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# taz.de -- Deutsche Reaktionen im Ukrainekrieg: Zählt der Balkan?
> Nach Putins Invasion heißt es: Wir haben gelernt. Wirklich? Warum
> übersieht die Außenministerin dann immer noch den Balkan und die Frauen?
Bild: Mitglieder der Territorialverteidigung in der Ukraine
Die Geschwindigkeit, mit der Politik und Wirtschaft seit einigen Tagen
Dinge tun, ist atemberaubend. Dinge, um die sie Leute, die Putin nicht
unterschätzt haben, jahrzehntelang gebeten haben.
Was aber resultiert aus dem Satz, dass wir zu lange zugeguckt und Putin
unterschätzt haben? Fragen einer lesenden Arbeiterin:
Die Mitarbeiter*innen von Gerhard Schröders Bundestagsbüro bitten ein
paar Tage nach der Invasion Putins in die Ukraine darum, versetzt zu
werden. Mit welchem Gewissen haben diese Mitarbeiter*innen jahrelang
für Schröder gearbeitet, und mit welchem Gewissen können sie jetzt noch
irgendeinen anderen Job im Bundestag tun? Müssten sie sich nicht selbst in
die Reihen der Zivilgesellschaft stellen und wenigstens Suppe austeilen,
statt sich auf einen anderen warmen Bürostuhl in der Regierungskontrolle zu
setzen?
Dieter Reiter, Oberbürgermeister von München, hat den Dirigenten Waleri
Gergijew erst öffentlich an den Pranger gestellt und dann entlassen. War er
nicht schon Oberbürgermeister, als der Dirigent eingestellt wurde und man
genau wusste, was der denkt? Müsste sich nicht auch der Oberbürgermeister
selbst öffentlich an den Pranger stellen und zurücktreten?
## Viele Berichte, viele Fragen
Die Aussage des ukrainischen UN-Botschafters, Deutschland hätte den Krieg
verhindern können, wird vom Bundeskanzler bis hin zu Pazifist*innen von
sich gewiesen. Woher wissen diese Menschen, dass ein Swift-Ausschluss
Russlands und das Einfrieren russischer Konten vor Putins Invasion keine
Konsequenzen gehabt hätten?
Die deutsche Außenministerin wird für ihre feministische Außenpolitik
gefeiert, die darin bestehe, mit dem Verweis auf Mia, ein neugeborenes Baby
in der Kiewer U-Bahn, die UN gegen Putin vereint zu haben. Wäre es nicht
feministische Außenpolitik, die Namen von erwachsenen Frauen zu nennen,
deren Handeln uns dazu bringen sollte, für ihre Zukunft zu kämpfen? Warum
Mia und nicht Nika, eine Journalistin aus Kiew, die bleibt, weil sie ihre
Oma und ihren Mann nicht alleine lassen will, die das Land nicht verlassen
können? Warum Mia und nicht Julia, die weinende Lehrerin, die auf dem Foto
der New York Times mit anderen Frauen zu sehen ist, wie sie mit Gewehren in
den Händen darauf warten, als freiwillige Soldatinnen eingesetzt zu werden?
Die deutsche Außenministerin richtet starke Worte an den russischen
Außenminister. Respekt! Aber wie kann es sein, dass sie vor den Vereinten
Nationen erneut betonte, sie gehöre einer Generation an, die in Frieden
aufgewachsen ist? Wo es doch ihr Parteikollege Joschka Fischer war, der
vorstellbar gemacht hat, dass die Grünen Kriegspartei werden können. Muss
der Satz, das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit, seit Putins
Invasion ergänzt werden: Das erste Opfer des Krieges ist der Balkan, der
nicht zählt?
Immer, wenn es in diesen Tagen heißt: „eine historische Entscheidung“,
gucken sich in Bosnien zwei Nachbarn an und sagen: Endlich handelt der
Westen. Wenn die serbische Politik in Bosnien gerade ein und dasselbe
Bedrohungsszenario wie Putin inszeniert, gucken wir dann so lange zu, bis
es heißt: Wir haben zu lange weggeguckt?
So viele Berichte. So viele Fragen.
6 Mar 2022
## AUTOREN
Doris Akrap
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