# taz.de -- Rot-Grün-Rot in Berlin: Linke drohen mit Oppositionsarbeit | |
> In der Berliner Linken ist der Koalitionsvertrag umstritten. Einige | |
> Politiker*innen wollen per Mitgliederentscheid lieber in die | |
> Opposition. | |
Bild: „Soziale Offensive“ auf dem Zettel: Katja Kipping, bald vielleicht So… | |
BERLIN taz | Katalin Gennburg macht mobil. Mindestens drei Interviews gab | |
die linke Stadtentwicklungspolitikerin aus Berlin bereits diese Woche. | |
Zuerst [1][der taz], dann [2][dem Jacobin-Magazin] und schließlich noch | |
[3][dem Tagesspiegel]. Der Grund: Die in der Mietenbewegung gut vernetzte | |
und direkt ins Abgeordnetenhaus gewählte Linke will nicht mit der SPD und | |
den Grünen regieren. | |
Gennburg verhandelte zwar den [4][am Montag vorgestellten | |
Koalitionsvertrag] mit, ist mit dem Ergebnis aber äußerst unzufrieden. | |
„Wenn die Inhalte nicht stimmen, muss man auch mal Nein zu einer | |
Regierungsbeteiligung sagen“, sagte sie der taz. Es gebe aus ihrer Sicht | |
einen klaren Kurswechsel weg von einer kommunalen Wohnraumversorgung hin zu | |
einer Entfesselung der privaten Bauwirtschaft. Den Kurs dürfe man nicht | |
mitmachen: „Wenn er unter einer Ampel vollzogen würde, dann gäbe es | |
immerhin eine linke Opposition im Parlament“, so Gennburg. | |
Gemeinsam mit anderen linken Kritiker*innen erzwang sie einen | |
Sonderparteitag, auf dem am Samstag über die Regierungsbeteiligung | |
diskutiert wird. Eine Ablehnung des Koalitionsvertrags dort wäre allerdings | |
nur ein symbolischer Erfolg der Kritiker*innen. Entscheidend ist der | |
Mitgliederentscheid – also die schriftliche Befragung der 8.000 Mitglieder | |
des Landesverbands. Während 2016 noch 90 Prozent der Linken Rot-Rot-Grün | |
wollten, ist die Zustimmung diesmal keine Formsache. Das Ergebnis soll in | |
zwei Wochen vorliegen. | |
Die rot-grün-rote Koalition in Berlin droht damit kurz vor der Zielgeraden | |
noch auf die Nase zu fallen. Nach kräftezehrenden Verhandlungen könnte | |
damit doch noch die Ampel kommen. Während SPD und Grüne zu den | |
[5][innerlinken Konflikten vielsagend schwiegen], wollte sich auch die | |
linke Parteiführung um Katina Schubert nicht wirklich dazu einlassen: „Der | |
Landesvorstand befasst sich nicht mit den Äußerungen einzelner Mitglieder, | |
einzelner Gremien oder Fraktionen.“ | |
## Rettet Katja Kipping Rot-Grün-Rot? | |
Immerhin konnte die Landesvorsitzende noch ein Ass aus dem Ärmel ziehen. So | |
verkündete Schubert am Mittwoch, dass für die allseits [6][geachtete und | |
durchsetzungsstarke Sozialsenatorin Elke Breitenbach] eine prominente | |
Nachfolgerin bereitstünde: die erfahrene Sozialpolitikerin und ehemalige | |
Linken-Chefin Katja Kipping – für nicht wenige Mitglieder dürfte das ein | |
Argument pro Koalition sein. | |
Bauchschmerzen dürften viele Linke dennoch haben. Das liegt insbesondere an | |
der für Berlin extrem wichtigen Wohnungspolitik: Erst sprangen im | |
Koalitionsvertrag der Ampelparteien auf Bundesebene für von Verdrängung | |
bedrohte Mieter*innen nicht viel mehr als ein paar warme Versprechen | |
heraus. Dann verlor die Linke in den Koalitionsverhandlungen auf | |
Landesebene auch noch die für Mietenpolitik wichtige Senatsverwaltung für | |
Stadtentwicklung und Wohnen. | |
Unter linker Führung hatte Berliner Wohnungspolitik auch bundesweite | |
Strahlkraft entfaltet – mit klaren sozialen Kriterien bei den kommunalen | |
Wohnungsunternehmen und unkonventionellen Konzepten wie Mietendeckel und | |
Ausweitung von Milieuschutzgebieten. Die vergangenen fünf Jahre waren ein | |
Bruch mit der zuvor eher investorenfreundlichen SPD-Politik. | |
Aufgrund verschobener Machtverhältnisse konnte die designierte regierende | |
SPD-Bürgermeisterin, Franziska Giffey, allerdings rote Linien ziehen – eine | |
Rückkehr des Wohnungsressorts zur SPD gehörte dazu. Auch dem | |
Vergesellschaftungs-Volksentscheid steht Giffey ablehnend gegenüber. In der | |
Linken fragt man sich deshalb, aus welcher Position man die | |
Auseinandersetzung mit Giffey besser führen kann – aus der Opposition | |
heraus oder aus dem Senat. | |
Auch in den sozialen Medien formierte sich Widerstand: Dort gründete sich | |
der Account [7][„Für eine linke Opposition in Berlin“], der unter dem | |
Hashtag #NeinzumKoalitionsvertrag mobilisierte. Gennburg erhielt auch | |
Unterstützung von Teilen der Neuköllner Linken. Ebenso sprach sich der | |
linke Jugendverband Solid für die Opposition aus. Andere führende | |
Mitglieder rechneten dennoch mit einer Mehrheit pro Regierungsbeteiligung | |
beim Mitgliederentscheid. | |
2 Dec 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Kritik-am-Koalitionsvertrag/!5815729 | |
[2] https://jacobin.de/artikel/sollte-die-linke-in-berlin-regieren-katalin-genn… | |
[3] https://plus.tagesspiegel.de/berlin/berliner-linke-muss-sich-entscheiden-wi… | |
[4] /Rot-gruen-roter-Koalitionsvertrag/!5815671 | |
[5] /Linke-Abgeordnete-gegen-Rot-Gruen-Rot/!5815810 | |
[6] /Grosse-Namen-in-Berliner-Sozialpolitik/!5815815 | |
[7] https://twitter.com/linke_Opp_BLN | |
## AUTOREN | |
Gareth Joswig | |
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