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# taz.de -- Kinoempfehlungen für Berlin: Die Fakten eines Lebens
> In „Eine Frau“ geht Jeanine Meerapfel ihren Erinnerungen auf den Grund.
> Lars Henrik Ostenfeld mit „Into the Ice“ der Gletscherschmelze in
> Grönland.
Bild: Szene aus „Eine Frau“ (2022) von Jeanine Meerapfel
Momentan ähnelt die Situation in den Kinos einer Drehtür: Kaum sind die
Neustarts drin, schon sind sie wieder raus, müssen Platz machen für den
nächsten Schwall von Filmen, die auch niemand sehen will. Was dabei leicht
verloren geht, sind jene Filme, die man sehen sollte. Wie den
Dokumentarfilm-Essay [1][„Eine Frau“ von Jeanine Meerapfel], in dem die
Regisseurin die Biografie ihrer 1911 im französischen Burgund geborenen
Mutter zum Anlass nimmt, über Erinnerung nachzudenken.
Da gibt es einerseits die Fakten eines Lebens, in dem sich Vieles um
Veränderung und Anpassung drehte: die Heirat mit dem wohlhabenden
deutsch-jüdischen Tabakkaufmann Carlos Meerapfel, die Emigration in der
Nazizeit nach Amsterdam und später nach Argentinien. Zwei Töchter werden
dort geboren, die Ehe zerbricht, das Leben wird ärmlicher, Tod mit 61
Jahren.
Doch neben diesen Fakten steht eben auch die unscharfe Erinnerung der
Tochter: „War das so, oder ist es mein fantasiertes Gedächtnis“, fragt sich
die Regisseurin in ihrem Kommentar immer wieder. Alte Fotos und 8mm-Filme
überlagern die eigene trügerische Erinnerung, „okkupieren“ sie, wie
Meerapfel das nennt.
Die Biografie der Mutter hat Leerstellen, manche bleiben bewusst leer,
andere werden gefüllt, auch mit Fantasien, wie es vielleicht gewesen sein
könnte. In Chalon-sur-Saône, wo die Mutter die Kindheit und Jugend
verbrachte, versucht die Regisseurin das Gefühl für den Ort zu bekommen,
sie filmt junge Schülerinnen und heutige Menschen auf dem Markt, stellt mit
Arbeiterinnen, die die Fabrik verlassen, eine kleine Lumière-Hommage nach.
Und so reicht diese Reise zu den unscharfen Erinnerungen auch immer wieder
in die Gegenwart hinein, alles versammelt in einem klugen und sehr
persönlichen Film, den Jeanine Meerapfel in verschiedenen Berliner Kinos
vorstellt.
Vorstellungen mit Jeanine Meerapfel: 1. 12., 19 Uhr, [2][Moviemento], 4.
12., 15.15 Uhr, [3][Filmkunst 66], 5. 12., 20 Uhr, [4][Kino Krokodil], 6.
12., 18 Uhr, [5][Bundesplatz-Kino]. Weitere Vorführungen: 4. 12., 15.30
Uhr, Bundesplatz-Kino, 1.–7. 12., versch. Uhrzeiten, Kino Krokodil und
Moviemento
Man muss ein wenig warten, doch dann kommt er, der spektakuläre Teil der
Klima-Doku „Into the Ice“, für die der dänische Kameramann und Regisseur
Lars Henrik Ostenfeld den britischen Forscher Alun Hubbard bei Erkundungen
von sogenannten Gletschermühlen in Grönland begleitet.
Denn Hubbard steigt zum Boden der bis zu 180 Meter tiefen, durch
Schmelzwasser entstandenen, höchst instabilen und sehr gefährlichen
Eislöcher im Gletscher hinab, um festzustellen, ob sich unter der
gefrorenen Bodenfläche weiteres flüssiges Wasser befindet.
Denn das würde die Fließgeschwindigkeit der Gletscher zusätzlich erhöhen
und wäre ein Indikator dafür, dass das Eis noch schneller schmilzt als
bisher angenommen. Leider ist das auch so – sieht aber trotzdem toll aus
(2. 12., 18 Uhr, [6][Zeiss Großplanetarium im Ernst-Thälmann-Park]).
Eine Schriftstellerin, die gerade unter Schreibhemmung leidet, hat
verschiedene Begegnungen, die ihr in der Krise nicht weiterhelfen – bis sie
im Park einer Schauspielerin begegnet und ihr ein Kurzfilmprojekt
vorschlägt. „Die Schriftstellerin, ihr Film und ein glücklicher Zufall“ i…
ein typischer Film von Hong Sangsoo: eine gänzlich unspektakuläre
Geschichte, in der es einmal mehr ums Ganze geht (2. 12., 15.15 Uhr, [7][Il
Kino]).
1 Dec 2022
## LINKS
[1] https://www.realfictionfilme.de/eine-frau.html
[2] https://www.moviemento.de/
[3] https://www.filmkunst66.de/film/eine-frau
[4] https://kino-krokodil.de/film/eine-frau/
[5] http://www.bundesplatz-kino.de/
[6] https://www.planetarium.berlin/veranstaltungen/into-the-ice
[7] https://ilkino.de/
## AUTOREN
Lars Penning
## TAGS
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