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# taz.de -- EU-Förderung von Projekten: Hochschule unter Betrugsverdacht
> Die Hochschule Osnabrück soll ihren Teil des EU- Deals nicht immer
> erfüllt haben. Nun bekam sie Besuch von der Europäischen
> Staatsanwaltschaft.
Bild: Fördertopf zum Sparschwein degradiert: Hochschule hält sich offenbar ni…
Osnabrück taz | Der 17. April 2024 ist für die [1][Hochschule Osnabrück]
kein guter Tag. An diesem Mittwoch fährt ein Team der Europäischen
Staatsanwaltschaft (Eusta), Hamburg, am EU-Hochschulbüro vor. Genauer:
fährt im Technologie- und Gründungszentrum, dem [2][Innovationscentrum
Osnabrück], vor. Mit dabei: Oberstaatsanwalt Jörg Schröder. Die Mitarbeiter
der Eusta, die ihren Zentralsitz in Luxemburg hat, kommen unangekündigt.
Als sie wieder abfahren, tun sie das nicht mit leeren Händen: Sie nehmen
Akten mit.
Die [3][Europäische Staatsanwaltschaft] ist zuständig für Untersuchungen,
Verfolgungen und Anklageerhebungen „in Bezug auf Straftaten zulasten des
EU-Haushalts“, so beschreibt sie selber ihr Tätigkeitsfeld. Nicht zuletzt
ist die Eusta mit Betrug, Korruption und Geldwäsche befasst. Wer von ihr
Besuch bekommt, weiß: Die Sache ist ernst.
Auf seiner Website sagt das EU-Hochschulbüro über sich, hier berate „ein
Team von Spezialisten mit langjährigen Erfahrungen in der europäischen
Förderlandschaft“. Und genau diese Förderung steckt hinter der Aktion am
17. April. Im Kern lautet der Vorwurf nämlich, dass die Hochschule sich
[4][Projekte von der EU hat fördern lassen], unter der Voraussetzung,
selber auch Geld zu investieren. Ihren Teil des Deals, die Kofinanzierung,
soll die Hochschule offenbar nicht immer erfüllt haben.
Den Hinweis, dass hier an der Hochschule nicht alles mit rechten Dingen
zuging, hatte die Europäische Staatsanwaltschaft aus Osnabrück von
ehemaligen Mitarbeitenden der Hochschule bekommen. Mehrfach wurden die
[5][Whistleblower] von den Ermittlern aus Hamburg befragt.
## Ein Hinweisgeber spricht
Die taz hat mit einem von ihnen gesprochen. „Es geht um Subventionsbetrug“,
sagt Fritz S.*, der lieber anonym bleibt. „Und es geht um hohe Summen. Das
war systematischer Betrug am Steuerzahler.“
Dann erklärt er, was passiert sein soll: „Die Hochschule Osnabrück, und
hier speziell das EU-Hochschulbüro, bekam seit Ende der Nullerjahre bis
Ende 2021 Drittmittel für die Teilnahme an dem [6][Europäischen Projekt
Enterprise Europe Network (EEN)]. Die Projektarbeit bestand im Wesentlichen
darin, Firmen, Organisationen und Forschungseinrichtungen miteinander zu
vernetzen. Jeder Mitarbeitende musste die Anzahl seiner geleisteten Stunden
namentlich dokumentieren.“
Das Projekt sei von der Europäischen Kommission (KOM) zu 60 Prozent
finanziert worden, mit rund 1,3 Millionen Euro. „Die übrigen 40 Prozent
sollte der Projektnehmer Hochschule durch eigenfinanzierte Arbeitsleistung
stellen. Die aus den 60 Prozent finanzierten Stellen mussten jedoch 100
Prozent der geforderten Arbeitsergebnisse alleine erreichen“, so Fritz S.
Die interne Berichterstattung sei dann so erfolgt, als hätten 40
Prozent-Kofinanzierungskräfte mitgearbeitet: „Alle anderen Personen, die
für angeblich erbrachte Leistungen unterschrieben, haben diese nicht
erbracht“, sagt S. „Die Unterschriften wurden auf Anweisung der
Vorgesetzten geleistet. Der psychologische Druck war immens. Da brauchte
man Rückgrat, um abzulehnen.“
Zusätzlich habe das EU-Hochschulbüro von 2015 bis 2018/2019 von der
Europäischen Kommission im Rahmen Projekts „N-Supp_INNO – Innovationsaudit…
den Auftrag erhalten, regionale Unternehmen zu deren Innovationsstand zu
befragen und zu beraten, rund 50.000 Euro teuer.
