# taz.de -- Inis zu Berliner Koalitionsvertrag: Berlin regieren, aber mit links | |
> Mitregieren oder besser doch in die Opposition? Linke Gruppen diskutieren | |
> den rot-grün-roten Koalitionsvertrag. | |
Bild: Teilnehmer:innen der Demo der Krankenhausbewegung im Oktober 2021 | |
BERLIN taz | Soll die Linkspartei dem rot-grün-roten Koalitionsvertrag | |
zustimmen und also Teil der künftigen Landesregierung werden – oder besser | |
doch nicht? Auf einer Veranstaltung im Oyoun Club in Neukölln am | |
Mittwochabend hangelt sich der Moderator der Veranstaltung, der Neuköllner | |
Linken-Abgeordnete Ferat Kocak, an dieser Frage entlang durch den Abend. | |
Kocak ist in dieser Frage durchaus parteiisch: Im zurückliegenden Wahlkampf | |
hatte er [1][in einem taz-Interview] bereits gesagt, dass er die | |
Linkspartei lieber in der Rolle der Opposition sähe. | |
Nach der 2G-plus-Kontrolle füllt sich der mit linken Transparenten | |
geschmückte Saal mit etwa 60 Menschen. Kocak sitzt mittig auf dem Podium | |
und neben ihm die Diskussionsteilnehmer:innen verschiedener linker | |
Bewegungen: Paula Tigges vom Sozialistischen Deutschen Studentenbund, | |
Anna-Lena Füg von Fridays for Future, Maria Glänzel von der | |
Krankenhausbewegung, die Antirassismus-Aktivistin Bafta Sarbo und Kilian | |
Weißer von der Initiative Deutsche Wohnen und Co. enteignen sind da. | |
Tigges vom SDS betont, dass Mobilisierung und Organisation elementar für | |
die Linkspartei seien – und dass das bekanntlich besser aus der Opposition | |
heraus funktioniert. Glänzel von der Krankenhausbewegung stellt den | |
massiven Mangel an Pflegekräften heraus, der sich in den letzten fünf | |
Jahren unter Rot-Rot-Grün nicht verbessert hat. Füg von der | |
Fridays-Bewegung sagt, dass es nicht ausreiche, mit E-Mobilität und | |
Wasserstoff die Autos grün anzupinseln. | |
Auch die Antirassismusaktivistin Sarbo findet klare Worte zur Berliner | |
Politik der letzten Jahre: „Das Umbenennen von Straßennamen ist lediglich | |
Symbolpolitik. Wenn gleichzeitig beispielsweise durch die Erweiterung der | |
Gefahrengebiete und mehr Videoüberwachung Racial Profiling begünstigt wird, | |
ist das keine linke Politik.“ | |
## „Reine Verzögerungstaktik“ | |
Eine Aufgabe für die kommende Koalition wird nun der Umgang mit dem | |
Volksentscheid Deutsche Wohnen enteignen. Eine Mehrheit der | |
Berliner:innen hatte am 26. September dafür gestimmt. | |
Die Linke hatte das Volksbegehren als einzige Partei klar unterstützt – | |
doch im rot-grün-roten Koalitionsvertrag soll sich nun zunächst ein | |
Arbeitskreis ein Jahr lang damit befassen, wie eine Umsetzung überhaupt | |
aussehen könnte. „Das Verhalten der Regierung ist reine Verzögerungstaktik. | |
Es soll so lange abgewartet werden, bis das Thema nicht mehr eine solche | |
Schlagkraft hat“, kritisiert Weißer von der Initiative. | |
In der Gesprächsrunde mit dem Publikum sprechen sich die meisten gegen eine | |
Regierungsbeteiligung der Linkspartei aus – nur ein junger Mann, der sich | |
als FDP-Mitglied vorstellt, hält überraschend dagegen. Pointiert gekontert | |
wird anschließend vom Podium. | |
## Ergebnis am 17. Dezember | |
Am Ende greift die Aktivistin Sarbo eine Frage aus dem Publikum auf, ob | |
eine Reformation oder Revolution im politischen Berlin notwendig sei. | |
„Revolution?“, fragt sie, „die Forderungen von DW Enteignen oder das | |
1,5-Grad-Ziel der Klimabewegung sind nicht revolutionär, sondern das | |
Minimum!“ | |
Am Samstag wird der Koalitionsvertrag auch Thema auf einem Sonderparteitag | |
der Berliner Linken sein. Die Auseinandersetzung dort zwischen dem | |
Vorstand, der den Koalitionsvertrag mitverhandelt hat, und der Basis dürfte | |
emotional werden: Die Abgeordnete [2][Katalin Gennburg hatte in einem | |
taz-Interview] am Mittwoch bereits dazu aufgerufen, beim | |
Mitgliederentscheid über den Koalitionsvertrag mit „Nein“ zu stimmen. Der | |
Entscheid beginnt am Freitag, das Ergebnis soll am 17. Dezember feststehen. | |
2 Dec 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Linken-Abgeordneter-Ferat-Kocak/!5809397 | |
[2] /Kritik-am-Koalitionsvertrag/!5815729 | |
## AUTOREN | |
Josua Gerner | |
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