| # taz.de -- Rot-grün-rote Koalition in Berlin: Keine Lust auf Happy Family | |
| > Der Start von Rot-Grün-Rot gerät rucklig – vor allem in der Linken rumort | |
| > es. Aber auch ohne Sympathie füreinander kann's gehen. Ein | |
| > Wochenkommentar. | |
| Bild: Mit Sicherheitsabstand: Rot-Grün-Rot präsentiert den Koalitionsvertrag | |
| Nein, ein entspannter [1][Einstieg in eine rot-grün-rote Koalition] war das | |
| diese Woche nicht. Schon die Vorstellung des Koalitionsvertrags am Montag | |
| kam zwei Tage später als angekündigt, weil einfach noch zu viele Punkte | |
| strittig gewesen waren. Und dann preschte Franziska Giffey (SPD), die | |
| designierte Regierende, via Instagram vor und verkündete im Alleingang den | |
| Zieldurchlauf und die geplante Vorstellung am Montagmittag. Zum hörbaren | |
| Missfallen der designierten Vize-Bürgermeistern Bettina Jarasch (Grüne), | |
| die in einem RBB-Interview versuchte, ihre „Verwunderung“ darüber möglich… | |
| wenig vorwurfsvoll klingend wegzulachen. | |
| Die [2][Geschichten von der guten Laune] bei Spaziergängen und | |
| Geburtstagsständchen, die Grünen-Landeschef Werner Graf anlässlich der | |
| Vorstellung des Koalitionsvertrags erzählte, die von allen wiederholte | |
| Devise, dass Gründlichkeit vor Schnelligkeit gehe und dass es eben „nicht | |
| die einfachen, sondern die besten Antworten“ für Berlin brauche, wie | |
| Werners Co-Chefin Nina Stahr sagte: Mag alles sein. | |
| Aber wenn man diese Koalition als Beziehung zwischen drei Partnern sieht, | |
| dann gibt es bereits vor dem offiziellen Hochzeitstermin am 21. Dezember – | |
| da will sich die Regierende Franziska Giffey (SPD) vom Abgeordnetenhaus | |
| wählen lassen – viel Schlichtungsbedarf. Und grundsätzlich ist es ja | |
| meistens so, dass die Stimmung nicht ganz so toll ist, wenn man das extra | |
| oft behaupten muss. | |
| Zumindest ein Teil der Linken-Basis – wie relevant er ist, wird man bald | |
| sehen – hatte auch ziemlich schnell keine Lust mehr, Happy Family zu | |
| spielen: Am Mittwoch rief [3][Katalin Gennburg im taz-Interview] ihre | |
| ParteigenossInnen dazu auf, bei dem seit Freitag laufenden | |
| Mitgliederentscheid über den Koalitionsvertrag mit „Nein“ zu stimmen. | |
| Gennburg fürchtet eine „Abkehr von sozialer Stadtplanung“ durch die SPD, | |
| die das Stadtentwicklungsressort von der Linken übernehmen soll. Der | |
| Neubau, den die SPD forciert, sei nicht sozial ausgerichtet. Viele ihrer | |
| ParteifreundInnen dürften das auch so sehen. Aber will man sich deshalb die | |
| Möglichkeit nehmen, in einer Regierung mitzugestalten? In zwei Wochen wird | |
| ausgezählt. | |
| ## Eine „offene Situation“ | |
| Die Linke wurde in Berlin auch dafür gewählt, sich als einzige Partei | |
| hinter den Volksentscheid für die Enteignung großer Wohnungskonzerne | |
| gestellt zu haben. Selbst Katalin Gennburg sagt, es sei jetzt eine „offene | |
| Situation“, was aus dem Volksentscheid werde, dessen Umsetzung zunächst | |
| einmal ein einjähriger Arbeitskreis beraten wird. Aus der Opposition heraus | |
| könnte die Linke vielleicht gemeinsam mit der Initiative „Deutsche Wohnen | |
| und Co. enteignen“ ein paar Demos organisieren – gestalten kann sie nur in | |
| der Regierung. | |
| Insbesondere der Sonderparteitag an diesem Samstag dürfte jetzt spannend | |
| werden. Mit Blick auf die Koalitionsbildung 2016, als sich Rot-Rot-Grün vor | |
| lauter Vorfreude auf die kommenden Jahre kaum halten konnte, muss man | |
| sagen: Dieser Start ist ruckliger. Aber vielleicht ist die ehrliche | |
| Auseinandersetzung auch zielführender als gemeinsame Geburtstagsständchen. | |
| Das Gute an einem politischen Bündnis ist ja, dass man sich nicht mögen | |
| muss, um gemeinsam anzukommen. Man muss bloß klären, wo das sein soll. | |
| 4 Dec 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anna Klöpper | |
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