# taz.de -- SPD-Abgeordneter über den Balkan: „Demokratische Werte verteidig… | |
> Alles blickt auf die Ukraine. Der SPD-Abgeordnete Adis Ahmetovic fordert | |
> mehr Aufmerksamkeit der EU für die brenzlige Lage in Bosnien und | |
> Herzegowina. | |
Bild: Europäische Eufor-Soldaten bei einer Übung in Bosnien und Herzegowina | |
taz: Herr Ahmetovic, mit dem Angriff auf die Ukraine müssten die [1][von | |
Putin unterstützten Konflikte] auch auf dem Balkan stärker beachtet werden. | |
Russland unterstützt in diesem Raum massiv nationalistische und | |
antidemokratische Kräfte. Der serbische Nationalist [2][Milorad Dodik] hat | |
am Montag Annalena Baerbock kurz vor ihrem Besuch im Land und damit die | |
deutsche Politik insgesamt scharf angegriffen. Ist das nicht ein direkter | |
Angriff auf die liberalen Demokratien in Europa? | |
Adis Ahmetovic: Wir müssen unsere demokratischen Werte überall verteidigen, | |
auch in der Westbalkan-Region, in Bosnien und Herzegowina. Hier gab es, und | |
das wird oftmals vergessen, vor 30 Jahren einen Krieg auf europäischen | |
Boden, der noch nicht bewältigt ist. Dies, was sich jetzt auf dem Balkan | |
widerspiegelt, legt aber auch ein Stück weit eine Krise der Europäischen | |
Union offen, denn mit Ungarn, den jetzigen Führungen in Slowenien, Kroatien | |
und Polen zeigt sich, dass einige Mitgliedsstaaten sich in Richtung | |
Autokratien oder zu Sympathisanten der russischen Politik entwickeln. Die | |
Reaktionen aus Brüssel darauf sind vielstimmig. Positiv ist, dass | |
Großbritannien derzeit in Bezug auf den Westbalkan einen klaren Standpunkt | |
vertritt und sich gegen die politische Destabilisierung und für Demokratie | |
und Menschenrechte ausspricht. | |
Die EU hat mit ihrer Schwäche in den letzten Jahren ein politisches Vakuum | |
eröffnet. Nicht nur Russland, sondern auch die Türkei, China und andere | |
versuchen, Einfluss auf dem Balkan zu gewinnen. Der Kampf gegen die | |
liberalen Demokratien ist längst im Gange. Welche Antwort will Deutschland | |
auf diese Lage geben? | |
Deutschland muss seine Rolle als liberale Demokratie auf dem westlichen | |
Balkan stärker wahrnehmen. Die demokratischen Kräfte auf dem Balkan und in | |
Bosnien erwarten das auch von uns. Sanktionen dürfen nicht nur gegen | |
Milorad Dodik durchgesetzt werden, sondern gegen einen Teil der politischen | |
Elite, ein ganzes System, auch in anderen Teilen des Landes, das die | |
Menschen als Geisel nimmt. Wir wollen, dass unsere Investitionen bei den | |
Menschen ankommen, wir wollen, dass sich das Land weiter zu einem | |
Rechtsstaat entwickelt und nicht weiter destabilisiert wird. | |
Voraussetzung dafür sind aber erst einmal freie Wahlen. Der Serbenführer | |
Milorad Dodik und der kroatische Extremist Dragen Čović wollen die Wahlen | |
blockieren, wenn das Wahlgesetz nicht zugunsten der kroatischen | |
Nationalisten verändert wird. | |
Die Wahlen im Herbst werden abgehalten. Es gibt ja ein Wahlgesetz. Wir | |
wollen Wahlen, die fair und transparent ablaufen. Eine zukünftige | |
Wahlrechtsreform allerdings darf nicht entlang ethnischer Linien definiert | |
werden, sondern muss sich an den Urteilen des Menschenrechtsgerichtshofes | |
in Straßburg von 2009 orientieren. Die gesamte Gesellschaft muss bei einer | |
Reform des Wahlrechts beteiligt sein. Es geht nicht an, dass so | |
weitreichende Entscheidungen nur mit einigen wenigen ausgehandelt werden. | |
Die kroatischen Extremisten haben am letzten Wochenende gedroht, sie würden | |
einen kroatischen Teilstaat gründen, wenn ihr Wahlgesetz nicht akzeptiert | |
wird … | |
Das ist ein Versuch der Zerschlagung des gemeinsamen Staates und damit ein | |
Angriff auf das Daytoner Abkommen und ein Angriff auf die europäischen | |
Werte. | |
Wie wollen Sie das alles durchsetzen, ohne auch Macht zu zeigen? Seit | |
Jahren wird unter Nato-Militärs diskutiert, Nato-Truppen an die wichtigsten | |
strategischen Punkte in [3][Bosnien und Herzegowina] zu platzieren, doch | |
von der Politik aus ist nichts geschehen. Es gibt zwar eine kleine | |
Eufor-Truppe, die hat aber bisher keine strategisch durchdachte Funktion. | |
Müssen da nicht weiter Nato-Soldaten nach Bosnien und Herzegowina kommen, | |
um Eufor-Altea strategisch neu auszurichten? | |
Die SPD-Fraktion hat schon beschlossen, das Eufor-Mandat zu verlängern, das | |
soll im November 2022 mit den Verbündeten beschlossen werden. Ich bin der | |
Auffassung, dass wir als Deutschland qualitativ und quantitativ an Eufor | |
beteiligt sein müssen. Dafür muss Deutschland bereit sein. | |
Es wird in Bosnien keinen Krieg geben, wenn Eufor-Truppen nach Brčko und | |
Mostar verlegt werden. Es geht dabei vielmehr darum, einen demokratischen | |
Staat in Gänze zu verteidigen und Sicherheit zu schaffen. | |
Wir haben jetzt mit der neuen Regierung, mit Annalena Baerbock und mit Olaf | |
Scholz, die Möglichkeit, in diesem Sinne voranzukommen. In den kommenden | |
Monaten wird die erste Debatte über den westlichen Balkan im Bundestag | |
stattfinden. Das Thema Bosnien und Herzegowina muss endlich einen höheren | |
Stellenwert einnehmen. | |
24 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Erich Rathfelder | |
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