# taz.de -- Plädoyer im Prozess gegen Franco A.: Ein Terrorist, kein Sinnsuche… | |
> Seit einem Jahr wird gegen den Bundeswehroffizier wegen Terrorvorwürfen | |
> verhandelt. Die Bundesanwaltschaft fordert sechs Jahre und drei Monate | |
> Haft. | |
Bild: Der Angeklagte Franco A. spricht zu Prozessbeginn mit Journalisten | |
FRANKFURT AM MAIN taz | Zu Beginn drückt sich die Vertreterin der | |
Bundesanwaltschaft ziemlich umgangssprachlich aus. „Hoher Senat, meine | |
Herren Verteidiger“, sagt Staatsanwältin Karin Weingast, „wären wir nicht | |
in einem Gerichtssaal, würde ich den Angeklagten schlicht einen Lügner und | |
Betrüger nennen.“ [1][Franco A.s] Aussagen seien nicht glaubhaft, das habe | |
die Beweisaufnahme hinlänglich gezeigt. | |
Weingast führt gleich zu Beginn einige erwiesene Falschaussagen an, um zu | |
zeigen: Auch A.s Beteuerungen, er sei ein friedlicher Sinnsuchender, dürfe | |
man nicht glauben. Der 33-Jährige sei vielmehr ein rechtsradikaler | |
Terrorist, der den festen Entschluss gehabt habe, aus einer | |
völkisch-nationalistischen und antisemitischen Gesinnung heraus einen | |
Anschlag gegen Politiker oder andere Personen des öffentlichen Lebens zu | |
begehen. Die Bundesanwaltschaft sieht die „Vorbereitung einer schweren | |
staatsgefährdenden Gewalttat“ als erwiesen an, ebenso unter anderem | |
Verstöße gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und das Sprengstoffgesetz | |
sowie Betrug. Die Forderung der Anklagebehörde: Sechs Jahre und drei Monate | |
Freiheitsstrafe. | |
Seit Mai 2021 verhandelt der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts | |
Frankfurt am Main diesen Fall, der seit seinem Auffliegen 2017 für viel | |
Aufsehen gesorgt hat. Der Bundeswehroffizier Franco A. hat mehr als ein | |
Jahr lang eine doppelte Identität als syrischer Flüchtling geführt und sich | |
Waffen und Munition verschafft, darunter ein Schnellfeuergewehr G3. [2][Er | |
hat sich in dieser Zeit auch mit anderen Preppern des Hannibal-Netzwerks | |
vernetzt.] Aufgeflogen ist er, weil er im Wiener Flughafen eine geladene | |
Pistole aus einem Versteck holen wollte. „Die Tatvorwürfe haben sich in | |
vollem Umfang bestätigt“, sagt Staatsanwältin Weingast. Dass Franco A. bis | |
heute niemandem etwas antun konnte, sei allein einem glücklichen Zufall und | |
der Ermittlungsarbeit zu verdanken. | |
## Keine Erklärung für die Waffe | |
Weingast liest das Plädoyer ab. Zur Herkunft seiner Waffen und Munition | |
habe Franco A. „abstruse Geschichten“ erzählt, sagt sie. Die | |
Bundesanwaltschaft sieht es als erwiesen an, dass Franco A. die Pistole vom | |
Wiener Flughafen ein halbes Jahr zuvor in Paris gekauft hatte. Darauf | |
verweise eine Indizienkette, allen voran die Modellbezeichnung „Rr“ in | |
seinem Smartphone-Kalender, für die es keine andere Erklärung gebe. Franco | |
A. hatte dagegen behauptet, er habe die Waffe beim Pinkeln im Gebüsch | |
gefunden. Diese Geschichte hielt er vor Gericht nicht ernsthaft aufrecht, | |
ohne aber eine andere Erklärung zu liefern. Den Besitz der weiteren Waffen | |
hat Franco A. vor Gericht zugegeben. Er will sie sich zur Verteidigung im | |
Fall eines russischen Angriffs oder eines Bürgerkriegs verschafft haben. | |
In ihrem Plädoyer verwendet die Vertreterin der Bundesanwaltschaft 20 | |
Minuten darauf, [3][Franco A.s Gesinnung] zu schildern. Sie betont, dass | |
diese als solche nicht strafbar sei. Doch sie sei „Triebfeder seines | |
geplanten Anschlags“ gewesen. Sie zitiert Aussagen wie „Migration bedeutet | |
Genozid“, „Zionismus als Wurzel des Übels“ und „Hitler steht über all… | |
Aus seiner Ideologie heraus habe Franco A. ein „politisch wirksames | |
Zeichen“ setzen wollen „gegen das Konstrukt des Staates, dessen Gesetze | |
null und nichtig“ seien. Die Bundesanwaltschaft ist überzeugt, dass es ihm | |
nicht mehr darum ging, ob er einen Anschlag begehen wollte, sondern nur | |
noch, wie. | |
Dazu führt die Staatsanwältin viele Notizen und Sprachmemos als Indizien | |
an. Auf einem Zettel stand: Molotowcocktail herstellen, Handgranate, | |
Sprengung des Rothschildt-Steines in Frankfurt. Es dränge sich zwar auf, | |
dass Franco A. seine Anschläge unter der Identität als Flüchtling begehen | |
wollte, aber am Ende sei das nicht entscheidend. Entscheidend sei, dass | |
sich seine Gewalt nicht gegen Sachen richten sollte, sondern gegen | |
Menschen. Und im Falle von Anetta Kahane, der damaligen Vorsitzenden der | |
Amadeu-Antonio-Stiftung, habe er ein mutmaßliches Opfer bereits | |
ausspioniert. Als belastend wertet die Bundesanwaltschaft auch Franco A.s | |
„Teilschweigen zu offen gebliebenen Fragen“. | |
Franco A. verfolgt das Plädoyer in einem burgunderfarbenen Hemd regungslos, | |
er blickt nach unten. Seit Februar sitzt er wieder in Haft, nachdem er | |
[4][mit NS-Devotionalien erwischt wurde.] Für Freitag ist das Plädoyer der | |
Verteidigung geplant. Das Urteil soll am 5. Juli fallen. | |
20 Jun 2022 | |
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## AUTOREN | |
Sebastian Erb | |
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