# taz.de -- Baerbock auf dem Balkan: Ein Auge auf Bosnien haben | |
> Außenministerin Baerbock betont beim Besuch in Bosnien und Herzegowina | |
> die Integrität des Staates. Seit der Ukraine-Invasion nehmen Spannungen | |
> zu. | |
Bild: Annalena Baerbock am Brunnen in der Begs Moschee am Donnerstag in Sarajevo | |
Sarajevo taz | Schon vor Wochen waberten die Gerüchte in Sarajevo: | |
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock werde in die Hauptstadt Bosniens | |
und Herzegowinas kommen. Nun war es soweit. | |
Bei der am Donnerstagmorgen angesetzten Pressekonferenz zusammen mit der | |
bosnischen Außenministerin Bisera Turković erinnerte sich Baerbock daran, | |
wie sie als sehr junges Mädchen [1][vor 30 Jahren die Nachrichten aus | |
Bosnien verfolgte], wie sie erschüttert war über die Morde und | |
Vergewaltigungen, wie sie in der Schule Kontakt fand zu einer | |
Gleichaltrigen, die aus Bosnien fliehen musste, wie sich eine Freundschaft | |
entwickelte. Das berührte auch die bosnischen Kollegen vor Ort. | |
„Bilder von vor dem Krieg fliehenden Familien und [2][brennende | |
ukrainischen Städte] – all das weckt Erinnerungen an die dunkelsten | |
Momente, als der Krieg schmerzhafte Spuren auf dem Westbalkan hinterließ“, | |
erklärte sie. | |
Doch die bosnischen Medien waren auch gekommen, um zu erfahren, wie die | |
neue deutsche Regierung zu den aktuellen Konflikten in Bosnien selbst | |
steht. Was sie zum [3][Serbenführer und Nationalisten Milorad Dodik] sagt, | |
der seit Dezember letzten Jahres daran arbeitet, den Gesamtstaat Bosnien | |
und Herzegowina, wo bisher noch Serben, Kroaten, Bosniaken, | |
Nichtnationalisten und Minderheiten zusammenleben, zu zerstören und die | |
[4][serbische Teilrepublik vom gemeinsamen Staat abzutrennen]. | |
Zwar hatte Berlin zuvor die EU-Politik zaghaft kitisiert, die Dodik kaum | |
etwas entgegensetzt oder dessen Bestrebungen sogar unterstützt. Doch in | |
Sarajevo ist man sich auch klar darüber, dass manche EU-Vertreter weiter | |
mit den Nationalisten klüngeln. | |
## Ein Auge auf Bosnien | |
Deutschland trete eindeutig für die Integrität des Staates und damit für | |
die Unverletzlichkeit der Grenzen ein, bekräftigte Beabock am Donnerstag. | |
Die von den kroatischen und serbischen Nationalisten in Frage gestellten | |
Wahlen würden im Oktober als „faire Wahlen“ stattfinden. Deutschland trete | |
ein für eine Verfassung, die die Urteile des Menschenrechtsgerichthofes in | |
Straßburg berücksichtige. Damit deutete sie an, dass die Rechte der | |
Minderheiten und die der individuellen Staatsbürger für sie gegenüber den | |
„kollektiven Rechten“ der Nationalisten ein höheres Gut sind. | |
Sie werde den Westbalkan und Bosnien nicht aus dem Auge verlieren, erklärte | |
sie noch. Schließlich habe sie einen Sondergesandten Deutschlands für den | |
Balkan ernannt: Manuel Sarrazin (Grüne), langjähriger Vorsitzender der | |
Südosteuropagesellschaft und ein ausgewiesener Balkanexperte. Sie selbst | |
werde Bosnien im Auge behalten und auch wiederkommen. | |
Als sich Baerbock am Donnerstag noch mit dem dreiköpfigen Staatspräsidium | |
traf, von dem der Gesamtstaat regiert wird, stieß sie auch auf Dodik. | |
Dieser ist als Serbenführer Teil des Gremiums, das er zerrütten will. Beim | |
coronakonformen Gruß mit der Faust hielten beide ihre Arme so weit | |
ausgestreckt wie möglich. | |
Herzlicher gestaltete sich ihr Treffen mit der Zivilgesellschaft und dem | |
[5][Hohen Repräsentanten der Internationalen Gemeinschaft], dem deutschen | |
CSU-Politiker Christian Schmidt. Dort erklärte sie klipp und klar, dass die | |
