| # taz.de -- Parade in Bosnien und Herzegowina: Marsch für die „serbische Wel… | |
| > Vor 30 Jahren wurde die sogenannte Republika Srpska ausgerufen. Und | |
| > heute? Verbreitet die Führung der bosnischen Serben weiter Angst. | |
| Bild: Aufmarsch mit nationalistischen Tönen: Militärparade in Banja Luka | |
| Split taz | Stolz thronen [1][Milorad Dodik], Führer der bosnischen Serben, | |
| und Željka Cvijanović, Präsidentin des serbischen Teilstaates in Bosnien | |
| und Herzegowina, nebeneinander auf den Emporen, als am Sonntag Hunderte von | |
| Menschen auf dem Boulevard der Stadt Banja Luka an ihnen vorbeiziehen. Am | |
| 30. Jahrestag der Gründung der sogenannten Republika Srpska sind bei diesen | |
| im Fernsehen übertragenen Feierlichkeiten alle Brücken des gemeinsamen | |
| Gesamtstaats Bosnien und Herzegowina eingerissen worden. | |
| Wie in alten kommunistischen Zeiten defilierten zunächst die | |
| Staatsangestellten, danach die Einheiten der schwerbewaffneten Polizei aus | |
| allen Landesteilen und schließlich als Kern der Verteidigungskräfte die von | |
| russischen Instrukteuren ausgebildeten „Antiterroreinheiten“. Zwar | |
| vermieden die Organisatoren, von einer „[2][Armee der Republika Srpska]“ zu | |
| sprechen, die Absicht der politischen Führung jedoch, Einheit und Stärke zu | |
| zeigen, war deutlich zu erkennen. Den Rahmen des Programms bildeten | |
| serbische patriotische Lieder. | |
| Die Republika Srpska sei Teil der „serbischen Welt“, des neuen Großserbien, | |
| lautete die Botschaft der Militärparade. In der serbischen Welt sollen nach | |
| dem Willen der serbischen Führung in Belgrad alle Serben aus Bosnien, | |
| Kroatien, Montenegro und Kosovo in einem Verbund zusammengefasst werden. | |
| Nach all den nationalistischen Kampagnen der letzten Jahre haben Belgrad | |
| und das bosnische Banja Luka in der Tat eine serbische Gefühlswelt kreiert, | |
| vor der sich andere Bevölkerungsgruppen fürchten müssen. Die patriotischen | |
| Gefühle brachen sich in der Republika Srpska schon an den Vortagen, während | |
| der orthodoxen Weihnacht am 6. Januar, Bahn. In der Stadt Foča im Osten | |
| Bosnien und Herzegowinas wurde eine Hauswand mit dem Bild Ratko Mladićs | |
| versehen. | |
| Der [3][vom UN-Tribunal als Kriegsverbrecher verurteilte Ratko Mladić] war | |
| der Kommandeur der serbischen Truppen, der 1992 während des Bosnienkriegs | |
| die multiethnische und mehrheitlich von Bosniaken bewohnte Stadt „ethnisch | |
| säubern“ ließ. Tausende Nicht-Serben in Foča und der Nachbarstadt Višegrad | |
| wurden damals ermordet, in Lagern festgehalten oder vertrieben. Hunderte | |
| Frauen wurden in Vergewaltigungslagern malträtiert. Die Republika Srpska | |
| umfasst heute ein Gebiet, das vor dem Krieg mehrheitlich von Nichtserben | |
| bewohnt wurde. | |
| ## Angst unter Nicht-Serben | |
| Der in seine Heimatstadt Foča zurückgekehrte Bosniak Izet Spahić sieht in | |
| diesem Akt eine klare Botschaft an die zurückgekehrten Bosniaken: Den | |
| Kriegsverbrecher zu glorifizieren bedeute, dass man das Massaker von damals | |
| wiederholen wolle. | |
| Ähnliche Zwischenfälle, die den in ihre Heimat zurückgekehrten | |
