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# taz.de -- Vorwürfe gegen Geldwäsche-Einheit: Scholz’ Leiden mit der Geldw…
> Die Razzia bei einer dem Finanzminister unterstellten Einheit wird zum
> Wahlkampfthema. Die Behörde ist seit Langem ein Problemfall.
Bild: Muss neben der Currywurst gerade auch noch Kritik verdauen: Olaf Scholz
BERLIN taz | Hat Olaf Scholz eine Mitschuld an [1][womöglich verschluderten
Geldwäsche-Ermittlungen] einer ihm unterstellten Zolleinheit – oder hat er
sie nicht? Die Frage ist, spätestens seit dem Triell von [2][ARD und ZDF],
plötzlich prominent im Wahlkampf aufgeschlagen. „Sie haben die Aufsicht“,
warf Unionskanzlerkandidat Armin Laschet dem SPD-Spitzenmann dort vor.
Scholz konterte, dass Laschet „die Dinge verdreht“. Was stimmt?
Konkret geht es um die 2001 geschaffene Financial Intelligence Unit (FIU),
die Verdachtsfälle auf Geldwäsche oder Terrorfinanzierung prüft und an
zuständige Staatsanwaltschaften weiterleitet. Gehörte diese zunächst zum
Bundeskriminalamt, unterstellte sie der damalige Bundesfinanzminister
Wolfgang Schäuble (CDU) 2017 dem Zoll – und damit seiner Verantwortung.
Schäuble wollte die Einheit, damals 25 Mitarbeiter:innen klein,
eigenständiger machen und aufstocken. Und sie stärker priorisieren:
Weitergeleitet werden sollten „nur die tatsächlich relevanten Fälle“, um
den Strafverfolgungsbehörden die Arbeit zu erleichtern.
Seit dem Wechsel aber riss die Kritik nicht ab, dass die FIU zu wenig
Personal, Expertise und Zugriffsrechte, etwa auf Polizeidatenbanken, habe,
um ihrer Aufgabe gerecht zu werden. Ihre Meldungen an die Strafverfolger
erfolgten zu selten und zu spät. Das ist auch der Hintergrund der
Durchsuchungen am [3][vergangenen Donnerstag] im Bundesfinanz- und
-justizministerium. Die Verantwortung kreidet Laschet nun auch Scholz an.
## Vorwurf Strafvereitelung im Amt
Ermittelt wird hierbei laut der [4][Staatsanwaltschaft Osnabrück] gegen
„unbekannt“ – nicht gegen Ministeriumsmitarbeiter:innen, sondern gegen
Verantwortliche der FIU, die in „umfangreicher“ Kommunikation mit den
Ministerien gestanden hätten. Der Vorwurf lautet auf Strafvereitelung im
Amt. Aber: Überprüft werden soll auch, „ob und gegebenenfalls inwieweit die
Leitung sowie Verantwortliche der Ministerien sowie vorgesetzte
Dienststellen in Entscheidungen der FIU eingebunden waren“. Das BMF dagegen
betont, dass laut Durchsuchungsbeschluss „ausdrücklich nicht gegen
Beschäftige der Bundesministerien“ ermittelt werde.
Scholz kritisierte nach der Razzia, die Staatsanwaltschaft hätte ihre
Fragen auch einfach schriftlich stellen können. Ein Sprecher der
Staatsanwaltschaft verteidigte die Durchsuchung dagegen als „zweckmäßiges
Mittel“. Zur Frage, warum man gerade jetzt durchsuchte – zwei Wochen vor
der Bundestagswahl –, sagte er der taz, der Wahltermin sei „nicht das
entscheidende Kriterium, sondern die Verdachtslage“. Und diese habe sich
erst zuletzt verdichtet. Auch seien die Durchsuchungsbeschlüsse bereits im
August beantragt worden. Danach wurden diese richterlich bestätigt.
## Auf „Bruchteil“ zurückgegangen
Die Ermittlungen leitete die Staatsanwaltschaft bereits im vergangenen Jahr
ein. Ausgangspunkt war die Meldung einer Bank im Juni 2018 an die FIU,
wonach hinter Zahlungen nach Afrika von mehr als einer Million Euro Waffen-
und Drogengeschäfte stehen könnten. Die FIU soll diese Meldung nicht
weitergeleitet haben, die Transaktion konnte nicht gestoppt werden. Laut
Staatsanwaltschaft kein Einzelfall: Inzwischen gebe es
Geldwäscheverdachtsmeldungen „in Millionenhöhe“, die von der FIU nicht
weitergeleitet wurden. Die Geldwäschemeldungen seien, seitdem die FIU
übernommen habe, „auf einen Bruchteil zurückgegangen“.
