# taz.de -- Das krude Weltbild des Franco A.: Er will nur reden | |
> An der rechtsextremen Gesinnung des Bundeswehroffiziers besteht kein | |
> Zweifel. Die Frage ist: Wollte er einen Terroranschlag begehen? | |
Bild: Franco A. hinter Plexiglas. Er ist nicht geimpft und hat keinen aktuellen… | |
FRANKFURT AM MAIN taz | Manchmal kann sich die Lage der Dinge schnell | |
ändern. „Es ist alles ausermittelt“, hat Christoph Koller, der Vorsitzende | |
Richter des Staatsschutzsenats am Oberlandesgericht Frankfurt, noch Mitte | |
Januar festgestellt und in einer Mischung aus Unverständnis und Genervtheit | |
die Ankündigung von Franco A.s Verteidigern entgegengenommen, dass sie noch | |
einmal 10 bis 15 Beweisanträge zu stellen gedenken. | |
Am Samstag vor einer Woche sieht Richter Koller das plötzlich anders. Am | |
Vorabend ist Franco A. in einer S-Bahn-Station in Offenbach von der Polizei | |
kontrolliert worden. Er widersetzt sich den Polizist:innen, fängt an, mit | |
ihnen zu diskutieren, brüllt, [1][wird mit Pfefferspray in Schach gehalten, | |
kurzzeitig festgenommen und durchsucht.] | |
Die Sache wird sofort öffentlich, nicht aber die Tatsache, dass bei Franco | |
A. offenbar brisante Gegenstände gefunden worden sind. Der Richter sieht | |
eine Verdunkelungs- und Fluchtgefahr bei Franco A. und erlässt einen | |
Haftbefehl gegen ihn. In eiligen Fällen kann er das alleine tun. Am | |
Sonntagvormittag rammt ein Spezialeinsatzkommando der Polizei Franco A.s | |
Wohnungstür ein und nimmt ihn fest. Er sitzt nun wieder in | |
Untersuchungshaft. | |
Dabei hatte es lange so ausgesehen, als gäbe es in diesem Prozess keine | |
Überraschungen mehr. Seit Mai 2021 steht der [2][Bundeswehroffizier Franco | |
A., 33 Jahre alt], vor Gericht, weil der Generalbundesanwalt ihm die | |
„Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ vorwirft. Einen | |
Terroranschlag also oder Attentate auf Personen aus der Politik und | |
Zivilgesellschaft, die politisch links stehen, sich für Geflüchtete | |
einsetzen. | |
Die meisten kennen Franco A. wohl als den Soldaten, der 15 Monate lang ein | |
Doppelleben als syrischer Geflüchteter geführt hat. Seine Tarnidentität als | |
„David Benjamin“ flog im Februar 2017 nur auf, [3][weil eine von ihm | |
versteckte Pistole auf einer Flughafentoilette in Wien gefunden wurde.] | |
Zwölf Verhandlungstage waren anfangs angesetzt, um die Frage zu | |
beantworten, ob Franco A. ein Terrorist ist. Inzwischen sind mehr als | |
doppelt so viele vergangen, in größeren und kleineren Sälen des Frankfurter | |
Gerichtskomplexes, alle holzgetäfelt und mit Milchglasscheiben, durch die | |
spärlich Tageslicht hereinfällt. | |
Das Verfahren neigt sich dem Ende zu. Es ist ein zäher Indizienprozess mit | |
einem Angeklagten, der oft so redet, als wüsste er alles besser, in langen | |
Ausführungen seine Weltsicht darlegt und sich, besonders bei Nachfragen, in | |
seinen verwinkelten Gedanken und Sätzen verläuft. Es ist ein Prozess, in | |
dem der Graubereich zwischen rassistischem Reden und Terrorplanung | |
verhandelt wird. In den ersten Sitzungen hat der Vorsitzende Richter sich | |
vieles angehört, was Franco A. erzählt hat. | |
Christoph Koller kann wie ein netter Onkel wirken, wenn er nickt und | |
freundlich nachfragt, die runde Brille nimmt seinem kahlen Kopf das | |
Massive. Aber seit Franco A.s rassistische und antisemitische Ansichten | |
stärker zu Tage treten, ist es mit dieser Freundlichkeit vorbei. | |
## Antisemitische Äußerungen Franco A.s | |
Im September vergangenen Jahres antwortet A. auf die Frage des Richters, ob | |
er den Holocaust für eine historische Tatsache halte, das sei „so eine | |
