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# taz.de -- Förderung der Wissenschaft: Wohin die Forschungsmittel fließen
> Ein Bericht der Deutschen Forschungsgemeinschaft zeigt, wohin
> Fördergelder für die Wissenschaft gehen. Drittmittel aus der Wirtschaft
> gehen zurück.
Bild: Die Ludwig-Maximilians-Universität in München hat am meisten Fördermit…
Berlin taz | Immer mehr öffentliche Mittel, den Steuerzahlern zuvor mehr
oder weniger freundlich abgeknöpft, werden in die Forschung investiert. Wie
die Finanzflüsse der Wissenschaft verlaufen und wo die Milliarden landen,
das ermittelt alle drei Jahre die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
[1][in ihrem „Förderatlas“.] In der neuen Auflage führt erneut München d…
Ranking der forschungsstärksten Universitäten an.
Danach erhielt in den drei Jahren von 2017 bis 2019 – die Statistik endet
vor dem Corona-Einbruch – die Ludwig-Maximilians-Universität in München
mit 369 Millionen Euro die größte Summe aller deutschen
Wissenschaftseinrichtungen aus dem Fördertopf der DFG. Auf Platz zwei folgt
die Schwester-Uni, die TU München, mit 346 Millionen Euro, vor der Uni
Heidelberg (332) und der RWTH Aachen (313). Auf Platz fünf hat sich die TU
Dresden vorgearbeitet (293), die beste ostdeutsche Hochschule im Ranking.
In den einzelnen Fächergruppen gab es dabei unterschiedliche „Sieger“. In
den Geistes- und Sozialwissenschaften holte die FU Berlin mit 87,5
Millionen Euro in den Jahren 2017–19 die meisten DFG-[2][Drittmittel] ab,
Bei den Lebenswissenschaften kam die LMU München mit 178 Millionen Euro auf
Platz eins. Bei den Naturwissenschaften obsiegte die Uni Heidelberg mit
73,2 Millionen, während bei den Ingenieurwissenschaften der gleiche Rang
der RWTH Aaachen mit 152 Millionen Euro zufiel. Man beachte: die besten
Techniker bekamen doppelt so viel Förderung wie die besten Naturforscher.
Die DFG erfasst in ihrem Report die so genannten Drittmittel, die neben der
Grundfinanzierung zusätzlich, meist in wettbewerblichen Verfahren oder
nach Gutachterprüfung eingeworben werden. Insgesamt erhielten die
Hochschulen in Deutschland 2019 rund 23,7 Milliarden Euro an „Grundmitteln“
– in diesem Fall aus den Haushalten der Bundesländer als Träger der
Hochschulen – und 8,7 Milliarden Euro „Drittmittel“ aus unterschiedlichen
Quellen.
Die DFG war dabei weiterhin die größte Drittmittelgeberin mit 31,5 Prozent.
Weiter gestiegen ist der Anteil des Bundes, der 2010 noch bei 22 Prozent
gelegen hatte und inzwischen 29 Prozent erreicht. Aus der EU kamen 2019
rund 10 Prozent aller Drittmittel. Weiter gesunken sind die Drittmittel aus
Industrie und Wirtschaft von 21 Prozent im Jahr 2010 auf nun 17 Prozent im
Berichtsjahr 2019. Nach Aussage des Stifterverbandes für die Deutsche
Wissenschaft hat dieser Rückgang damit zu tun, dass für die deutschen
Unternehmen vermehrt ausländische Einrichtungen als Forschungspartner
interessant werden. Als weiterer Grund für den Rückgang gilt die
überbordende Antragsbürokratíe.
## Ganz oben steht Nordrhein-Westfalen
Beim Blick auf die Bundesländer, in die jene 9,5 Milliarden Euro flossen,
die von der DFG in den Jahren 2017–2019 vergeben wurden, zeigen sich erneut
die drei Gruppen, in die sich die deutsche Forschungslandschaft aufteilt.
Den größten Posten erhielt mit 1,83 Milliarden Euro naturgemäß das größte
Bundesland Nordrhein-Westfalen, vor Baden-Württemberg (1,6 Milliarden) und
Bayern (1,45).
Diese drei Länder bilden quantitativ das „Oberhaus“ der deutschen
Forschung. Berlin belegt im Gesamtranking den für einen Stadtstaat sehr
günstigen Platz 4 mit 838 Millionen Euro, vor den Flächenländern
Niedersachsen (790), Hessen (635) und Sachsen (600) – und bildet mit diesen
die Mittelgruppe im deutschen Förderranking. In der Schlussgruppe mit den
meisten Bundesländern liegen alle unter der 300-Millionen-Schwelle
(Rheinland-Pfalz mit 303 Millionen Euro knapp oberhalb), Schlusslicht
bleibt Mecklenburg-Vorpommern mit 98 Millionen Euro. Das ist nur ein
Drittel von dem, was der arme Stadtstaat Bremen (201 Mio) an DFG-Förderung
erlösen konnte.