Laut FIU selbst gingen im vergangenen Jahr 144.000 Meldungen über
auffällige Transaktionen bei ihr ein – 25 Prozent mehr als im Vorjahr und
mehr als 12-mal so viel wie vor zehn Jahren. 24.700 Meldungen davon seien
an Justiz und Polizei weitergegeben worden – was tatsächlich 9.000 weniger
waren als im Vorjahr.
Scholz betont, dass er auf die Probleme bei der FIU reagiert und diese auf
inzwischen personell massiv aufgestockt habe. Laut seinem Ministerium
arbeiten derzeit 469 Beschäftigte in der Einheit, 720 sollen es demnächst
werden. Auch habe man die FIU technisch aufgerüstet und ihre Zugriffsrechte
erweitert. Und anders als von Laschet behauptet, habe das Ministerium nur
eine „eingeschränkte Rechtsaufsicht“ – operativ sei die FIU unabhängig.…
heißt, das Ministerium bekommt keinen Einblick in einzelne Fälle der
Einheit, um die Ermittlungen nicht zu beeinflussen.
## Schon lange in der Kritik
Zur Wahrheit gehört aber, dass Scholz’ Ministerium seit Jahren von der
Opposition kritisiert wird, die Missstände in der FIU nur ungenügend
anzugehen. Die Expertise dort fehle weiterhin, ein Stellenzuwachs allein
reiche nicht. So hatte die FIU auch in der Wirecard-Affäre versagt: Gab
sie zu dem Unternehmen zunächst nur zwei Verdachtsmeldungen weiter, wurden
nach Auffliegen des Skandals 2020 144 Meldungen nachgereicht. Und im
Februar leitete die EU-Kommission ein [5][Vertragsverletzungsverfahren]
gegen Deutschland ein, weil es nicht allen Verpflichtungen zur Bekämpfung
der Geldwäsche nachkomme.
Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) spricht von einem „grundlegenden
Strukturfehler“ bei der FIU, den die Hausleitung des Finanzministeriums und
der Generalzolldirektion zu verantworten hätten. Mehr Personal mache die
Einheit „nur teurer, aber nicht effektiver und befasst sich nicht mit den
eigentlichen Ursachen, die bereits im übereilten Aufbau der FIU unter dem
heutigen Bundestagspräsidenten Schäuble zu finden sind“. Es brauche „län…
überfällige organisatorische und gesetzliche Lösungen“.
Auch die Opposition im Bundestag fordert inzwischen eine Sondersitzung des
Finanzausschuss noch vor der Wahl wegen der Vorwürfe. Scholz habe die FIU
„sehenden Auges vor die Wand gefahren“, kritisieren die Grünen. Auch für
die FDP hat der SPD-Mann die Einheit „wie ein Stiefkind“ behandelt. „Die
Durchsuchung zeigt, dass Olaf Scholz seinen Geschäftsbereich überhaupt
nicht im Griff hat.“
Der Vorwurf, dass Scholz oder seine Beamt:innen für womöglich strafbares
Verhalten in der FIU mitverantwortlich wären, lässt sich damit bisher nicht
belegen. Wohl aber, dass Scholz die Missstände in der Einheit bis heute
nicht in den Griff bekommt. Dennoch kurios an Laschets Kritik: Seine CDU
will die FIU künftig nun wieder ans BKA anbinden. Dort, wo sie sein
Parteikollege Schäuble vor vier Jahren abkoppelte. Und dann die Probleme
erst richtig losgingen.
13 Sep 2021
## LINKS
[1] /Durchsuchung-von-Bundesministerien/!5799891
[2] /Zweites-Triell-der-Kanzlerkandidatinnen/!5800192
[3] /Durchsuchung-von-Bundesministerien/!5799891
[4] https://www.staatsanwaltschaft-osnabrueck.niedersachsen.de/startseite/aktue…
[5] https://ec.europa.eu/germany/news/20210218-kampf-gegen-geldwaesche_de
## AUTOREN
Konrad Litschko
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Olaf Scholz
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