Gesinnungsfrage“, eine Art „neuer Glaube“, er könne darauf zwar antworte… | |
wolle das aber nicht. Später spricht er von Mächten, die die Welt steuern. | |
Koller bezeichnet das genervt als „Geschwurbel“. Kurz vor Weihnachten | |
eskaliert es dann. | |
Der Verhandlungstag beginnt ohnehin leicht angespannt. Es geht um Corona, | |
Franco A. ist nicht geimpft und hat keinen aktuellen Genesenenstatus, legt | |
aber langwierig dar, weswegen er immun sei. Den Richter beeindruckt das | |
nicht. Er lässt zwei Plexiglasscheiben neben A. aufbauen. Masken auf. | |
Franco A. behauptet dann, die Amerikaner wollten eine Vermischung der | |
Völker, weil sie von den Juden kontrolliert würden. Er bestreitet, dass | |
dies antisemitisch sei, weil er zu dieser Haltung nicht aus „niederen | |
Beweggründen“ komme, sondern aufgrund einer „tieferen sachlichen | |
Auseinandersetzung“ mit dem Thema. Auf der Zuschauertribüne wird gelacht, | |
Richter Koller sagt: „Wenn ich einer Ihrer Verteidiger wäre, hätte ich um | |
eine Pause gebeten.“ | |
Aber A. hört nicht auf, zu diskutieren. Er sagt: „Ich bin kein Rassist, | |
also kann ich kein Antisemit sein.“ | |
Er wird immer lauter. Er beruft sich auf den israelischen | |
Friedensaktivisten Uri Avnery, den auch Linke oft zitieren, wenn sie | |
beweisen wollen, dass ihre Kritik an Israel keinen Antisemitismus | |
darstelle. „Ich belehre Sie jetzt“, sagt Koller. Franco A. könne durch | |
seine Reden Straftaten begehen, Volksverhetzung etwa. Davon lässt sich A. | |
nicht wirklich beirren. | |
Als er anfängt zu erläutern, inwiefern Juden und Deutsche sich abstoßen | |
würden, reicht es Koller endgültig: „Jetzt hören wir auf, uns dieses | |
antisemitische Zeug anzuhören. Ich entziehe Ihnen das Wort.“ | |
Auffällig ist, dass sich Franco A. bei seinen Ausführungen des Öfteren | |
widerspricht. Mal beruft er sich auf Thilo Sarrazins Buch „Deutschland | |
schafft sich ab“ und befürchtet einen „Autogenozid“ der Deutschen, weil … | |
zu viele Menschen ins Land lassen. An einem späteren Prozesstag kritisiert | |
er das Buch, weil es Muslime als Feind darstellt. Er sagt, der Iran werde | |
im Westen zu Unrecht kritisiert, ebenso Russland. | |
A. bezeichnet die Antifa in einem Sprachmemo als SA, sagt aber auch, dass | |
er den antifaschistischen Kampf unterstütze. Einmal lobt er die | |
Berichterstattung der linken Tageszeitung Junge Welt, dann sagt er in einem | |
Audio, Putin werde wie Hitler dargestellt – und schiebt nach: Hitler stehe | |
über allen Dingen. | |
## Ist Franco A. zurechnungsfähig? | |
Unter den Zuschauer:innen des Prozesses gibt es nach solchen Aussagen | |
manchmal Diskussionen, ob Franco A. zurechnungsfähig sei. Das wird vor | |
Gericht allerdings nie infrage gestellt. Rassismus und Antisemitismus | |
müssen auch nicht logisch durchargumentiert sein. | |
Damit das Gericht einen tiefgehenden Einblick in Franco A.s Gedankenwelt | |
bekommt, werden bei dem Prozess auch Sprachnachrichten von A. abgespielt, | |
seine Notizen verlesen oder auf einem Bildschirm gezeigt. | |
Der Angeklagte hat viel Material produziert: Briefe, ungeordnete | |
handschriftliche Ausführungen, Audiodateien, die bisweilen tagebuchartig | |
wirken. Mal ist das Entscheidende im Saal akustisch nicht zu verstehen, mal | |
ist es kaum zu entziffern, mal gibt es Streit, ob eine Notiz der zu | |
schützenden Intimsphäre zuzuordnen ist oder ob es sich um eine „politische | |
Äußerung mit agitativem Charakter“ handelt. Viele Sätze bleiben im | |
Gedächtnis kleben, weil sie deutlich eine antidemokratische Haltung zeigen. | |
Über das Weltbild des Angeklagten hat der Prozess also reichlich Aufschluss | |
