# taz.de -- Fußballpartie gegen Russland: So etwas ist kein Spiel | |
> Der Fußballverband von Bosnien und Herzegowina hat eine Begegnung mit | |
> Russland vereinbart. Die Mannschaft ist entsetzt, Stars wollen | |
> boykottieren. | |
Bild: Superstar Edin Džeko möchte nicht gegen Russland spielen | |
Das war für viele Menschen in Bosnien und Herzegowina keine gute Nachricht. | |
Schon als am Freitag von einem Komitee des bosnischen Fußballverbandes | |
beschlossen wurde, dass Bosniens Fußball-Nationalteam am 19. November ein | |
Freundschafts-Länderspiel gegen Russland in St. Petersburg bestreiten wird, | |
fühlten sich viele Menschen in Sarajevo, als habe man sie vor den Kopf | |
gestoßen. | |
Wie kann man nur den Ukrainern so in den Rücken fallen?, hieß es in ersten | |
Reaktionen in den sozialen Medien, viele Menschen drückten ihr Entsetzen | |
aus. Denn Russlands National- und Vereinsmannschaften sind [1][seit der | |
Invasion in die Ukraine] von internationalen Fußballwettbewerben | |
ausgeschlossen. Doch ausgerechnet Bosnien und Herzegowina will diesen | |
Boykott durchbrechen. | |
Der prominente langjährige Nationalspieler Miralem Pjanić, der schon für | |
den FC Barcelona und Juventus Turin spielte, sagte in einer ersten | |
Reaktion: „Diese Entscheidung ist nicht gut, ich bin sprachlos.“ Und auch | |
der Superstar des Teams, der 36-jährige Edin Džeko, der bei Inter Mailand | |
spielt und auch schon beim VfL Wolfsburg auflief, distanzierte sich sofort | |
mit scharfen Worten und kündigte an, bei einem solchen Spiel nicht | |
mitzumachen. | |
Die Bürgermeisterin von Sarajevo, Benjamina Karić, erklärte, Sarajevo werde | |
in Zukunft jegliche Kooperation mit dem bosnisch-herzegowinischen | |
Fußballverband auflösen, wenn die Entscheidung so bestehen bleibe. | |
„Sarajevo, die Stadt, die über drei Jahre lang unter einer militärischen | |
Belagerung gelitten hatte, und ich als die Bürgermeisterin verurteilen die | |
Entscheidung des Fußballverbands, ein Freundschaftsspiel mit Russland | |
durchzuführen, aufs Schärfste.“ Karić sagte, die Funktionäre, der Trainer | |
und auch die Spieler hätten die moralische Pflicht, dieses Projekt zu | |
boykottieren. | |
## Riesiger außenpolitischer Schaden | |
Schon jetzt ist ein riesiger außenpolitischer Schaden für Bosnien und | |
Herzegowina entstanden. Aber der Vorgang zeigt zugleich auch viel von der | |
[2][politischen Situation im Lande]. Die Entscheidung wurde nämlich von | |
einem Komitee des Fußballverbands getroffen, das nach dem im Lande gültigen | |
Nationalitätenschlüssel zusammengesetzt ist: je zwei Serben, Kroaten und | |
Bosniaken bilden das Gremium. | |
Die von den nationalistischen Führungen der Kroaten und Serben | |
beeinflussten Mitglieder dieses Komitees stimmten für das | |
Freundschaftsspiel. Serbische und kroatische Nationalisten haben seit | |
Beginn der russischen Invasion in der Ukraine ihre Sympathien für Putin zu | |
erkennen gegeben, die serbische Seite würde sogar am liebsten eine eigene | |
Fußballnationalmannschaft des serbisch-bosnischen Teilstaates gründen. Und | |
auch die kroatischen Nationalisten [3][arbeiten an der Destabilisierung des | |
Staates]. | |
Der Fußballverband galt bisher als eine der wenigen Institutionen, die noch | |
den gemeinsamen Gesamtstaat Bosnien und Herzegowina nach außen vertreten | |
konnte. Die meisten Spieler werden von der bosniakischen Volksgruppe | |
gestellt, die weiterhin gemeinsam mit Nichtnationalisten und Minderheiten | |
die staatliche Souveränität des Landes verteidigen will. | |
Umso mehr verwundert es, dass die beiden bosniakischen Mitglieder des | |
Komitees die Entscheidung für ein Freundschaftsspiel mit Russland zuließen. | |
Einer von ihnen stimmte dafür, der andere, der Vorsitzende Irfan Durić, | |
hätte die Abstimmung verlassen und das Gremium damit beschlussunfähig | |
machen können. Doch das ist nicht geschehen. | |
13 Sep 2022 | |
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## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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