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# taz.de -- Japanischer Animationsfilm „Inu-oh“: Das Geheimnis der Kürbism…
> „Inu-oh“ zeigt die Anfänge des japanischen Nō-Theaters als Rockmusical.
> Er überzeugt mit gedämpften Farben und dynamischen Bildern.
Bild: Der titelgebende Inu-oh versteckt sein enstelltes Gesicht hinter einer Ma…
Japan im 14. Jahrhundert. Als Kind wurde Tomona durch ein mystisches
Schwert verletzt, als er mit seinem Vater das Meer nach Relikten aus der
Zeit des Genpei-Krieges, einer Auseinandersetzung zwischen den Clans der
Heike und der Genji, abgesucht hat. Sein Vater ist bei dem Tauchgang
umgekommen, Tomona ist fast vollständig erblindet, sieht nur noch Schemen.
Jahre später macht er sich als Heranwachsender auf die Suche nach Dörfern
der Heike und durchstreift das Land. Sein Vater sucht ihn wiederholt als
Geist heim und fordert ihn auf, Rache zu nehmen. Auf einem seiner Wege
trifft er auf eine Gruppe Mönche am Strand. Einer der Mönche nimmt ihn mit
in die Hauptstadt. Dort trifft er auf den entstellten Inu-oh, der sein
Gesicht mit einer Kürbismaske verdeckt, einer der Arme Inu-ohs ist mehrere
Meter lang. Der japanische Animationsfilmer Maasaki Yuasa führt in „Inu-oh“
zwei Außenseiter in einer bewegten Zeit zusammen.
Yuasas Film spielt zu einer Zeit, als Japan in zwei rivalisierende
Herrschaftsgebiete geteilt ist. Tomona ist in Dan-no-ura südlich der
japanischen Hauptinsel Honshū aufgewachsen, Schauplatz einer entscheidenden
Seeschlacht des Genpei-Krieges. Seit dem Ende des Krieges versuchen die
rivalisierenden Herrscher, die Regalien des Reiches an sich zu bringen, um
ihren jeweiligen Herrschaftsanspruch zu untermauern. Das mystische Schwert,
das Ziel des Tauchgangs war, der Tomona sein Augenlicht und seinen Vater
das Leben gekostet hat, ist eines dieser Regalien.
Der Krieg ist in der Welt des Films noch gegenwärtig. Kurz nach ihrer
Begegnung in der Hauptstadt treffen Tomona und Inu-oh erneut aufeinander.
Inu-oh berichtet Tomona vom Beginn seiner Entstellung. Die beiden vermuten
einen Fluch. Mit einem Mal ist die Luft um sie herum erfüllt von den
rastlosen Geistern der Heike-Krieger.
## Moderner Rock und HipHop
Die Szene wird zum Wendepunkt des Films: Blieb die Musik bisher klassischen
japanischen Traditionen verbunden, wandelt sich diese nun zu modernem Rock
und HipHop. Kurz darauf beginnen Tomora und Inu-oh die Geschichte des
Genpei-Krieges auf den Straßen der Hauptstadt mit Musik und Schauspiel
anders zu erzählen, als es die höfische Konvention bisher getan hat.
Die Suche Tomoras und Inu-ohs nach der Ursache für ihre Verletzungen führt
sie zurück in Inu-ohs Kindheit und in die Geschichte des Genpei-Krieges.
Mit ihrer Künstlerfreundschaft öffnen die beiden Außenseiter den Raum der
Erzählung, um über die Spaltungen des Kriegs und den Umgang mit den
Unterlegenen Heike zu sprechen.
Maasaki Yuasa setzt in „Inu-oh“ auf eine expressive Animation mit
gedämpften Farben. Die eher flächig gehaltenen Körper der Menschen setzen
sich von der Umwelt mit ihren detaillierten Strukturen ab. Die ganze
Schönheit der Animation entfaltet sich vor allem in jenen Bildern, in denen
das Farbspektrum sich noch weiter verengt, bis nur noch gedämpfte
Grün-Blau-Grau-Töne übrig sind. Zu Beginn sind das einige grisailleartige
Bilder unter Wasser, später sind es jene Szenen, die Tomonas schemenhaftes,
unscharfes Sehen zeigen.
Yuasas Animation ist ausgesprochen belebt. Stark bewegte
Animationssequenzen wechseln sich mit ruhigeren Momenten ab und
rhythmisieren den Film. Doch „Inu-oh“ nutzt auch die Möglichkeiten der
virtuellen Kamera der Animation ausgiebig. Statt der klassischen
Kombination aus horizontalen und vertikalen Bewegungen ergänzt um Zooms ist
Yuasas virtuelle Kamera so frei beweglich wie eine tragbare Steadicam.
## Ein neuer Höhepunkt
Masaaki Yuasa studierte in Fukuoka Malerei und professionalisierte sich
später über Jahre als Animator für Fernsehserien, bevor sich ihm die
Möglichkeit bot, eigene Filme und Serien zu realisieren. Von Ende der
1980er Jahre bis 2013 arbeitete er als freier Animationsfilmer mit
verschiedenen japanischen Fernsehsendern und Animationsstudios. Er
arbeitete an [1][Isao Takahatas] „Meine Nachbarn die Yamadas“ (1999) mit.
Einige Jahre später bot sich ihm bei Studio 4°C mit „Mind Game“ (2004) die
Möglichkeit, das erste Mal bei einem animierten Langfilm Regie zu führen.
Der Film sollte der Beginn von Yuasas Durchbruch werden.
In den folgenden Jahren realisierte Yuasa Animationsserien für Studio 4°C
und die Produktionsfirma Madhouse. 2013 gründete er zusammen mit Eunyoung
Choi das Studio Science Saru. Ab 2018 realisierte Yuasa den animierten
Surfer-Film „Ride Your Wave“, der 2019 auf dem internationalen
Animationsfilmfestival in Annecy Premiere feierte.
Im gleichen Jahr begann er für das Studio die Serie „Japan sinkt 2020“ zu
entwickeln, die im Sommer des Jahres auf Netflix veröffentlicht wurde.
[2][„Inu-oh“ feierte letzten Herbst auf dem Filmfestival in Venedig seine
Premiere].
Der Film ist ein neuer Höhepunkt im Werk von Masaaki Yuasa. Scheinbar
mühelos verwebt er die Erzählstränge, strukturiert durch die Gestaltung,
lässt poetische Momente aufblitzen.
17 Nov 2022
## LINKS
[1] /Zeichentrickfilm-Prinzessin-Kaguya/!5028272
[2] /Filmfestspiele-von-Venedig/!5796018
## AUTOREN
Fabian Tietke
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