| [4][Nicht-Serben Angst machen sollen], kommen immer wieder vor. So sang ein | |
| serbischer Polizist in der Stadt Priboj ein Lied, in dem er Schüsse auf die | |
| dortige Moschee forderte. In den Städten Gacko, Janja und Projedor kam es | |
| zuletzt zu ähnlichen Provokationen, in Bijeljina wurden Muslime auch | |
| angegriffen. Gegenreaktionen blieben glücklicherweise aus. | |
| Die serbische Führung in Bosnien wisse genau, dass die Republika Srpska auf | |
| den Verbrechen der ethnischen Säuberungen gebaut ist, „leugnet das aber“, | |
| sagt der ehemalige Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft in | |
| Bosnien und Herzegowina, Valentin Inzko. Im Juli 2021 stellte er die | |
| Verherrlichung von Kriegsverbrechen und die Leugnung des Genozids in | |
| Srebrenica unter Strafe. | |
| Dodik aber ließ das Gesetz auf dem Boden der Republika Srpska vom | |
| Regionalparlament für ungültig erklären. Ana Brnabić, die Premieministerin | |
| Serbiens, entschuldigte die Kriegsverbrechen der Serben jetzt in Banja Luka | |
| damit, dass die serbische Bevölkerung im kroatischen Ustascha-Staat 1941–45 | |
| unterdrückt und viele Serben ermordet wurden. Sie erwähnte mit keinem Wort | |
| den von der serbischen Soldateska durchgeführten Massenmord ab 1992 an | |
| Bosniaken und Kroaten. | |
| 9 Jan 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Provokation-in-Bosnien-Herzegowina/!5805959 | |
| [2] /Krise-in-Bosnien-und-Herzegowina/!5593005 | |
| [3] /Kriegsverbrechen-in-Ex-Jugoslawien/!5776709 | |
| [4] /Experte-ueber-Bosnien-und-Herzegowina/!5812709 | |
| ## AUTOREN | |
| Erich Rathfelder | |
| ## TAGS | |
| Bosnien und Herzegowina | |
| Milorad Dodik | |
| Serbien | |
| Serbien | |
| Bosnien und Herzegowina | |
| Bosnien und Herzegowina | |
| Bosnien und Herzegowina | |
| Lesestück Recherche und Reportage | |
| Srebrenica | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Serbiens Reaktionen auf den Krieg: Seiltanz in Belgrad | |
| Zwischen Erinnerungen an die eigene Bombardierung 1999 und der Nähe zu | |
| Russland: Regierung und Bevölkerung in Serbien sind hin- und hergerissen. | |
| SPD-Abgeordneter über den Balkan: „Demokratische Werte verteidigen“ | |
| Alles blickt auf die Ukraine. Der SPD-Abgeordnete Adis Ahmetovic fordert | |
| mehr Aufmerksamkeit der EU für die brenzlige Lage in Bosnien und | |
| Herzegowina. | |
| Russlands Einmischung auf dem Balkan: Moskau zündelt auch in Bosnien | |
| Die Ukraine-Krise hinterlässt in Bosnien und Herzegowina Spuren. Der Kreml | |
| unterstützt den Nationalisten Dodik, der an einem eigenen Staat arbeitet. | |
| US-Strafmaßnahmen in Bosnien: Dodik und seine Helfer im Visier | |
| In Bosnien und Herzegowina gehen die USA mit Sanktionen gegen die korrupte | |
| Führungselite vor. Damit soll die Einheit des Landes gewahrt werden. | |
| Krise in Bosnien und Herzegowina: Zerreißprobe | |
| Bosnien und Herzegowina wird von kroatischen und serbischen Nationalisten | |
| in Existenznot gebracht. Eindrücke aus einem angespannten Land. | |
| 25. Jahrestag des Massakers in Srebrenica: Der Krieg im Klassenzimmer | |
| Was junge Bosnier*innen in der Schule über Kriegsverbrechen lernen, | |
| hängt stark von der Schule ab. Das Bildungssystem vertieft die Gräben. |