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# taz.de -- Sonderparteitag der Berliner Linken: Mühsames Werben für Rot-Grü…
> Auf dem Parteitag der Linken nimmt die Spitze den Unmut eines Teils der
> Basis zum Koalitionsvertrag ernst. 8.000 Mitglieder stimmen darüber ab.
Bild: Katina Schubert auf dem linken Parteitag ihrer Partei am 4. Dezember 2021…
Berlin taz | Rot-Grün-Rot hat die nächste Hürde genommen: Der
Sonderparteitag der Berliner Linken am Samstag, bei dem einzig die
Diskussion über den frisch ausgehandelten rot-grün-roten Koalitionsvertrag
auf der Tagesordnung stand, versprach durchaus kein Spaziergang für die
Landesspitze um Parteichefin Katina Schubert zu werden. Ein Antrag von 29
Delegierten rund um die [1][Mietenexpertin und Treptow-Köpenicker
Abgeordnete Katalin Gennburg] hatte ein „Nein“ zum Koalitionsvertrag
gefordert – und damit eine Regierungsbeteiligung der Linken infrage
gestellt. Doch am Ende wurde über den „Nein“-Antrag gar nicht erst
abgestimmt. Die Basis bekommt beim laufenden Mitgliederentscheid über den
Koalitionsvertrag also kein Votum in die eine oder die andere Richtung mit
auf den Weg.
Dass die Parteispitze [2][die teils kritische Stimmung an der Basis] aber
durchaus ernst nimmt, ließ sich an der RednerInnenliste ablesen: Auch die
Vorsitzende im Bund, Susanne Hennig-Wellsow, hatte sich online zugeschaltet
– wegen der Pandemie fand der Parteitag komplett digital statt. Der
Berliner Koalitionsvertrag, mahnte Hennig-Wellsow die Berliner GenossInnen,
sei immer „der Beginn von Politik und nicht das Ende“. Gerade der Berliner
Landesverband habe in den letzten Jahren gezeigt, dass man glaubwürdig
linke Realpolitik machen könne. „Andere Landesverbände schauen auf euch“,
sagte Hennig-Wellsow. Und mit Blick auf das katastrophale Abschneiden der
Linken im Bund: „Ihr habt eine Verantwortung auch auf Bundesebene.“
Die KritikerInnen von Rot-Grün-Rot in der Linkspartei stören sich aber vor
allem an dem, was zur Mietenpolitik im Koalitionsvertrag vereinbart wurde,
oder besser: an dem, was dort nicht vereinbart wurde. „In Abwägung von Vor-
und Nachteilen“, heißt es in dem Antrag von Gennburg und Co, stelle man
fest, „dass der vorliegende Koalitionsvertrag keine hinreichende Grundlage
für den Eintritt in die Berliner Landesregierung darstellt“. Es sei ein
„Rollback“ in der sozialen Stadtentwicklungspolitik zu befürchten, heißt
es. Die SPD, die das Ressort künftig verantworten soll, setze einseitig auf
Neubaupolitik vor allem mit privaten Investoren.
Ebenfalls zentral für die KritikerInnen: Der „politische Wille“, den
Volksentscheid für das Enteignen großer Wohnungskonzerne umzusetzen, den
die Linke als einzige Partei unterstützt hatte, sei „nicht vereinbart“
worden.
## Mehrheit von knapp 58 Prozent
Über den „Nein“-Antrag am Ende gar nicht erst abzustimmen war dann ein
durchaus geschickter Schachzug der Landesvorsitzenden Schubert, die in den
vergangenen Wochen für die Linke den Koalitionsvertrag maßgeblich mit
verhandelt hatte. Eine Mehrheit von knapp 58 Prozent folgte Schuberts
Antrag. So wurde ein Offenbarungseid für die Parteispitze verhindert: Es
gibt zwar Unmut in der Linken, aber wie groß er ist, wurde am Samstag nicht
in Prozentpunkten festgehalten. Denn selbst wenn der „Nein“-Antrag nicht
durchgekommen wäre, hätte ein knappes Ergebnis sicher Einfluss gehabt auf
den noch bis zum 17. Dezember um 13 Uhr laufenden Mitgliederentscheid.
Schubert sagte, die Empfehlung eines Parteitags wirke „wie eine Vorschrift“
und konterkariere daher einen Mitgliederentscheid. Sie hätte deshalb auch
die Abstimmung über einen Antrag abgelehnt, der für ein „Ja“ zum
Koalitionsvertrag geworben hätte.
Schubert mühte sich in ihrer Eröffnungsrede sichtlich um Verständnis für
den Frust der Basis: [3][Der Verlust des Stadtentwicklungsressorts]
„ausgerechnet an die SPD“ sei „bitter“. Aber es sei auch viel linke Pol…
in den Vertrag reinverhandelt worden – etwa das gebührenfreie 3. Hortjahr
für die GrundschülerInnen oder die Anhebung des Vergabemindestlohns auf 13
Euro. Man habe „das Tempelhofer Feld verteidigt“ gegen Bebauungspläne. Und
auch das Justizressort, das die Linke in der künftigen Koalition
verantworten soll, sehe sie „mittlerweile als Chance“ – weil dort auch ü…
die juristische Umsetzung eines Enteignungsvolksbegehrens mitentschieden
werde. Und nach den jüngsten Niederlagen vor Gericht mit dem Mietendeckel
und dem Vorkaufsrecht müsse „dieser Schlag jetzt sitzen“.
## „Nicht beleidigt sein“
Klaus Lederer, der amtierende und wohl auch der zukünftige Kultursenator,
redete den GenossInnen dann noch mal etwas deutlicher ins Gewissen: Man
solle bitte nicht beleidigt sein über den Verlust des
Stadtentwicklungsressorts, sagte Lederer sinngemäß. Aber wenn man jetzt auf
eine Regierungsbeteiligung verzichte, bringe man sich „auf Jahre in die
Defensive“.
[4][Die scheidende Senatorin für Soziales, Elke Breitenbach,] sagte mit
einer deutlichen Spitze in Richtung der GenosseInnen um Gennburg: „Die
Leute wählen uns nicht, damit sich einzelne Abgeordnete in ihre
Wohlfühlzone zurückziehen und von dort aus für die Glaubwürdigkeit der
Partei kämpfen.“ Die Menschen erwarteten, dass die Linke für die Ziele
kämpfe, für die man sie gewählt habe, und: „Wer nicht kämpft, hat schon
verloren.“ Man könne auch in einer Koalition noch „die Reißleine ziehen.�…
Nun müssen die 8.000 Linken-Mitglieder im Landesverband entscheiden.
Ausgezählt wird am 17. Dezember. Rot-Grün-Rot hat am Samstag eine Hürde
genommen, über der Ziellinie ist die Koalition noch nicht.
5 Dec 2021
## LINKS
[1] /Kritik-am-Koalitionsvertrag/!5815729
[2] /Rot-gruen-rote-Koalition-in-Berlin/!5819635
[3] /SPD-billigt-rot-gruen-roten-Vertrag/!5820451
[4] /Grosse-Namen-in-Berliner-Sozialpolitik/!5815815
## AUTOREN
Anna Klöpper
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