# taz.de -- Das Amt des Hohen Repräsentanten: Ein Relikt des Bosnienkrieges | |
> Mit dem Posten soll der Frieden in Bosnien und Herzegowina gewahrt | |
> werden. Denn die Zentralregierung in Sarajevo hat kaum Macht. | |
Bild: Friedensmarsch durch ein Waldgebiet bei Nezuk mit Überlebenden des Massa… | |
SPLIT taz | Das [1][Amt des Hohen Repräsentanten] für Bosnien und | |
Herzegowina geht auf den Friedensvertrag von Dayton zurück, der 1995 den | |
Bosnienkrieg beendete. Das Land wurde damals in zwei ethnisch definierte | |
Entitäten aufgeteilt. Die serbischen Nationalisten sicherten sich für ihre | |
„Republika Srpska“ 49 Prozent der Landfläche, die in zehn Kantone | |
unterteilte bosniakisch-kroatische Föderation ebenso. Zwei Prozent umfasst | |
der multinationale Distrikt Brčko, der an der Grenze zu Kroatien die beiden | |
Teile der Republika Srpska voneinander trennt. | |
Die Außengrenzen des Landes wurden zwar durch die internationalen Mächte | |
garantiert, damit Serbien und Kroatien sich „ihre“ Gebiete nicht | |
einverleiben. Der Gesamtstaat wurde allerdings schwach gehalten. Die | |
Zentralregierung in Sarajevo hat kaum Macht. Mehr Macht haben die | |
Regierungen der Entitäten. Hinzu kommen noch die „Völkerkammern“, die | |
jegliche Gesetze der Parlamente stoppen können. | |
Um den Friedensprozess zu überwachen, gaben sich die Garantiemächte von | |
Dayton den Peace Implementation Council (PIC) mit über 50 Mitgliedern, der | |
den Hohen Repräsentanten der Internationalen Gemeinschaft bestellt und | |
unterstützt, als eine Art Aufseher über den Gesamtstaat. Der Hohe | |
Repräsentant wurde mit den sogenannten Bonn-Vollmachten ausgestattet, die | |
es ihm ermöglichen, Gesetze per eigener Vollmacht durchzusetzen. Er kann | |
Entscheidungen der Parlamente korrigieren und Politiker absetzen. Doch | |
zuletzt hat der Hohe Repräsentant stark an Einfluss verloren. Serbische | |
Nationalisten fordern, den serbischen Teilstaat an Serbien anzugliedern. | |
Kroatische und serbische Nationalisten blockieren seit Jahren jegliche | |
gemeinsame Gesetzgebung. | |
## Die Teilung steht auch im Friedensvertrag | |
Historisch war Bosnien seit Jahrhunderten multiethnisch und multireligiös. | |
Jahrhundertelang lebten Katholiken, Orthodoxe, Juden und Muslime zumeist | |
friedlich zusammen. Im Zweiten Weltkrieg kämpften antifaschistische Serben, | |
Kroaten und Muslime gemeinsam und bestätigten nach dem Sieg 1945 den | |
multinationalen Charakter der Republik [2][Bosnien-Herzegowina]. Aber mit | |
dem Zerfall Jugoslawiens in Nationalstaaten ab 1991 beanspruchten serbische | |
und kroatische Nationalisten die Alleinkontrolle. | |
Zunächst besetzten 1992 serbische Truppen große Teile Bosniens und | |
vertrieben die nichtserbische Bevölkerung, vor allem die muslimische | |
(bosniakische) Mehrheit. Ab 1993 gingen Kroaten ähnlich gegen Nichtkroaten | |
vor. Den ethnischen Säuberungen fielen insgesamt mehr als 100.000 Menschen | |
zum Opfer. Der Frieden von Dayton beendete den Krieg, aber schrieb die | |
ethnische Teilung fest. | |
2 Aug 2021 | |
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## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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