Institution des Hohen Repräsentanten bleiben werde, auch wenn Russland und | |
sein Verbündeter Dodik diese Institution nicht anerkennen. Der Hohe | |
Repräsentant habe noch viele Aufgaben zu bewältigen – etwa Bosnien auf dem | |
Weg in die Rechtstaatlichkeit und in Richtung Europa zu begleiten. Dann | |
reiste sie nach Kosovo weiter, um danach Serbien und Moldawien zu besuchen. | |
10 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /25-Jahre-nach-dem-Genozid-von-Srebrenica/!5694371 | |
[2] /Krieg-in-der-Ukraine/!5840612 | |
[3] /Provokation-in-Bosnien-Herzegowina/!5805959 | |
[4] /Krise-in-Bosnien-und-Herzegowina/!5820225 | |
[5] /Das-Amt-des-Hohen-Repraesentanten/!5786300 | |
## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Annalena Baerbock | |
Westbalkan-Staaten | |
Milorad Dodik | |
Bosnien und Herzegowina | |
Islam | |
Bosnien und Herzegowina | |
Bosnien und Herzegowina | |
Fußball | |
Gedenken | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
Wladimir Putin | |
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
Bosnien und Herzegowina | |
Bosnien und Herzegowina | |
Lesestück Recherche und Reportage | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Schriftsteller Karahasan ist gestorben: Tod einer „bosnischen Seele“ | |
Unser Autor lernte den preisgekrönten Schriftsteller Dževad Karahasan auf | |
dessen Flucht kennen. Daher erinnert er sich gut an den nun Verstorbenen. | |
EU-Beitrittskandidat Bosnien und Herzegowina: Langsam in die richtige Richtung | |
Bosnien und Herzegowina steht noch ein langer Weg bevor. Jetzt kommt es | |
darauf an, dass die EU die demokratischen Kräfte in Sarajevo stärkt. | |
Wahlen in Bosnien und Herzegowina: Leise Hoffnung | |
Das Mitte-links-Lager in Bosnien hat den nationalistischen Parteien | |
erstmals eine Niederlage zugefügt. Das dürfte Wirkung auf das ganze Land | |
haben. | |
Fußballpartie gegen Russland: So etwas ist kein Spiel | |
Der Fußballverband von Bosnien und Herzegowina hat eine Begegnung mit | |
Russland vereinbart. Die Mannschaft ist entsetzt, Stars wollen | |
boykottieren. | |
27 Jahre nach Völkermord in Srebrenica: Frieden gab es nie | |
In Bosnien wurde der Krieg 1995 beendet, aber das Konzept der ethnischen | |
Trennung dauert bis heute an. Jetzt besteht endlich Grund zur Hoffnung. | |
Vor 30 Jahren begann der Bosnienkrieg: Gleiche Logik, gleicher Schrecken | |
Bei Menschen, die die Belagerung von Sarajevo erlebten, wecken die Bilder | |
aus der Ukraine schlimme Erinnerungen. Auch sie lebten lange in | |
Ungewissheit und Angst. | |
Angst vor Putins Russland: Alte Wunden | |
Hunderttausende Menschen flüchten aus der Ukraine in die Republik Moldau. | |
Dort wächst die Sorge, dass Putins Truppen weitermarschieren werden. | |
100 Tage Ampel: Aufbruch im Krieg | |
Die Ampel hat einige Glaubenssätze aufgegeben. Doch das zentrale Projekt | |
soll nun noch schneller realisiert werden. | |
SPD-Abgeordneter über den Balkan: „Demokratische Werte verteidigen“ | |
Alles blickt auf die Ukraine. Der SPD-Abgeordnete Adis Ahmetovic fordert | |
mehr Aufmerksamkeit der EU für die brenzlige Lage in Bosnien und | |
Herzegowina. | |
Russlands Einmischung auf dem Balkan: Moskau zündelt auch in Bosnien | |
Die Ukraine-Krise hinterlässt in Bosnien und Herzegowina Spuren. Der Kreml | |
unterstützt den Nationalisten Dodik, der an einem eigenen Staat arbeitet. | |
Krise in Bosnien und Herzegowina: Zerreißprobe | |
Bosnien und Herzegowina wird von kroatischen und serbischen Nationalisten | |
in Existenznot gebracht. Eindrücke aus einem angespannten Land. |