Der DFG-Report hat diesmal eine Sonderauswertung für die ostdeutschen
Bundesländer vorgenommen. Sie zeigt, dass es für die TU Dresden
kontinuierlich aufwärts ging, von Platz 35 bei den DFG-Bewilligungen in
1997 auf Rang 5 im aktuellen Förderatlas von 2021. Bei der HU Berlin fällt
die Achterbahnfahrt auf: Von Platz 29 in 1997 – das war damals der beste
Platz einer ostdeutschen Uni – auf Platz 5 in 2005 und dann wieder runter
auf Platz 11 im Bericht von 2021 – immerhin auch jetzt noch die zweitbeste
ostdeutsche Uni. Als dritte folgt auf Rang 28 die Uni Leipzig, dicht vor
der Uni Jena auf Platz 29. Das heißt, nur 4 Hochschulen haben es von den 16
ostdeutschen Hochschulen mit mehr als 1 Million Euro Drittmitteleinnahmen
in den 30 Jahren aus dem „30-Prozent-Turm“ heraus geschafft.
Zu den Brandenburger Hochschulen ist festzustellen, dass die Uni Potsdam
bei Platz 64 begann, ihre Bestmarke dann 2009 mit 43 erreichte, aber nie
den Rang 40 überschritt und jetzt wieder auf Rang 44 liegt. Für die BTU
Cottbus-Senftenberg ist die Entwicklung wenig schmeichelhaft: Platz 68 in
1997, aktuell Platz 64. Das darf man Stagnation nennen.
Auch bei den Fächern sind Gewichtungen unterschiedlich. In den Geistes- und
Sozialwissenschaften flossen die meisten DFG-Gelder nach NRW (292 Millionen
Euro), während sich in den Lebenswissenschaften Baden-Württemberg (570) ein
Kopf-an-Kopf-Rennen mit Bayern (568) liefert. In der Naturwissenschaften
liegt NRW (397) vorne, ebenso in den Ingenieurwissenschaften mit deutlichen
Vorsprung (410 Mio.).
Beim Berliner Profil liegen dank der forschungsstarken Charité die
Lebenswissenschaften vorne (238 Millionen Euro), vor den Geistes- und
Sozialwissenschaften (218) und den Naturwissenschaften (173). In den
Ingenieurwissenschaften bekam Berlin 86 Millionen an DFG-Mitteln, was in
dieser Fächergruppe bundesweit Platz sieben, also Mittelfeld, bedeutet.
Die vergleichende Auswertung der drei großen Forschungsfinanzierer zeigt,
dass jeder seine „Lieblingsfächer“ hat. Die DFG gab in den Jahren 2017–2…
aus ihrer Fördersumme von 9,5 Milliarden Euro den größten Anteil in die
Lebenswissenschaften (3,2 Mrd). Das Bundesforschungsministerium vergab im
gleichen Zeitraum über seine Projektförderung insgesamt 11.6 Milliarden
Euro, wovon der Löwenanteil mit 5,5 Milliarden Euro in die
Ingenieurwissenschaften floss. Die gleiche Präferenz weist auch die
Forschungsförderung der EU über das Programm „Horizon 2020“ auf, aus dem 4
Milliarden Euro an Drittmitteln nach Deutschland gingen, davon 1,18
Milliarden Euro ebenfalls in die Ingenieurwissenschaften.
Aufschlussreich ist im neuen DFG-Report auch ein historischer Exkurs, der
aus Anlass des [3][100. Jubiläums der Forschungsgemeinschaft] die Antrags-
und Vergabedaten aus den Jahren 1921 bis 1945 statistisch ausgewertet hat.
Die Zahlen dokumentieren, so nüchtern wie schockierend, wie in der Nazizeit
die deutsche Wissenschaft zunächst – durch Vertreibung jüdischer und
politisch missliebiger Forscher – zunächst dezimiert, dann ideologisch
ausgerichtet und zuletzt voll für die Kriegsführung in Dienst genommen
wurde.
15 Oct 2021
## LINKS
[1] /Forschungsfoerderung-in-Deutschland/!5518393
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[3] /100-Jahre-DFG/!5698714
## AUTOREN
Manfred Ronzheimer
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