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# taz.de -- Prozess gegen Franco A.: Zum Anschlag fest entschlossen
> Zum ersten Mal wurde ein Bundeswehrsoldat wegen rechten Terrors
> verurteilt: Franco A. muss für mehr als fünf Jahre ins Gefängnis.
Bild: Franco A. im Hochsicherheitssaal des Oberlandesgerichts Frankfurt am Frei…
Frankfurt/Main taz | Bevor der Vorsitzende Richter darlegt, warum Franco A.
nach Auffassung des Gerichts ein Terrorist ist, macht er erst mal eine
Vorbemerkung. „Dieser Senat hatte nicht die Aufgabe, über Merkels
Flüchtlingspolitik zu urteilen“, sagt Christoph Koller. Er reagiert damit
auf Unterstellungen der Verteidigung, das hier sei doch nur ein politischer
Schauprozess.
Es sei zu keinen Versuchen gekommen, den Senat zu beeinflussen, sagt der
Richter. Man betriebe auch keine Gesinnungsjustiz. Die Gesinnung des
Angeklagtem sei nicht bedeutsam, um sie zu bestrafen. Aber sie sei ein
Indiz dafür, dass er fest entschlossen war, einen Terroranschlag zu
begehen.
Dass [1][der Bundeswehroffizier Franco A. einen Anschlag geplant hat],
davon ist das Oberlandesgericht Frankfurt überzeugt. Der 33-Jährige wurde
deswegen am Freitag zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt. Das
Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte aus seiner
rechtsextremen Gesinnung heraus einen Anschlag geplant hat, der „bestimmt
und geeignet“ ist, die Sicherheit Deutschlands zu beeinträchtigen.
„Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat“ heißt das
juristisch laut Paragraf 89a des Strafgesetzbuches.
Antrieb sei für Franco A. eine seit Jahren gefestigte rechtsextreme,
völkische und rassistische Einstellung gewesen, so der Richter, besonders
seine Abneigung gegen Menschen jüdischen Glaubens, denen er eine
„Weltherrschaft des Zionismus“ unterstelle. Die Anschlagspläne hätten sich
aus einem unbekannten Grund noch nicht konkretisiert, sagt Koller. Der
Senat habe auch nicht feststellen können, dass Franco A. in seiner
Scheinidentität als Flüchtling – derentwegen wurde er nun auch wegen
Betrugs verurteilt – einen Anschlag begehen wollte. Er habe aber in jedem
Fall ein Zeichen setzen wollen, sagt Koller, „um aus seiner Vorstellung zum
Erhalt der deutschen Nation beizutragen“.
## Für manchen überraschend
Es ist ein bemerkenswertes Urteil. Zum ersten Mal stand ein
Bundeswehrsoldat wegen Rechtsterrors vor Gericht, zum ersten Mal wurde nun
einer deswegen verurteilt. Für manche kommt das überraschend. Das ist es
zumindest, wenn man sich den gesamten Verfahrensgang anschaut. Derselbe
Staatsschutzsenat, der Franco A. nun verurteilte, wollte ursprünglich den
Terrorvorwurf gar nicht verhandeln.
Zuletzt hatte sich aber abgezeichnet, dass der Senat nun doch zu einer
Verurteilung tendiert. Dazu hat auch der Angeklagte selbst beigetragen, der
manches zugab, an den entscheidenden Stellen aber nichts zur Sache beitrug
und sich stattdessen mit NS-Devotionalien erwischen ließ. Die Vertreterin
des Generalbundesanwalts, Karin Weingast, bezeichnete das Urteil als
„wichtigen Erfolg bei der Bekämpfung des Rechtsextremismus, Rassismus und
Antisemitismus“. Sie hatte [2][eine Freiheitsstrafe von sechs Jahren und
drei Monaten gefordert].
Beim Paragraf 89a geht es um einen frühen Status von Terrorplanungen, einen
subjektiven Tatbestand. Das Gericht sieht aber genügend objektive Dinge,
die darauf schließen lassen: Franco A. war fest entschlossen, Menschen zu
töten, die er als Vertreter*innen des verhassten Systems wahrnahm.
Als potenzielle Opfer hatte er demnach Politiker*innen und
Vertreter*innen des öffentlichen Lebens im Blick, die dieses System
repräsentierten und die für die von ihm verhasste Flüchtlingspolitik und
„Umvolkung“ standen: Claudia Roth (Grüne), die damalige
Bundestagsvizepräsidentin, Heiko Maas (SPD), damals Justizminister, und
Anetta Kahane als Vorsitzende der Amadeu Antonio Stiftung.
## Unterstützung im Saal
Franco A. war mit seinen Gedanken nicht allein und er war nicht alleine
unterwegs. Wegen Terrors vor Gericht stand aber doch allein er.
