Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Justizskandal im Wahlkampf: Laschets autokratische Züge
> Um seinen SPD-Konkurrenten Scholz zu beschädigen, missbraucht der
> Unionskandidat das Ansehen des Rechtsstaats. So jemand sollte nicht
> Kanzler werden.
Bild: Den Eid schon jetzt gebrochen: Unionskandidat Laschet (hier im Triell mit…
Dieser Justizskandal ist beispiellos: Mitten im Wahlkampf veranstaltet die
Staatsanwaltschaft in Osnabrück eine [1][„Razzia“ im Justiz- und im
Finanzministerium] und erzeugt dabei vorsätzlich den Eindruck, „die
Leitung“ würde Geldwäsche tolerieren. Damit war vor allem Olaf Scholz
gemeint, Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat. Schon das ist
ungeheuerlich.
Noch erschreckender ist, dass CDU-Kanzlerkandidat Armin Laschet diesen
Justizskandal im [2][Triell] genutzt hat, um seinen Konkurrenten Olaf
Scholz zu desavouieren. Mehrmals betonte Laschet, dass das
Finanzministerium „durchsucht“ worden wäre, um den Eindruck zu erwecken:
Unter der Leitung von Olaf Scholz spielen sich kriminelle Machenschaften
ab.
Wahrscheinlich war es keine koordinierte Verschwörung, die von der
Staatsanwaltschaft Osnabrück über die CDU-Justizministerin in Niedersachsen
bis zum Wahlkampfteam von Laschet gereicht hätte. Stattdessen hat jede
Ebene auf eigene Art versagt. Das Resultat ist dennoch desaströs: Die Union
nutzt die Macht und das Ansehen des Rechtsstaats aus, um dem
Hauptkonkurrenten zu schaden und ihren Kandidaten ins Amt zu hieven. Dieses
Vorgehen kennt man nur von Autokraten.
Die Konservativen wissen genau, dass das eigentliche Thema so kompliziert
ist, dass viele BürgerInnen den Überblick verlieren. Daher eine kurze
Zusammenfassung: 2018 wollte ein Bankkunde mehr als 1 Million Euro nach
Afrika überweisen, aber seine niedersächsische Bank hatte den Verdacht,
dass damit Waffen- und Drogenhandel sowie Terrorismus finanziert werden
sollten.
## Eid schon jetzt gebrochen
Also meldete sie den Vorfall an die [3][Finance Intelligence Unit] (FIU),
die zum Zoll gehört, in Köln ansässig ist und Geldwäsche kontrollieren
soll. Dort versandete die Meldung dann, und die Bank konnte die Überweisung
nicht aufhalten. Seit 2020 ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen die FIU,
weil sie Strafvereitelung im Amt vermutet. Das Finanzministerium hatte
damit nichts zu tun, denn die FIU agiert unabhängig.
Allerdings nutzt die Behörde Computerprogramme, um die Anzeigen zu
bewältigen: Derzeit gehen jährlich 150.000 Verdachtsfälle ein – die FIU hat
aber nur etwa 500 Mitarbeiter. Die Staatsanwälte wollten daher klären, ob
die Computerprogramme dazu führen, dass eklatante Verdachtsfälle
durchrutschen. Hier kommt das Finanzministerium ins Spiel, weil es für die
IT-Struktur der FIU zuständig ist. So weit, so gut.
Doch nun wird es merkwürdig. Justiz- und Finanzministerium waren nämlich
bereit zu kooperieren, man bat nur um ein förmliches Ersuchen. Doch die
Staatsanwälte schickten keinen Brief, sondern erschienen zu einer
polizeilichen Durchsuchung. Diese „Razzia“ war so überflüssig wie
ungewöhnlich.
Noch verdächtiger ist die Presseerklärung. Wie gesagt: Es ging um mögliche
Schwächen der Computerprogramme. Schuldige wurden nicht gesucht. Doch die
Staatsanwälte ließen missverständlich verlauten, sie wollten ermitteln, „ob
und gegebenenfalls inwieweit die Leitung sowie Verantwortliche der
Ministerien … in Entscheidungen der FIU eingebunden waren“. Subtext war:
Scholz ist schuld, dass in Afrika Drogengeld ankommt.
