| # taz.de -- Nachverhandlungen zum Koalitionsvetrag: Bitte noch ein Ressort mehr | |
| > Könnte die Linke bei einem Nein ihrer Mitglieder zum Koalitionsvertrag | |
| > nachverhandeln? 1996 gelang der SPD genau das. | |
| Bild: Die Verhandlungsführer der Koalitionsgespräche 1996: Eberhard Diepgen (… | |
| Berlin taz | Am Freitagabend wird die Berliner Linke das Ergebnis ihrer | |
| Mitgliederbefragung über die Annahme des Koalitionsvertrages mit SPD und | |
| Grünen verkünden. Nachdem die Kritiker:innen der | |
| Verhandlungsergebnisse, [1][allen voran die Stadtpolitikerin Katalin | |
| Gennburg] massiv Stimmung für die Ablehnung gemacht hatten, ist diese | |
| zumindest nicht unvorstellbar. Doch was passiert wenn die Mehrheit der | |
| Linken-Mitglieder den Vertrag ablehnt? | |
| Schaut man auf die Argumente in der [2][Debatte zwischen | |
| Befürworter:innen und Gegner:innen dieser Regierungsbeteiligung] | |
| geht es nicht so sehr um die ewig linke Grundsatzfrage des Regierens in | |
| einem falschen System. Es geht um Konkretes. Auf Unmut stoßen vor allem der | |
| Verlust des Stadtentwicklungsressort an die Neubaufanatiker der SPD und die | |
| Einsetzung einer Enteignungskommission, die ein Jahr lang nicht mehr tun | |
| soll als prüfen. Viele, die jetzt mit Nein stimmen, dürften damit zumindest | |
| die leise Hoffnung verbinden, die Verhandlungsergebnisse in ihrem Sinne | |
| nachzubessern. | |
| Dass Nachverhandlungen zum Erfolg führen können, haben in Berlin | |
| ausgerechnet die Sozialdemokraten schon einmal bewiesen. 1996 kam die | |
| Parteispitze mit einem viel kritisierten Ergebnis aus den | |
| Koalitionsverhandlungen mit der Wahlsiegerin CDU. Auf Kritik in der | |
| Parteibasis stieß vor allem, die vereinbarte Ressortaufteilung. Die | |
| SPD-Verhandler:innen um Klaus Böger hatten keines der als zentral | |
| eingeschätzten Ressorts Inneres, Finanzen und Wirtschaft für sich | |
| ausgehandelt, sich dafür aber mit ihren Lieblingsabteilungen selbst | |
| versorgt. | |
| Noch ehe der Landesparteitag für den großen Ablehnungsknall sorgen konnte, | |
| drängte der Landesausschuss auf Nachverhandlungen. Und obwohl die CDU um | |
| Bürgermeister Eberhard Diepgen und Fraktionschef Klaus-Rüdiger Landowsky | |
| das zunächst ausgeschlossen hatte, stimmte sie schließlich zu. Aus Sorge | |
| davor, dass das Zustandekommen der Koalition scheitern würde, überließ man | |
| der SPD das Finanzressort. Annette Fugmann-Heesing übernahm später das Amt | |
| als oberste Sparsenatorin. | |
| ## Nachgeben als Schwäche | |
| Auf den folgenden Parteitagen freute man sich bei der SPD bis in den linken | |
| Flügel hinein, das Beste herausgeholt zu haben, bei der CDU musste sich die | |
| Führung dagegen harter Kritik erwehren. Mehrmals wurde Diepgen von Buhrufen | |
| und provozierendem Applaus unterbrochen und musste Forderungen nach | |
| erneuten Nachverhandlungen oder gar Neuwahlen entgegentreten. Schließlich | |
| aber wurde die Koalition gebilligt. | |
| Zugute kam der SPD damals, dass die CDU keine andere Wahl hatte, als mit | |
| ihr zu koalieren. Das ist heute anders. Sagt die Basis der Linken nein, | |
| könnte sich der Landesvorstand zwar bei seiner Sitzung am Montag für | |
| Nachverhandlungen aussprechen, wie Geschäftsführer Sebastian Koch sagt, | |
| aber für SPD und Grüne gäbe es keinen Zwang darauf einzugehen. | |
| Denn mit der FDP steht [3][Franziska Giffeys favorisierter | |
| Koalitionspartner] als Ersatz bereit. Auch für jene Sozialdemokraten und | |
| Grüne, die keine Präferenzen für die Neoliberalen haben, dürfte das ein | |
| attraktiveres Szenario sein, als auf Nachverhandlungen einzugehen und | |
| daraus als Geschlagene hervorzugehen. | |
| 16 Dec 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Kritik-am-Koalitionsvertrag/!5815729 | |
| [2] /Sonderparteitag-der-Berliner-Linken/!5817234 | |
| [3] /Parallelsondierungen-in-Berlin/!5807517 | |
| ## AUTOREN | |
| Erik Peter | |
| ## TAGS | |
| Rot-Grün-Rot | |
| Die Linke Berlin | |
| Eberhard Diepgen | |
| Koalitionsverhandlungen | |
| Die Linke Berlin | |
| Die Linke Berlin | |
| Die Linke Berlin | |
| Die Linke Berlin | |
| Die Linke Berlin | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Linke stimmt über Koalitionsvertag ab: „Das ist ein Zweckbündnis“ | |
| Kommt in Berlin erneut Rot-Grün-Rot? Der Abgeordnete Tobias Schulze wirbt | |
| dafür, die Chancen für eine linke Politik zu nutzen. | |
| Sonderparteitag der Berliner Linken: Mühsames Werben für Rot-Grün-Rot | |
| Auf dem Parteitag der Linken nimmt die Spitze den Unmut eines Teils der | |
| Basis zum Koalitionsvertrag ernst. 8.000 Mitglieder stimmen darüber ab. | |
| Rot-grün-rote Koalition in Berlin: Keine Lust auf Happy Family | |
| Der Start von Rot-Grün-Rot gerät rucklig – vor allem in der Linken rumort | |
| es. Aber auch ohne Sympathie füreinander kann's gehen. Ein Wochenkommentar. | |
| Inis zu Berliner Koalitionsvertrag: Berlin regieren, aber mit links | |
| Mitregieren oder besser doch in die Opposition? Linke Gruppen diskutieren | |
| den rot-grün-roten Koalitionsvertrag. | |
| Rot-Grün-Rot in Berlin: Linke drohen mit Oppositionsarbeit | |
| In der Berliner Linken ist der Koalitionsvertrag umstritten. Einige | |
| Politiker*innen wollen per Mitgliederentscheid lieber in die | |
| Opposition. |