines Mädchen.
Ohne es zu wissen, sind die beiden damit in dem Animationsfilm „The Deer
King“ zum Fokus menschlicher Ränkespiele und mysteriöser Gewalten der Natur
geworden. Die fantastische Welt, die die beiden japanischen
Animationsfilmer Masashi Ando und Masayuki Miyaji zeigen, ist geprägt vom
Kampf der beiden Königreiche Zol und Akhafa. Als Vorlage des Films dient
der gleichnamige Fantasyroman.
Auf der Flucht treffen die beiden Toma, einen Landbewohner, der versucht,
sich ein Leben als Züchter von Sprunghirschen aufzubauen. Toma führt Van
und die junge Yuna in sein Dorf. Anders als die Dorfbewohner_innen haben
Van und Yuna eine scheinbar angeborene Verbindung zu den Tieren. Für die
beiden beginnt eine kurze Zeit des Friedens.
Der Wolfs-Überfall hat die Aufmerksamkeit des Sohnes des Kaisers erregt,
der den Arzt Hossal Yugraul hinzuzieht. Eine Fährtenleserin im Dienste des
Königs von Akhafa entdeckt, dass es Überlebende des Angriffs gibt, und
Hossal ist überzeugt, dass in ihnen ein Schlüssel zur Bekämpfung des
ominösen Wolfsfiebers liegt. Doch mit der Fährtensucherin nähern sich auch
die Ränkespiele der Politik den beiden Flüchtenden.
Zu Beginn ist „The Deer King“ noch etwas überfordernd. Sind die Grundlagen
der Fantasiewelt aber erst einmal verstanden, wird der Film ruhiger.
## Bogenschützen, Schwerter und geflochtene Bärte
Die Bildwelten von „The Deer King“ greifen ein vages Mittelalterbild mit
Bogenschützen, Schwertern und alten Männern mit geflochtenen Bärten auf.
Der Film setzt auf grafisch prägnante Bilder und eine Animation, die ihre
Stärke vor allem in menschlichen Bewegungen hat. Die der Tiere sowie auch
die Landschaftshintergründe sind hingegen weniger beeindruckend.
Getragen wird der Film jedoch ohnehin von seiner Erzählung. Die Regisseure
und Drehbuchautor Taku Kishimoto verweben die Handlungsfäden gekonnt zu
einer komplexen Geschichte. Auf der einen Seite steht die Welt der Intrigen
zwischen dem Hof der Akhafa und dem Kaiserhof der Zol. Die andere Seite
bildet eine Zufallsgemeinschaft bestehend aus Van, dem Arzt Hossal Yugraul
und der Fährtensucherin.
Van bleibt Held wider Willen, ist von keiner übergeordneten Mission
getrieben als von dem Unwillen, sich vereinnahmen zu lassen und dem
Versuch, Yuna zu beschützen. Hossal Yugraul und seine Suche nach einem
Heilmittel für das schwarze Wolfsfieber werden im Laufe des Films immer
zentraler. Eine Suche, die mit einer Fantasy-Zentrifuge endet.
## Vom Widerstreit zweier Weltmodelle
„The Deer King“ schlägt wieder und wieder überraschende Volten, hüpft du…
die Handlung wie ein Sprunghirsch, der senkrecht eine Felswand
hinunterläuft.
Der Film beginnt mit Vans und Yunas Flucht aus der Salzmine zwar noch recht
konventionell, findet aber in Vans Verweigerung, Held zu werden, der
detektivischen Suche des Arztes sowie der Rolle der ominösen Krankheit
Elemente, die den Film aus den Schraubzwingen des bloßen Fantasy-Genres
befreien.
Im Laufe dieser Selbstbefreiung entwickelt der Film dennoch eine epische
Form, eine Erzählform, die die Welt umfasst. Denn davon handelt „The Deer
King“ letztlich: vom Widerstreit zweier Weltmodelle.
Die Kunst des Films liegt darin, sich für den eigenen Manichäismus nicht zu
interessieren, sondern stattdessen die Darstellung der positiv besetzten
Seite zu entfalten. Seuchen heilen, Hirsche reiten, Landschaft retten,
Kindern dabei zuschauen, wie sie die Welt entdecken – was könnte man daran
nicht mögen.
19 Sep 2022
## AUTOREN
Fabian Tietke
## TAGS
Film
Anime
Fantasy
Japanischer Film
Spielfilm
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