gegeben, aber entscheidend für das Urteil ist, ob aus diesem Weltbild etwas | |
folgte. Nämlich die Planung einer terroristischen Tat. Eine rechtsextreme | |
Gesinnung allein ist kein Straftatbestand. | |
Das Gericht muss am Ende entscheiden, ob Franco A. den festen Entschluss | |
hatte, einen Anschlag zu begehen, Menschen zu töten oder zu verletzen. Wie | |
dieses Szenario aussehen könnte, führt der Generalbundesanwalt im Prozess | |
nicht wirklich aus. Die beiden Vertreter:innen von Deutschlands | |
höchster Anklagebehörde halten sich bis auf wenige Ausnahmen ohnehin meist | |
zurück, bei Staatsanwaltschaften kein ungewöhnliches Verhalten. Viele | |
vertreten die Auffassung, mit der Erhebung der Anklage sei ihre Arbeit | |
getan. | |
Wie und wann Franco A. einen Anschlag begangen haben könnte, ist für das | |
Urteil auch gar nicht so entscheidend. Der Paragraf 89a des | |
Strafgesetzbuchs verschiebt die Grenzen der Strafbarkeit weit in das | |
Vorfeld des eigentlichen Terrorakts. Islamist:innen sind auf dieser | |
Basis immer wieder verurteilt worden. | |
Im Prozess gegen Franco A. werden wiederholt Audionachrichten vorgespielt | |
und Notizen vorgelesen, die sich als Wille zur Vorbereitung einer solchen | |
Tat deuten lassen. Da wären Notizen mit Namen wie Anetta Kahane, der | |
Vorsitzenden der Amadeu-Antonio-Stiftung. In der Tiefgarage der Stiftung | |
tauchte Franco A. im Sommer 2016 auch persönlich auf, machte Fotos und | |
Skizzen. Angeblich, so behauptet er es im Gericht, wollte er nur reden. | |
## Aussagen seien „rein metaphysisch“ | |
Er will nur reden, das sagt Franco A. immer wieder im Prozess. Und er redet | |
viel. Bei der Verhandlung am 11. November wird eine Sprachnachricht | |
abgespielt, die A. fünf Jahre zuvor aufgenommen hat. Franco A. sagt: Der | |
Deutsche habe „alles gegeben, wunderbar gekämpft, doch am Ende doch | |
verloren“. Danach fallen Sätze wie „Wir werden diesen Kampf siegreich | |
beenden“ und „Regeln und Gesetze, die gelten für uns ab jetzt nicht mehr�… | |
Auf Nachfrage des Richters behauptet A., er habe diese Sätze so nie vor | |
Publikum gesagt. Dafür deckt sich der Wortlaut der Sprachnachricht | |
allerdings zu sehr mit dem Manuskript für einen Vortrag beim sogenannten | |
Preußenabend im Dezember 2016, einer Runde in München, die ihre Einladung | |
unter anderem an Rechtsextreme und Holocaust-Leugner verschickt. Das | |
Manuskript liegt der taz vor, es kommt im Prozess nie zur Sprache. | |
Ferner behauptet A.: Die Aussagen seien rein „metaphysisch“ gemeint. Koller | |
sagt dazu: „Wenn die Person, die das alles sagt, gleichzeitig illegal | |
Waffen besitzt, da geht es dann in den Bereich des Physischen.“ | |
Den Gedankengang des Richters könne er durchaus nachvollziehen, sagt Franco | |
A.: „Man kann es so lesen.“ | |
Zuvor hatte er im Prozess zugegeben, [4][dass er neben der Pistole aus Wien | |
drei Waffen besessen hat], darunter ein Schnellfeuergewehr vom Typ G3. Wie | |
er an diese Waffen gekommen ist und wo sie sich gegenwärtig befinden, dazu | |
verrät er trotz häufiger Nachfragen nichts. | |
Zwei Wochen später wird ein Waffenhändler aus der Oberpfalz als Zeuge | |
befragt. Franco A. hatte bei ihm im April 2016 eine Montageschiene für ein | |
Zielfernrohr gekauft. Außerdem ist der Waffenhändler an einem Tag im Juli | |
2016 verantwortlich für den Schießstand, auf dem Franco A. mit dem | |
G3-Gewehr trainiert. Kurz zuvor hatte er sich in der Tiefgarage der | |
Amadeu-Antonio-Stiftung aufgehalten, angeblich nur, um zu reden. | |
„Sie sagen immer, das sei alles metaphysisch oder theoretisch“, sagt | |
Richter Koller zu Franco A.. Er findet die zeitliche Nähe zwischen dem | |
