| # taz.de -- Einigung zu Raubkunst aus Nigeria: Fahrplan für die Bronzen | |
| > Deutschland und Nigeria unterzeichnen Absichtserklärung: Alle | |
| > Benin-Bronzen werden zurückgegeben, ein kleiner Teil soll in Museen | |
| > „zirkulieren“. | |
| Bild: Diese Benin-Bronzen stehen im Linden-Museum in Stuttgart | |
| Berlin taz | Schon im zweiten Quartal des kommenden Jahres könnte ein | |
| großer Teil der in deutschen Museen lagernden [1][Benin-Bronzen nach | |
| Nigeria zurückgehen]. Eine Absichtserklärung, die dies bekräftigt, wurde am | |
| Mittwoch in der nigerianischen Hauptstadt Abuja von Delegierten beider | |
| Länder unterzeichnet. Ihr solle ein Abkommen zwischen im Dezember folgen, | |
| teilte der Informations- und Kulturminister des westafrikanischen Landes, | |
| Alhaji Lai Mohammed, am Donnertag mit. | |
| „Die deutsche Regierung und das deutsche Volk haben einen mutigen Schritt | |
| gemacht, indem sie sich bereit erklärt haben, die Artefakte freiwillig und | |
| ohne großen Zwang von Seiten Nigerias zurückzugeben“, sagte der Minister. | |
| Nach Darstellung von Andreas Görgen, Leiter der Kulturabteilung des | |
| Auswärtigen Amtes beinhaltet das „Memorandum of Unterstanding“ die | |
| Bereitschaft, Nigeria das Eigentum an sämtlichen Benin-Bronzen der am | |
| Prozess beteiligten Museen zurückzugeben. Diese Entscheidung sei letztlich | |
| von den Trägern zu treffen. Viele hätten schon ihre grundsätzliche | |
| Bereitschaft erklärt. | |
| Es geht hierbei um die [2][Sammlungen in Berlin, Hamburg, Köln, Stuttgart | |
| und Dresden, und damit rund 1.100 Bronzen.] Diese „Eigentumsübergang“ sei | |
| für das zweite Quartal des kommenden Jahres vorgesehen, so Görgen. „Das ist | |
| ein großer Schritt für die Museen“, sagte er. | |
| ## Förderung von Kulturinfrastruktur | |
| Durch die nun unterzeichnete Erklärung könnten auch Bedenken | |
| entgegengewirkt werden, künftig keine Bronzen mehr zeigen zu können, so | |
| Görgen. Denn beide Seiten – also auch die nigerianische – hätten | |
| ausdrücklich ihr Interesse erklärt, dass Objekte weiterhin in Deutschland | |
| gezeigt werden. Gemeinsames Ziel sei das „Zirkulieren“, so Görgen. Der | |
| dritte Punkt beinhalte die Zusammenarbeit bei der Ertüchtigung von | |
| nigerianischer Museums- und Kulturinfrastruktur sowie der Ausbildung von | |
| Museologen, Archäologen etc. | |
| Die Benin-Bronzen sind international das herausragendste Beispiel von | |
| [3][Raubkunst aus Kolonialzeiten]. Rund 3.000 bis 5.000 dieser Skulpturen | |
| und Reliefs aus dem 16. bis 18. Jahrhundert wurden im Zuge der kolonialen | |
| Eroberung des alten Königreichs Benin, heute Nigeria, Ende des 19. | |
| Jahrhunderts von englischen Soldaten geraubt und gelangten über den | |
| internationalen Kunsthandel in Museen in Europa und Nordamerika. Seit über | |
| 40 Jahren fordert Nigeria die Kulturschätze zurück. | |
| Im April diesen Jahres hatte eine Runde von Museumsexperten und politisch | |
| Verantwortlichen unter Leitung von Bundeskulturstaatssekretärin Monika | |
| Grütters (CDU) erstmals [4][offifiziell die Bereitschaft zur Rückgabe] | |
| eines „substanziellen Teils“ der in Deutschland befindlichen Bronzen | |
| erklärt. Sogleich war jedoch Kritik laut geworden, was „substanziell“ | |
| bedeuten soll und wer darüber zu entscheiden habe. | |
| Dieser Kritik hat man mit der jetzigen Übereinkunft womöglich den Wind aus | |
| den Segeln genommen. Formal soll das Eigentum an allen Bronzen (der | |
| beteiligten Museen) überschrieben werden, und er gehe davon aus, dass eine | |
| große Anzahl von Objekten auch zurückgehe, bekräftigte Görgen auf | |
| taz-Nachfrage. Dafür werde derzeit in Benin-City an einem | |
| Ausstellungs-Pavillon gebaut, in dem die Bronzen ab kommendem Jahr | |
| aufbewahrt und auch schon gezeigt werden könnten. Das neue Museum von | |
| Benin-City soll voraussichtlich 2024 fertig werden. | |
| ## Schau im Humboldt Forum mit Leerstellen | |
| [5][In Berlin gibt es europaweit die meisten Benin-Bronzen], in der | |
| Sammlung des Ethnologischen Museums befinden sich rund 500 Objekte aus dem | |
| Königreich, davon etwa 440 Bronzen. Rund die Hälfte sollte eigentlich in | |
| der Ausstellung im Humboldt Forum in zwei Räumen gezeigt werden, die | |
| weltbekannten Bronzen wurden noch vor wenigen Monaten von den | |
| Museumsmachern als „Publikumsmagnet“ angesehen. Dieser Teil der | |
| Ethnologischen Ausstellung soll im kommenden Frühjahr eröffnen. Gut | |
| möglich, dass dann anstatt der Originale bereits Leerstellen oder | |
| Gipsabdrücke gezeigt werden. | |
| 15 Oct 2021 | |
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| [3] /Benin-Bronzen-und-die-Rueckgabedebatte/!5769586 | |
| [4] /Rueckgabe-von-kolonialem-Raubgut/!5769224 | |
| [5] /Benin-Kunstwerke-in-Berlin/!5769604 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Memarnia | |
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