# taz.de -- Russlands Einmischung auf dem Balkan: Moskau zündelt auch in Bosni… | |
> Die Ukraine-Krise hinterlässt in Bosnien und Herzegowina Spuren. Der | |
> Kreml unterstützt den Nationalisten Dodik, der an einem eigenen Staat | |
> arbeitet. | |
Bild: Putin-Freund mit dunklen Absichten: Serbenführer Milorad Dodik im Januar… | |
Sarajevo taz | Der [1][Ukraine-Konflikt] wirft seinen Schatten auf den | |
Balkan. Nachdem die Nato vor wenigen Tagen den Ausbau ihrer Präsenz im | |
östlichen Bündnisgebiet auf den Weg gebracht hat und jeweils 2.000 Soldaten | |
nach Rumänien und Bulgarien schicken will, ist der Ton auch in Bosnien und | |
Herzegowina rauer geworden. Zwar scheut die Nato davor zurück, ihre Truppen | |
auch dort zu verstärken – was Militärexperten seit Langem fordern, und die | |
Nato hätte auch das Mandat dazu –, doch die Option bleibt offen. | |
Schon oft griff die russische Botschaft in Sarajevo die Institutionen der | |
internationalen Gemeinschaft im Land an. Am Dienstag jedoch kritisierte sie | |
die Position des Friedensimplementierungsrates (PIC) in ungewöhnlich | |
scharfem Ton. Im PIC sind über 50 an Bosnien interessierte Staaten und | |
internationale Organisationen zusammengefasst. Das Gremium soll den | |
Friedensprozess im Auftrag der UNO überwachen. | |
Der Lenkungsausschuss des PIC, dem Russland auch angehört, hatte vorige | |
Woche gegen den Willen des russischen Botschafters die Entscheidung des | |
Parlaments der serbischen Teilrepublik zurückgewiesen, einen eigenen | |
Obersten Gerichtshof im Teilstaat zu etablieren. Im vom PIC anerkannten | |
Obersten Gerichtshof des Gesamtstaates sind auch internationale Richter | |
vertreten. | |
Diese Institution ist dem serbischen Nationalistenführer Milorad Dodik ein | |
Dorn im Auge, denn er möchte [2][seinen Teilstaat] zu einem [3][eigenen | |
Staat aufbauen]. Dazu gehört neben einer eigenen Armee die Übertragung | |
weiterer Hoheitsrechte. So möchte er Waldbesitz, der nach dem Urteil des | |
Obersten Gerichtshofs dem Gesamtstaat gehört, unter seine Kontrolle | |
bekommen. Ein eigener, von ihm abhängiger Gerichtshof könnte dafür nützlich | |
sein. | |
Dabei geht es um viel Geld: Dodik hat nämlich Teile des Staatsbesitzes | |
Bosnien und Herzegowinas internationalen Banken als Sicherheiten für ihre | |
Kredite versprochen. Zudem muss er befürchten, nach Ablauf seines Mandats | |
als Vertreter der Serben im dreiköpfigen Staatspräsidium vor dem Obersten | |
Gerichtshof wegen seiner Korruptionsskandale zur Rechenschaft gezogen zu | |
werden. | |
## Moskau behindert Hohen Repräsentanten | |
Alle diese Positionen werden von russischer Seite mitgetragen, obwohl sie | |
nach Meinung der westlichen Diplomaten gegen den Friedensvertrag von Dayton | |
verstoßen. | |
In Moskaus Fadenkreuz ist auch der [4][Hohe Repräsentant der | |
Staatengemeinschaft] geraten. Der deutsche Ex-Landwirtschaftsminister | |
Christian Schmidt, der die Position seit 2021 bekleidet, wird von | |
serbischer und russischer Seite nicht anerkannt. Moskau verhinderte im | |
November gar, dass Schmidt seinen Rechenschaftsbericht vor dem | |
Weltsicherheitsrat vortragen konnte. Dodik und Moskau haben jeglichen | |
Kontakt zu ihm abgebrochen. | |
Angesichts der Ukraine-Krise sortieren sich die politischen Kräfte entlang | |
der Kriegsparteien. Für den serbischen Autokraten Dodik ist es | |
selbstverständlich, den russischen Präsidenten Wladimir Putin zu | |
unterstützen. | |
Das Herz der bosniakischen und nichtnationalistischen Mehrheitsbevölkerung | |
dagegen schlägt für die Ukraine. Viele Bürger Sarajevos erinnern sich an | |
die Belagerung der Hauptstadt vor 30 Jahren und vergleichen das Zögern des | |
Westens, Waffen in die Ukraine zu schicken, mit dem damaligen | |
UN-Waffenembargo gegenüber Bosnien. „Die serbische Armee hatte damals alle | |
Waffen, uns aber haben sie Waffen zur Verteidigung verweigert. Welch eine | |
Ungerechtigkeit“, erinnern sich Nachbarn in der | |
Mehmed-Pase-Sokolovica-Straße voller Mitgefühl mit den Ukrainern. | |
Die [5][kroatischen Nationalisten] aus der bosnischen Region Herzegowina | |
unter Führung von Dragan Čović hingegen zeigen offene Sympathien für Putin. | |
Dass Čović am 1. Februar im Parlament der serbischen Teilrepublik | |
aufgetreten ist und die Politik Dodiks, die Institutionen des gemeinsamen | |
Staates Bosnien und Herzegowina zu unterminieren, begrüßt hat, ist bei den | |
kroatischen Rechten gut angekommen. | |
Nicht aber in ganz Kroatien: In Zeitungen wie Slobodna Dalmatija und | |
Juternji List wurde daran erinnert, dass Dodik seit jeher verhindert, dass | |
während des Bosnienkrieges 1992 bis 1995 vertriebene Kroaten in ihre Heimat | |
zurückkehren können. | |
16 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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