mutmaßlichen Ausspähen der Stiftung und dem Waffentraining verdächtig. | |
Koller fragt: „Wenn Sie da in Berlin waren und dann in Bayern – ist das nur | |
ein Zufall?“ | |
Franco A. antwortet: „Es gibt keinen Zusammenhang zwischen diesen | |
Ereignissen. Das können sie mir jetzt glauben oder nicht.“ | |
Richter Koller entgegnet: „Sie werfen uns Bruchstücke hin. Erzählen Sie uns | |
doch mal eine zusammenhängende Geschichte.“ Was Franco A. bisher gesagt | |
habe, hätte den Terrorvorwurf der Bundesanwaltschaft bisher nicht | |
entkräftet. | |
Den Besitz von Schusswaffen erklärt A. damit, dass er sich unter anderem | |
wegen des Krieges im Osten der Ukraine vor einem weltweiten Konflikt | |
fürchte und sich deswegen bewaffnet habe. Reine Selbstverteidigung. Diese | |
Angst soll ihn auch dazu getrieben haben, sich einem Netzwerk von Männern | |
anzuschließen, die sich auf den Zusammenbruch der staatlichen Ordnung | |
vorbereiten, auf den so genannten Tag X. | |
Ende 2015 lädt ein Bundeswehrkamerad Franco A. in die Telegram-Gruppe „Süd�… | |
ein. A. ist dort als „Franki“ unterwegs. Wie ähnliche Gruppen wurde der | |
Chat von dem KSK-Soldaten André S. ins Leben gerufen, der inzwischen | |
deutschlandweit unter dem Decknamen „Hannibal“ bekannt ist. Hannibal hat | |
auch Uniter gegründet, einen ursprünglich gemeinnützigen Verein für | |
Soldaten und Polizisten, der inzwischen als rechtsextremer Verdachtsfall | |
vom Verfassungsschutz beobachtet wird. | |
Im Chat senden Hannibal und ein paar andere angeblich geheime | |
Informationen, die oft nichts weiter sind als mit Paranoia angereicherte | |
Meldungen von islamistischen Schläfern auf dem Weg nach Europa. Für den Tag | |
X bestimmen sie sichere Treffpunkte und Häuser, in die man sich | |
zurückziehen will, so genannte „Pick-up-Points“ und „Safe Houses“. | |
Zumindest einige der Männer wollen sich bewaffnen. | |
Vor Gericht spielt die Frage, [5][mit welchen Personen und Organisationen | |
Franco A. sich in den Jahren vor seiner Verhaftung vernetzt hat], kaum eine | |
Rolle. Selbst der Generalbundesanwalt sieht Franco A. nicht als Teil einer | |
Terrorgruppe, jedenfalls nicht mehr, die Ermittlungen gegen mutmaßliche | |
Mittäter wurden bald eingestellt. | |
## Was geht in Franco A.s Kopf vor? | |
An zwei Verhandlungstagen kommen Franco A.s Verbindungen zum Süd-Chat und | |
zu Uniter dennoch zur Sprache, denn sie könnten etwas mit seinen | |
mutmaßlichen Anschlagsplänen zu tun haben. Zwei Männer, die mit Waffen und | |
Waffenteilen handeln, sagen dazu aus. Der erste ist der Mann aus der | |
Oberpfalz, der Franco A. am Schießstand beaufsichtigt hat. | |
Der untersetzte Mann mit Halbglatze spricht leise. Franco A. habe ihn zu | |
Uniter und zum Süd-Chat geholt. Als Franco A. in seinen Laden gekommen sei, | |
um die Montageschiene zu kaufen, habe A. ein [6][Abzeichen von Uniter] an | |
der Jacke getragen. A. sagt hingegen, er wisse nicht einmal, wie man Uniter | |
richtig ausspricht. | |
Da die Strafprozessordnung es erlaubt, befragt Franco A. nun auch selbst | |
den Waffenhändler und versucht, ihn dazu zu kriegen, dass er sich anders | |
erinnert. Aber der bleibt bei seiner Version und sagt: A. habe das | |
Abzeichen sogar abgenommen und ihm geschenkt. | |
Der zweite Waffenhändler kommt Anfang Dezember in den Gerichtssaal, und den | |
nimmt sich Richter Koller bei seiner Befragung richtig vor. Auch er sei in | |
der Süd-Chatgruppe gewesen, und er könne sich an zwei Treffen von Uniter | |
erinnern, bei denen A. dabei gewesen sei. Er habe ihn zweimal gefragt, wie | |
man ohne Berechtigung an eine Waffe komme, sagt der Zeuge. Das würden zwar | |
