# taz.de -- Rot-Grün-Rot auf dem Weg: Friede, Freude, Zustimmung | |
> Beim kleinen Parteitag der Grünen gibt es anders als bei der Linkspartei | |
> kaum Kritik am Koalitionsvertrag. | |
Bild: Hatte nicht so viel Lob beim kleinen Grünen-Parteitag erwartet: Bettina … | |
Berlin taz | Welch' Kontrast: Während beim angestrebten Koalitionspartner | |
Linkspartei eine führende Abgeordnete ein „Nein“ zum Bündnisvertrag | |
empfiehlt und Kritiker einen Sonderparteitag durchsetzten, überschlagen | |
sich die Grünen derzeit in Zustimmung. „Ich bin überwältigt, ich hatte | |
gehofft, dass Ihr das okay findet, aber mit soviel Lob und Dank hatte ich | |
nicht gerechnet“, sagte Bettina Jarasch, mutmaßliche künftige | |
Vize-Regierungschefin zum Ende eines kleinen Parteitags am Mittwochabend. | |
Das online abgehaltene Treffen mit rund 120 Teilnehmern, offiziell eine | |
Sitzung des Landesausschusses, traf zwar keine Entscheidung über die | |
Annahme des am Montag vorgestellten Koalitionsvertrags mit SPD und | |
Linkspartei. Diese Aufgabe bleibt einem Landesparteitag am 12. Dezember | |
überlassen. Doch die Rückmeldungen aus den Reihen der Zugeschalteten waren | |
eindeutig: Bis auf die Grüne Jugend, die sich schon am Montag in einer | |
Pressemitteilung nicht zufrieden mit dem Vertrag gezeigt hatte, gab es fast | |
nur Zustimmung zum Gesamtwerk, teils begleitet von Detailkritik. | |
„Zukunftshauptstadt (so ist der Koalitionsvertrag überschrieben, d. taz) | |
sieht anders aus“, hieß es schon am Montag vom Parteinachwuchs. Doch | |
deshalb den Vertrag ablehnen will aber auch er nicht: „Statt Feiern heißt | |
es für die Grüne Jugend Berlin jetzt arbeiten, in den nächsten 5 Jahren | |
werden wir die Regierung kritisch begleiten.“ | |
Noch-Parteichef Werner Graf – er und seine Co-Chefin Nina Stahr geben den | |
Vorsitz beim Parteitag in eineinhalb Wochen wegen ihrer neuen | |
Abgeordnetenmandate auf – rückte die Kritik der Grünen Jugend dann doch | |
etwas zurecht. „Ja, das ist nicht das grüne Wahlprogramm“, sagte er, aber | |
man habe viel durchgesetzt, beispielsweise die Verzehnfachung der | |
Parkgebühren, die den Ausbau von Bus und Bahn mitfinanzieren soll. | |
Gleich mehrere Redner sahen es als entscheidenden Verhandlungserfolg der | |
Grünen an, dass sie künftig die Senatsverwaltung für Finanzen führen. | |
Darunter war auch der Chef-Finanzer der Partei, Schatzmeister Henning | |
Bublitz. „Mit dem Finanzressort in unseren Händen können wir die Leute | |
machen lassen“, sagte der mit Blick auf die vielen neuen Stadträte seiner | |
Parteien in den Bezirken. | |
## Jarasch: „Nächster Impfstoff aus Berlin“ | |
Wen die Grünen für diesen Senatsposten vorschlagen, ist offiziell noch | |
offen. Ganz hoch gehandelt wird aber die auch zugeschaltete | |
Charlottenburger Bundestagsabgeordnete Lisa Paus, die finanzpolitische | |
Sprecherin ihrer Fraktion, die sich unter anderem bei der Zukunft des | |
Dragonerareals in Kreuzberg engagierte. Paus selbst erwiderte eine | |
taz-Anfrage wegen dieser Spekulation nicht. | |
Jarasch hatte eingangs für die Grüne zentrale Punkte des Koalitionsvertrags | |
resümiert. In der Bau- und Verkehrspolitik betonte sie, dass die A100 nicht | |
über die Elsenbrücke hinaus verlängert wird, dass eine Bebauung am | |
Tempelhofer Feld bis 2026 vom Tisch sei und die Autobahnbrücke am | |
Breitenbachplatz zurück gebaut werde. | |
Mit Blick auf den Wissenschaftsstandort Berlin in der Corona-Krise sagte | |
Jarasch, die als künftige Senatorin für Gesundheit und Wissenschaft | |
gehandelt wird: „Ich möchte, dass der nächste Impfstoff in Berlin | |
entwickelt wird.“ Zudem hob sie wie Parteichef Graf Parkgebühren und ein | |
Gästeticket als Erfolg auf dem Weg zur Mobilitätswende hervor | |
Was sie dabei nicht sagte: Diese ab 2023 auf zehn Euro monatlich – derzeit | |
ist das der Jahrespreis – anzuhebende Gebühr fürs Anwohnerparken will | |
Koalitionspartner Linkspartei noch sozial staffeln. Das mindert zum einen | |
die Einnahmen, zum anderen bringt es einen zusätzlichen, auch Kosten | |
verursachenden Verwaltungsaufwand mit sich. Und beim Gästeticket für | |
Touristen gibt es noch nicht mal einen Starttermin: SPD-Chefin Franziska | |
Giffey will die schon gebeutelte Hotelbranche damit nicht belasten, solange | |
Corona währt, und „in Ruhe“ mit der Branche darüber reden. | |
## Kapek: Video ist „fette Kröte“ | |
Fraktionschefin Antje Kapek nahm einen kritischen Punkt vorweg, bevor sich | |
die Basis daran abarbeiten konnte: „Wir mussten eine fette Kröte schlucken, | |
die Videoüberwachung“, sagte sie, „das tut weh, aber richtig.“ Dafür ab… | |
habe man 60 neue Blitzer durchsetzen können, aus ihrer Sicht „eine | |
Cash-Cow“, mit der sich Verkehrstote verhindern und zugleich viele Gelder | |
einnehmen lassen. | |
Die Zufriedenheit bei diesem kleinen Parteitag ging soweit, dass mehrere | |
Rednerinnen und Redner gut die Hälfte ihrer zweiminütigen Zeit am | |
Online-Mikro auf Lob für und Dank an das Verhandlungsteam verwandten und | |
inhaltlich weniger zu sagen hatten. Bei soviel Einigkeit passte es nicht | |
ganz, dass die Versammlungsleitung abschließend für eine engagierte Debatte | |
dankte – „Debatte“, vom französischen „débattre“, niederschlagen, w… | |
schließlich ein Austausch konträrer Positionen gewesen. | |
2 Dec 2021 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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