Ursprünglich galten zwei Kameraden als mutmaßliche Mittäter. Sie saßen in
Untersuchungshaft, die Terrorermittlungen gegen sie wurden aber
eingestellt. Einer wurde verurteilt, weil er Waffen für Franco A.
aufbewahrt hatte. Er verfolgt die Urteilsverkündung als Zuschauer. Auch die
Schwester des zweiten verfolgt den Urteilsspruch, sie ist Franco A.s
Verlobte und Mutter der gemeinsamen Kinder.
Gleich zu Beginn führt der Richter aus, in welchen Kreisen sich Franco A.
bewegt hat. Er nennt dessen Mitgliedschaft in der Prepperchatgruppe „Süd“,
in der sich Polizisten, Soldaten, und Waffenhändler auf einen „Tag X“
vorbereiteten, Verschwörungserzählungen über Flüchtlinge austauschten und
sich teils illegal Waffen beschaffen wollten. Er beschreibt auch, wie diese
Organisation in den Verein Uniter e. V. überging.
Franco A. hat sich dann illegal Waffen und Munition beschafft, mindestens
vier Gewehre und Pistolen und mehr als 1.000 Patronen. Deshalb wurde er nun
auch unter anderem wegen Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz und
das Waffengesetz verurteilt.
Und er hat im Juli 2016 mit einem Schnellfeuergewehr G3 samt Zielfernrohr
schießen geübt, wenige Tage nachdem er die Tiefgarage der Stiftung in
Berlin ausspionierte. Zur angeblichen Selbstverteidigung sei all das nicht
nötig, sagt der Richter. Auch für die geladene Pistole, die Franco A.
Anfang 2017 im Wiener Flughafen deponierte, fand das Gericht keine
entlastende Erklärung.
## Richter glaubt ihm nicht
Franco A. verfolgt die Urteilsbegründung zunächst ohne äußerliche Regung,
blickt starr nach vorne. Zwischendurch schüttelt er leicht den Kopf, als
wolle er gleich zu einem Gegenvortrag ansetzen. Aber er hat kein Rederecht
mehr.
Der Richter liest viele der Äußerungen vor, die Franco A. in seiner
Masterarbeit festgehalten hat, anderweitig notiert oder als Sprachmemo
aufgenommen hat. Über Gesetze, die „null und nichtig“ seien, dass er
Migration mit Suizid gleichsetzt, seine Begeisterung für Adolf Hitler. Im
Prozess hatte der Angeklagte stets wortreich argumentiert, er habe ja nur
Gedanken geäußert, es sei um Metaphysik gegangen.
Richter Koller spricht den Angeklagten direkt an: „Nein, Herr A., Ihre
Aufzeichnungen bleiben nicht im Metaphysischen, sie betrafen das reale
Leben, das Sein von Menschen.“ Er führt unter anderem konkrete Angaben zu
Personen und Adressen an. Dass er Claudia Roth „lokalisieren“ wollte. Oder
die Notiz: „Asylanten Granate werfen lassen und filmen.“
Der Vortrag des Richters ist das Gegenteil von dem, wie Franco A. im
Prozess geredet hat. Nicht lang ausschweifend, sondern prägnant auf den
Punkt. Er zitiert ausführlich die Einlassungen des Angeklagten, um sie dann
zu zerreißen: „Das ist nicht glaubhaft“ oder „Diese Einlassung ist
widerlegt“. Nach anderthalb Stunden ist er durch.
## Zurück ins Gefängnis
Franco A. steht auf, läuft in Richtung Zuschauerbereich und versucht, durch
die Trennscheibe ein paar Worte mit seiner Verlobten und seiner Mutter zu
wechseln. Er bekommt die Handschellen wieder angelegt und wird von
Justizbeamten aus dem Senat begleitet. Er muss nun im Gefängnis bleiben.
Das Gericht hat entschieden, dass wegen der langen Verfahrensdauer drei
Monate seiner Haft bereits als vollstreckt gelten.
Franco A.s Verteidigung hat angekündigt, Revision gegen das Urteil
einzulegen. Während [3][der eine Verteidiger, Moritz Schmitt-Fricke, an der
Behauptung festhält,] es sei ein „politischer Prozess“ gewesen, äußert s…
Johannes Hock fast schon rechtsphilosophisch. Das Gericht habe auf Basis
des Gesetzes so entscheiden können, sagt er, der Paragraf 89a sei aber
eigentlich nicht gedacht für eine so lange Anschlagsplanung, bei der dann
nichts passiert.
Eine Sache war während der gesamten Urteilsverkündung kein Thema: Wie genau
Franco A. an die Munition aus Bundeswehrbeständen gelangte und ob das
jemand ernsthaft untersucht hat. Ebenso wenig ist klar, wo sich Franco A.s
Waffen heute befinden. Er hatte im Prozess behauptet, er habe sie entsorgt.
15 Jul 2022
## LINKS
[1] /Prozess-gegen-Franco-A/!5863112
[2] /Plaedoyer-im-Prozess-gegen-Franco-A/!5859475
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## AUTOREN
Sebastian Erb
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Nancy Faeser
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