# taz.de -- Prozess gegen Bundeswehroffizier: Er dachte schon lange an Umsturz | |
> Als Gymnasiast formulierte der rechte Franco A. seine Gedanken in | |
> Notizbüchern. Das ist lange her, aber vor Gericht spielen sie nun eine | |
> Rolle. | |
Bild: Franco A. im Februar im Gerichtssaal in Frankfurt | |
FRANKFURT AM MAIN taz | In einem vom Bundeskriminalamt ausgewerteten | |
Notizbuch schreibt Franco A., ihn beschäftigte gerade ein früherer Eintrag | |
von ihm aus dem Januar 2007. In diesem Eintrag von 2007 führt Franco A. | |
aus, welche Möglichkeiten es gäbe, in Deutschland in seinem Sinne Einfluss | |
zu nehmen. Damals ist er noch am Gymnasium, erst im Folgejahr, am 1. Juli | |
2008, beginnt er seinen Grundwehrdienst. Eine der Optionen sei, so schreibt | |
der Gymnasiast A., „Soldat zu werden“, Karriere zu machen und „sich an die | |
Spitze der deutschen Streitkräfte zu setzen.“ Und: „Darauf würde ein | |
Militärputsch folgen.“ | |
Hat sich Franco A. mit dem Gedanken an einen Militärputsch in Deutschland | |
beschäftigt? Und wenn ja, wie lange schon? Darum ging es am Montag im | |
Prozess vor dem Oberlandesgericht in Frankfurt am Main. | |
Franco A., Oberleutnant der Bundeswehr, muss sich seit Mai 2021 [1][vor | |
Gericht] wegen des Vorwurfs verantworten, er habe eine schwere | |
staatsgefährdende Gewalttat vorbereitet. Der Generalbundesanwalt wirft A. | |
vor, einen oder mehrere Terroranschläge oder -attentate geplant zu haben. | |
A. hat ein Doppelleben als syrischer Geflüchteter Benjamin David geführt | |
und er hat, wie er selbst vor Gericht zugegeben hat, mindestens [2][drei | |
Waffen illegal besessen], darunter ein Schnellfeuergewehr des Typs G3. | |
## Der Putschgedanke bewege ihn | |
Der Vorsitzende Richter Christoph Koller fragt Franco A., ob dieser in die | |
Bundeswehr eingetreten sei, um dann irgendwann einen Militärputsch | |
durchzuführen. Franco A. sagt: Nein, das sei nicht seine Motivation | |
gewesen. Er sagt weiter, dass der Rahmen öffentlicher Diskussionen nun | |
einmal sehr eng sei und seine Notizbücher für ihn der Ort waren, wo er | |
solche Gedanken mit sich besprechen und für sich verarbeiten konnte. A. | |
sagt vor Gericht auch mehrfach, er wolle nicht, dass seine Notizbücher, | |
„sein Innerstes“, hier öffentlich verlesen werde. Als er sagt, er fühle | |
sich „in dieser Sache mehrfach vergewaltigt“, klingt es so, als wäre er den | |
Tränen nahe. | |
A. und der Vorsitzende Richter diskutieren lange und mehrfach, wie weit der | |
Schutz der Intimsphäre auch in tagebuchartigen Ausführungen eigentlich | |
geht. Koller macht deutlich, dass politische Inhalte, auch wenn es um | |
Gefühlsausdrücke geht, durchaus eine Relevanz für das Verfahren haben | |
können. Der Vorwurf, eine terroristische Tat geplant zu haben, verlagert | |
sowohl die Ermittlungen als auch eine richterliche Beurteilung der | |
Handlungen des Angeklagten weit vor den möglichen Zeitpunkt einer solchen | |
Tat. | |
Letztendlich müssen die Richter:innen in Franco A.s Gedankenwelt | |
schauen, deshalb werden beim Prozess Sprachnachrichten von A. abgespielt | |
und seine Notizen von früher verlesen. Aber was hat der Eintrag eines | |
Gymnasiasten von 2007 über eine Putschfantasie noch mit dem Franco A. von | |
heute zu tun? Warum ist das relevant? Entscheidend ist an dieser Stelle | |
wohl, das Franco A. diesen Putschgedanken in seinen späteren Notizen wieder | |
aufgenommen hat, und zwar im Zeitraum 2014/2015, ein genaues Datum wurde | |
vor Gericht nicht genannt. | |
Franco A. schreibt davon, er habe sein erstes Tagebuch wieder gelesen und | |
die Stelle mit den Putschgedanken bewege ihn jetzt, „wo ich beinahe die | |
Streitkräfte hätte verlassen müssen.“ Er schreibt auch, es verwundere ihn, | |
dass er solche Gedanken schon so lange mit sich herumtrage. | |
## Rassistische und radikalnationalistische Inhalte | |
A.s Verweis darauf, dass er fast die Bundeswehr verlassen musste, gibt | |
einen Hinweis darauf, zu welchem Zeitpunkt er sich noch einmal über | |
Militärputschfantasien Gedanken macht und einen Bezug zu seinen Notizen aus | |
dem Januar 2007 herstellt. Im Januar und Februar [3][2014 bekam A. nämlich | |
Ärger mit der Bundeswehr]. Und zwar wegen seiner Masterarbeit, die | |
stellenweise Züge einer antisemitischen Hetzschrift trägt. | |
A. lernt damals in einer französischen Militärakademie. Der französische | |
Offizier, der A.s Arbeit beurteilt, schreibt an seine Kollegen bei der | |
Bundeswehr, was A. da geschrieben habe, enthalte schwere Mängel. „Wenn es | |
ein französischer Lehrgangsteilnehmer wäre, würden wir ihn ablösen.“ Ein | |
deutscher Gutachter stellt in der Arbeit „radikalnationalistische“ und | |
„rassistische“ Inhalte fest, A. wird zu seiner Arbeit vernommen. | |
Letztendlich belassen es die Verantwortlichen in der Bundeswehr jedoch | |
dabei, A. zu belehren und ihn eine neue Arbeit schreiben zu lassen. | |
Um mögliche antisemitische Einstellungen ging es auch in einem anderen, vom | |
Gericht verlesenen Eintrag A.s, auch dieser wurde keinem genauen Zeitpunkt | |
zugeordnet. Darin schreibt A: „Man darf den Leuten nicht zu schnell die | |
Endlösung zumuten. Sie würde ihnen zu radikal erscheinen.“ Die Menschen | |
könnten die Zwischenschritte hin zu einer solchen Lösung nicht | |
nachvollziehen. Sie sähen nur Anfang und Ende. | |
„Mir würde das Schreibgerät abbrechen, wenn ich so etwas zu Papier bringen | |
würde“, kommentiert Richter Christoph Koller am Montag. Franco A. | |
antwortet, diese Passage sei mit Sicherheit „spirituell gemeint“ gewesen, | |
so wie es auch bei vielen anderen seiner Ausführungen sei. Er wolle diesen | |
Abschnitt aus seinen Notizen aber noch einmal lesen und bei der nächsten | |
Verhandlung am 2. Mai dazu Stellung nehmen. | |
25 Apr 2022 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Schulz | |
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