# taz.de -- Neues Museum in Berlin für Samurai: Wie bitte? Samurai? | |
> Am 8. Mai wird in der Auguststraße in Mitte ein Samurai-Museum eröffnen. | |
> Dabei gibt es schon genug schrulllige Museen in Berlin. | |
Bild: Rüstung eines Samurai in der Ausstellung „Samurai. Pracht des japanisc… | |
BERLIN taz | Kleine Museen für sehr spezielle Interessen gründen, das | |
scheint ein einträgliches Geschäftsfeld zu sein. Jedenfalls muss man davon | |
ausgehen, wenn man sich die Liste der schrulligen Museen in Berlin ansieht: | |
Es gibt eins für Zucker, eins für [1][ekelhafte Nahrungsmittel], für | |
Lippenstift, für die Ramones und für die Kennedys. | |
Nun kann die Liste um ein weiteres Museum erweitert werden: Am 8. Mai, | |
ausgerechnet am Tag der Befreiung, wird in der Auguststraße in Mitte ein | |
Samurai-Museum eröffnen. Auf 1.500 Quadratmetern soll die größte Sammlung | |
von Samurai-Artefakten außerhalb Japans zu sehen sein, angeblich das erste | |
Museum dieser Art in Europa. | |
„Wir verstehen uns als Ort der lebendigen Wissensvermittlung und als | |
Brückenbauer – kulturell, räumlich und zeitlich“, erklärt der Unternehmer | |
Peter Janssen, der sein Geld mit Seniorenresidenzen verdient hat, sein | |
erstes Schwert auf einem Flohmarkt kaufte und seit 30 Jahren Rüstungen, | |
Helme, Masken, Schwerter und andere Schätze der japanischen Kriegerkaste | |
sammelt. | |
Warum ausgerechnet Samurai? Die Samurai sind ein [2][Mythos in der | |
asiatischen und der westlichen Popkultur]. In unzähligen Mangas tauchen sie | |
auf, und wer nicht mit Mangas aufgewachsen ist, hat vielleicht wenigstens | |
schon mal Bekanntschaft mit dem einen oder anderen Samurai in erfolgreichen | |
Fernsehschnulzen und Hollywoodschmonzetten wie „Shogun“ (Richard | |
Chamberlain!) oder „Der letzte Samurai“ (Tom Cruise!) gemacht. | |
## Tugendhaft und grausam | |
Samurai gelten als tugendhafte, loyale, aufopferungsvolle | |
Eliteschwertkämpfer. Weniger bekannt ist ihre Grausamkeit: Dass sie zum | |
Beispiel nach einer Schlacht auch schon mehr Köpfe abschnitten oder | |
raubten, als sie anschließend überhaupt tragen konnten – und den Köpfen | |
dann die Nasen abschnitten, um es leichter zu haben. Das zum Thema toxische | |
Männlichkeit. | |
Auch, dass Werte der Samurai wie absoluter Gehorsam bis zur Selbstaufgabe | |
bis heute in Japan in vielen Unternehmen gepflegt werden, sollte uns | |
Berliner*innen bedenklich stimmen. Die japanische Arbeitswelt seit dem | |
rasanten wirtschaftlichen Auftieg des Landes nach dem Zweiten Weltkrieg ist | |
nicht gerade dafür berühmt, besonders achtsam mit der Work-Life-Balance | |
ihrer Angestellten umzugehen. Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung sterben | |
dort bis heute jährlich viele Menschen. | |
Karōshi – Tod durch Überarbeitung – wird das Phänomen genannt. Erst vor | |
nicht allzu langer Zeit berichtete der [3][Guardian] von einem 64-jährigen | |
Beamten bei den Wasserwerken in Kobe, der eine Geldstrafe bezahlen musste, | |
weil er im letzten halben Jahr seinen Arbeitsplatz 26 Mal je drei Minuten | |
zu früh zum Mittagessen verlassen habe. Nur beruhigend, dass er sich nicht | |
mit dem rituellen Dolchstoß der Samurai das Leben genommen hat. | |
19 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Aussergewoehnliches-Berliner-Food-Museum/!5788690 | |
[2] /Anime-Serie-Yasuke-bei-Netflix/!5769252 | |
[3] https://www.theguardian.com/world/2018/jun/21/japanese-worker-punished-for-… | |
## AUTOREN | |
Susanne Messmer | |
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