viele tun, ihm sei das aber seltsam vorgekommen, da er als Soldat ja | |
Dienstwaffen besessen habe. | |
Koller fragt: „Wollten Sie sich im Safe House bewaffnen?“ Sei es ums | |
Zurückziehen oder ums Kämpfen gegangen? Der Waffenhändler antwortet: „Wenn | |
ich lerne, nach Süden zu fliehen, dann kann ich auch nach Norden angreifen, | |
der Unterschied findet in den Köpfen statt, da kann ich nicht reinschauen.“ | |
In den Kopf von Franco A. kann auch das Gericht nicht hineinschauen. Aber | |
bei dem Delikt geht es eben darum, was im Kopf des Angeklagten vorging. | |
Dann erzählt der Waffenhändler von einem Vorfall im Winter 2016. Für ein | |
Treffen hatte er einen Raum in einem Schützenhaus organisiert und plötzlich | |
sei die Frage aufgekommen, ob ihnen Soldaten am Tag X wohl | |
Bundeswehrkasernen öffnen würden, um an Waffen und Munition zu kommen. | |
„Daraufhin ist die Hälfte aufgestanden und raus gegangen“, sagt der Zeuge. | |
„Die wollten damit nichts zu tun haben.“ | |
Ob Franco A. aufgestanden oder sitzen geblieben sei, will der Richter | |
wissen. | |
Das habe er nicht gesehen, sagt der Waffenhändler. | |
Am 20. Januar betritt ein Zeuge mit kurzgeschorenen Haaren und ganz in | |
Schwarz gekleidet den Gerichtssaal. Er ist wie Franco A. Offizier bei der | |
Bundeswehr, die beiden waren zusammen in Illkirch stationiert und hatten | |
auch privat miteinander zu tun. | |
Der Soldat hat einen Migrationshintergrund, das spielt hier eine Rolle. Sie | |
hätten viel über politische Themen diskutiert, sagt er, über Geflüchtete | |
und „Rassenvermischung“. Er berichtet davon, dass Franco A. an | |
Verschwörungstheorien glaubte, in denen die Bevölkerung durch als Bäume | |
getarnte Antennen überwacht werde und die Politik Kaugummis verteile mit | |
Nervengift. A. sagt, er habe sich zwar mit solchen Theorien beschäftigt, | |
glaube sie aber nicht unbedingt. | |
Der Soldat im Zeugenstand betont, dass er Vorgesetzte auf Franco A. | |
aufmerksam gemacht habe. „Es war hinlänglich im Bataillon bekannt, was Herr | |
A. denkt“, sagt er. | |
Richter Koller lobt ihn für seine Haltung: „Es wäre gut, wenn auch andere | |
Bundeswehrsoldaten so offen aussagen würden.“ | |
Von der Planung eines Anschlags oder Feindeslisten kann jedoch auch dieser | |
Zeuge nichts berichten. An diesem Punkt des Prozesses scheint es so, als | |
hätten weder die Anklage noch die Verteidigung dem Verfahren noch etwas | |
hinzuzufügen. | |
## Was hatte er damit vor? | |
Doch dann lässt Koller Franco A. am vergangenen Sonntag verhaften. Warum er | |
so entschieden hat, ist bis heute nicht eindeutig klar. In einer Mitteilung | |
des Oberlandesgerichts heißt es: Bei A. seien „Gegenstände“ gefunden | |
worden, die eine Verdunkelungs- und auch Fluchtgefahr nahelegen. Worum es | |
sich bei diesen Gegenständen handelt, wollte die Gerichtssprecherin nicht | |
sagen, auch vom Generalbundesanwalt heißt es, man kommentiere laufende | |
Ermittlungen nicht. | |
Nach taz-Informationen wurden bei A. keine Waffen oder Munition | |
sichergestellt. Sein Anwalt Johannes Hock sagt, A. habe Nazi-Orden dabei | |
gehabt, außerdem sein Mobiltelefon und handschriftliche | |
Tagebuchaufzeichnungen. Diese Aufzeichnungen seien aber nicht neu, sondern | |
teils schon viele Jahre alt. Teil der Akte sind sie bisher jedoch nicht, | |
deshalb die Verdunkelungsgefahr. | |
Was hatte Franco A. damit vor? Wollte er sie beiseite schaffen? Und falls | |
ja, warum? | |
Das Gericht könnte die neuen Beweismittel ins Verfahren einführen. | |
Vielleicht können sie dabei helfen, besser in seinen Kopf zu schauen. | |
20 Feb 2022 | |
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