Es ist extrem unwahrscheinlich, dass diese Formulierungsfehler ein Versehen
waren. Alles spricht für Vorsatz – zumal sich die Staatsanwaltschaft nicht
entschuldigt hat. Die BürgerInnen müssen sich darauf verlassen können, dass
Staatsanwälte sauber und neutral ermitteln. Dieses oberste Rechtsprinzip
wurde in Osnabrück erkennbar verletzt. Im Triell hätte Laschet daher
unbedingt darauf verzichten müssen, die „Razzia“ für seinen Wahlkampf zu
nutzen. Es geschah das Gegenteil.
Jeder Kanzler schwört einen Eid, in dem es heißt, „Ich schwöre, dass ich �…
das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes … verteidigen … werde.“ Diesen
Eid hat Laschet schon jetzt gebrochen. Eigentlich darf er nicht mehr
Kanzler werden.
17 Sep 2021
## LINKS
[1] /Durchsuchung-von-Bundesministerien/!5799891
[2] https://www.youtube.com/watch?v=vUOR5y5ldDo
[3] https://www.zoll.de/DE/FIU/fiu_node.html
## AUTOREN
Ulrike Herrmann
## TAGS
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
SPD
Olaf Scholz
Bundesministerium der Finanzen (BMF)
Armin Laschet
GNS
Wahlkampf
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Wahlkampf
IG
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Schwerpunkt Bundestagswahl 2025
Cum-Ex-Geschäfte
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gericht moniert „Razzia“ in Ministerium: Aufregerthema verpufft
Die Durchsuchung im Bundesjustizministerium im Herbst war laut
Gerichtsentscheid nicht angemessen. Dabei waren die Umstände von Anfang an
seltsam.
Wie würde Laschet als Drache heißen?: „Keine Ahnung“
Armin Laschet konnte im Interview mit Kinderreportern nicht beantworten,
wie er als Drache heißen würde. Die taz-Community hat ein paar Vorschläge.
Durchsuchung des Finanzministeriums: Justizministerin zu spät informiert
In Hannover wird debattiert, warum Osnabrücker Staatsanwälte das
Bundesfinanzministerium durchsucht haben. Es bleiben weiter Fragen
ungeklärt.
Video von Unions-Kandidat Laschet: Entspannt mit den Rechten plauschen
Die CDU feiert Laschet in einem Video dafür, mit rechten Coronaleugnern zu
sprechen. Auch nach der Tat von Idar-Oberstein bleibt das Video online.
SPD-Kandidat Scholz vor Finanzausschuss: Ein handfester Justizskandal
Union und Opposition tun so, als sei Finanzminister Olaf Scholz ein
Geldwäscher. Ihr Manöver kurz vor der Wahl ist ein parlamentarischer
Tiefpunkt.
Folgen eines Wahldebakels der Union: Nach ihm das Gemetzel
Wenn es kommt, wie es kommen sollte, dann stehen nicht nur der Union
düstere Zeiten bevor. Sondern auch der Demokratie.
Möglicher Ausgang der Bundestagswahl: Sozialdemokratische Zerreißprobe
Und wenn die SPD den Wahlsieg doch noch verstolpert? Dann dürften
Verteilungskämpfe um die Posten in der Opposition ausbrechen. Nur Scholz
ist gesetzt.
Ermittlungen gegen Scholz-Vertrauten: Von Twitter in die Schlagzeilen
Gegen Wolfgang Schmidt, enger Vertrauter von Olaf Scholz, laufen
Ermittlungen. Wer ist der Mann? Und worum geht es bei den Vorwürfen?
Vorwürfe gegen Geldwäsche-Einheit: Scholz’ Leiden mit der Geldwäsche
Die Razzia bei einer dem Finanzminister unterstellten Einheit wird zum
Wahlkampfthema. Die Behörde ist seit Langem ein Problemfall.
SPD-Kandidat und Cum-Ex-Skandal: Olaf Scholz und die Steuermillionen
Das Finanzamt Hamburg ließ Forderungen in Millionenhöhe verjähren. Holt der
Skandal den Ex-Bürgermeister noch ein?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.