Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Anime-Serie „Yasuke“ bei Netflix: Kein Kinderprogramm
> Die Serie erzählt die historische Geschichte des Schwarzen Samurais
> Yasuke. Allerdings mit viel Fantasie und Menschen mit Superkräften.
Bild: Aus Afrika nach Japan: Krieger Yasuke wird dort zum Samurai
Was für ein Film: Chadwick Boseman als afrikanischer Samurai, den es
wirklich gegeben hat! Den Film (von „Narcos“-Schöpfer Doug Miro) mit dem
„Black Panther“-Star, der nun doch nicht den von vielen erwarteten
posthumen Oscar für seine Rolle in „Ma Rainey’s Black Bottom“ bekommen h…
wird es aber nicht mehr geben, eben [1][weil Boseman im vergangenen Jahr
gestorben ist]. Wir müssen uns stattdessen mit der Anime-Serien-Version von
„Yasuke“ zufriedengeben.
Aber was heißt hier „zufriedengeben“?! Schwingt da etwa wieder diese
spezifisch deutsche Geringschätzung dessen mit, was man hierzulande als
„Zeichentrick“ abqualifiziert? Die zum Beispiel auch dazu geführt hat, dass
das ZDF eine Serie wie „Captain Future“ als Kinderprogramm missverstanden
hat (was der geniale Zug, bei Christian Bruhn einen eigenen,
epochemachenden Soundtrack in Auftrag zu geben, nur teilweise
wiedergutmachen konnte)?
Nein, seit den frühen 1980ern hat sich da doch ein bisschen was getan, und
etwa die Produktionen des „Studio Ghibli“ laufen inzwischen auch bei uns in
den Kinos – wenn nicht gerade Corona ist und in den Kinos gar nichts läuft.
Am liebsten wären uns beide Versionen gewesen: der Realfilm mit Boseman und
diese sechsteilige Anime-Serie des in Tokio lebenden LeSean Thomas für das
Studio MAPPA ([2][Musik: Flying Lotus]) – zu sehen natürlich bei: Netflix.
Es ist die Azuchi-Momoyama-Zeit, also der relativ kurze Abschnitt zwischen
der Sengoku-Zeit und der Edo-Zeit. Wer hier nur Bahnhof versteht, der
sollte vielleicht erst einmal die ebenfalls sechsteilige Doku „Zeitalter
der Samurai: Kampf um Japan“ gucken (bei Netflix, wo sonst). Für den
historischen Hintergrund um die Figur des Oda Nobunaga, eines der drei
Reichseiniger, die ein von Kriegen verheertes, in zahllose Territorien
zersplittertes Japan in das zweieinhalb Jahrhunderte währende
Tokugawa-Shogunat überführten.
## Japan in alternativer Anime-Realität
Eben dieser Oda Nobunaga nahm also den im heutigen Mosambik oder Äthiopien
oder vielleicht auch Südsudan geborenen, im Jahr 1579 mit italienischen
Jesuiten nach Japan gelangten Yasuke unter seine Fittiche. (In der Serie:
„Wascht ihn! … Wieso wird er nicht sauber?“ „Das ist die Farbe seiner H…
Gebieter.“) Machte ihn tatsächlich zum Samurai – ein paar Jahre wohl bevor
diese Ehre dann dem ersten Europäer William Adams zuteil wurde (dessen
Geschichte wiederum Vorbild war für die Fernsehserie „Shogun“ mit Richard
Chamberlain).
Dass er ihn auch bei seinem Seppuku – dieser rituellen Form des Suizids,
die auch westliche Filmleute (wie Paul Schrader: „Yakuza“; „Mishima“) s…
jeher fasziniert – assistieren ließ, dürfte hingegen der Fantasie der
Serienschöpfer entsprungen sein. Wie überhaupt der weitere Verlauf der
Handlung.
20 Jahre später: Yasuke (in der englischen Fassung gesprochen von LaKeith
Stanfield) verdingt sich als Bootsführer irgendwo in einem entlegenen Dorf.
Anfangs nur sehr widerwillig wird er zum Begleiter, dann Beschützer eines
kleinen Mädchens, auf das es viele abgesehen haben, darunter auch ein böser
Priester: „Das Mädchen ist der Schlüssel zur Kontrolle über Europa und die
katholische Kirche. Wir sind kurz davor, wahre Macht zu erlangen.“ Das
Mädchen hat nämlich magische Superkräfte, die zu beherrschen es erst noch
lernen muss, etwa im Kampf gegen eine russische Bärenfrau und einen
riesigen Roboter … Das Japan dieser Serie ist eine alternative
Anime-Realität, weshalb es vielleicht auch ganz egal ist, wenn einer in
Sachen der historischen Bezüge nur Bahnhof versteht.
Nicht egal ist hingegen, dass Hans-Christoph Blumenbergs „Der Sommer des
Samurai“ zwar auf VHS, aber nie auf DVD erschienen ist. So viele in
Deutschland spielende Samurai-Filme (mit Wolfgang Joop in einer
Nebenrolle!) hat es schließlich nicht gegeben. Oder könnte vielleicht
Netflix sich erbarmen?
30 Apr 2021
## LINKS
[1] /Trauer-um-Black-Panther-Star/!5710601
[2] /Electronic-Jazz-von-Flying-Lotus/!5030353
## AUTOREN
Jens Müller
## TAGS
Anime
Netflix
Serie
Organisierte Kriminalität
Anne Frank
Film
taz Plan
Japan Comics
Manga
Japan Comics
Kinofilm
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gangster-Serie „Tokyo Vice“: Verbrechen und Strafe
Durch die Augen eines weißen Reporters sehen wir die Welt der organisierten
Kriminalität in Japan. Die Geschichte hat realen Hintergrund.
Anne Frank als Animationsfilm: Farben der Vergangenheit
Ari Folmans „Wo ist Anne Frank“ führt das Leid aus der NS-Zeit und von
heute in einer Zeitreise zusammen. Der kontrastreiche Film ist auch ein
Appell.
Japanischer Animationsfilm: Seuchen heilen, Hirsche reiten
Der japanische Animationsfilm „The Deer King“ basiert auf dem gleichnamigen
Fantasyroman. Er erzählt episch von einer mysteriösen Seuche.
Kinotipp der Woche: Nirgends ein Happy End
Endzeit-Science-Fiction zurück auf der Leinwand: Das Lichtblick-Kino und
das Babylon Mitte zeigen diese Woche den Anime-Klassiker „Akira“ von 1988.
Neues Museum in Berlin für Samurai: Wie bitte? Samurai?
Am 8. Mai wird in der Auguststraße in Mitte ein Samurai-Museum eröffnen.
Dabei gibt es schon genug schrulllige Museen in Berlin.
Igort und sein Comic „Kokoro“: Liebeserklärung mit Retro-Touch
Eine meditative Reise durch die japanische Kultur unternimmt der
italienische Comiczeichner Igort in seinem Bilderbuch „Kokoro“.
Japan-Comics aus Europa: Sehnsuchtsland Japan
Eine moderne Graphic Novel legt die Traditionen des modernen Japan offen.
Ein weiterer Comic erzählt vom japanischen „Monsterfilm“.
Sci-Fi-Film mit Scarlett Johansson: Eine neue Stufe der Evolution
„Ghost in the Shell“ ist das Remake eines Anime-Klassikers. Scarlett
Johansson spielt einen Cyborg in einer perfekten Doppelgängerwelt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.