„Das wurde zu 100 Prozent von der KOM gefördert und finanziert. Die
Arbeiten dafür wurden vollständig von Mitarbeitenden ausgeführt, die zu
diesem Zeitpunkt zu 100 Prozent durch das Projekt EEN finanziert wurden,
also nur für EEN hätten arbeiten dürfen“, sagt S.
Ende 2021 sei die Teilnahme der Hochschule an dem Europäischen Projekt
Enterprise Europe Network trotz von der EU bereits zugesagter
Weiterfinanzierung plötzlich eingestellt worden. „Verträge von
Mitarbeitenden brauchten nun nicht mehr verlängert werden. Einwände zum
Kofinanzierungsproblem gab es keine mehr.“
## „Nach Gutsherrenart weggdrückt“
Die ehemaligen Mitarbeitenden, sagt Fritz S., hätten ihre Bedenken
mitgeteilt, und zwar mehrfach. Passiert sei nichts. „Das wurde nach
Gutsherrenart weggedrückt.“
Die Hochschule Osnabrück, von der taz um Kommentierung der Vorwürfe
gebeten, hält sich bedeckt. Ihr Sprecher, Ralf Garten, bestätigt lediglich,
dass die Europäische Staatsanwaltschaft, Zentrum Hamburg, das
EU-Hochschulbüro „aufgesucht“ habe. Es sei „um Sachverhalte“ gegangen,…
EU-Fördermittel betreffen“.
Die Hochschule habe „alle notwendigen Dokumente, die zur Klärung offener
Fragen beitragen können, zur Verfügung gestellt“ und werde „auch künftig
mit allen staatlichen Institutionen kooperativ und vertrauensvoll
zusammenarbeiten“. Garten weiter: „Die Hochschule Osnabrück geht von keinen
Unregelmäßigkeiten in ihrem Zuständigkeitsbereich aus.“
## Europäische Staatsanwaltschaft ermittelt
Fest steht: Die Europäische Staatsanwaltschaft hat das EU-Hochschulbüro in
Osnabrück nicht durchsuchen müssen, denn die Hochschule hat alle Unterlagen
freiwillig herausgegeben. Aber mit einem reinen Herausgabeverlangen, aus
der Ferne also, ohne Ortstermin, hat sie sich nicht begnügt. Das lässt
vermuten, dass die Eusta nicht ausgeschlossen hat, dass es streitig wird.
Oberstaatsanwalt Schröder darf selber nicht mit der taz über den Fall
reden, da ist Luxemburg zuständig. Und dort hält man sich noch bedeckter
als die Hochschule: „Grundsätzlich bestätigen wir keine potenziellen
Verfahren und kommentieren keine laufenden Verfahren, um diese nicht zu
gefährden“, sagt Lidija Globokar, Pressesprecherin der Zentralstelle der
Behörde in Luxemburg. „Sobald wir über ein Verfahren sprechen können,
werden wir proaktiv kommunizieren.“
* Name der Redaktion bekannt
Redaktioneller Hinweis: Die Europäische Staatsanwaltschaft hat das
Verfahren am 16. September eingestellt. „Unregelmäßigkeiten in Hinblick auf
EU-Subventionen“ wurden „nicht festgestellt“.
29 Apr 2024
## LINKS
[1] /Kuenstliche-Intelligenz-an-Hochschulen/!5989598
[2] https://www.innovationscentrum-osnabrueck.de/
[3] https://www.consilium.europa.eu/de/policies/eppo/
[4] /Forschungsfoerderung-in-Deutschland/!5864476
[5] /Verein-will-Whistleblower-staerken/!5947019
[6] https://een.ec.europa.eu/
## AUTOREN
Harff-Peter Schönherr
## TAGS
Osnabrück
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Hochschule
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EU-Kommission
Wirtschaft
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