| # taz.de -- Antisemitismus auf Anti-Israel-Demos: Hetze bald öfter strafbar | |
| > Nach antisemitischen Äußerungen auf Anti-Israel-Demos fordern | |
| > Politiker*innen jetzt harte Strafen. Die Rechtslage gibt das auch | |
| > her. | |
| Bild: Hier wurde zur Bombadierung Tel Avivs aufgerufen: Pro-Palästina Demo in … | |
| Freiburg taz | Das deutsche Strafrecht sanktioniert antisemitische Hetze | |
| heute schon in weitgehendem Maße. Eine Verschärfung gegen „beleidigende | |
| Hetze“ ist unabhängig von den Ausschreitungen am Wochenende zusätzlich | |
| geplant. Am Samstag waren auf Demos, die sich gegen Israel wandten, | |
| [1][antisemitische Parolen zu hören.] Anlass für die Demos war der | |
| anhaltende Konflikt zwischen Israel und Palästinensern, [2][der zur Zeit | |
| erneut eskaliert.] | |
| Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) forderte nach den Demos vom | |
| Wochenende, mit „voller Härte“ gegen antisemitische Hetze vorzugehen. | |
| Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) sagte: „Die Täter müssen die volle Härte des | |
| Gesetzes spüren.“ CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak betonte: | |
| „Antisemitischer Hass ist keine Meinung, sondern eine Straftat.“ | |
| Natürlich sind Gewalttaten als Körperverletzung oder Sachbeschädigung | |
| strafbar. Wenn sie aus einer Demonstration heraus begangen wurden, handelt | |
| es sich um Landfriedensbruch. Aber auch Parolen können strafbar sein. Im | |
| Mittelpunkt steht dabei das Delikt der „Volksverhetzung“, das auf eine | |
| Störung des öffentlichen Friedens abzielt und deshalb bei öffentlichen | |
| Handlungen wie Sprechchören auf Versammlungen vorrangig in Betracht kommt. | |
| Die Volksverhetzung ist in Paragraf 130 im Strafgesetzbuch geregelt und | |
| enthält mehrere Unterfälle. So muss mit einer Freiheitsstrafe von drei | |
| Monaten bis fünf Jahren rechnen, wer gegen bestimmte Gruppen (zum Beispiel | |
| „die Juden“) zum Hass aufstachelt oder zu Gewaltmaßnahmen auffordert. Die | |
| bei Anti-Israel-Demos in London skandierte Aufforderung, jüdische Töchter | |
| zu vergewaltigen, wäre eine derartige Volksverhetzung. | |
| ## Neues Delikt „Verhetzende Beleidigung“ | |
| Das gleiche Strafmaß droht, wenn eine Gruppe (wie „die Juden“) beschimpft, | |
| böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet wird und damit gleichzeitig | |
| ihre Menschenwürde angegriffen wird. Das ist vor allem bei der | |
| Gleichsetzung mit Tieren oder Abfall relevant. Weitere Unterfälle der | |
| Volksverhetzung sind die Holocaustleugnung sowie Verharmlosung oder | |
| Billigung der NS-Herrschaft. | |
| Soweit einzelne Personen angegriffen und beschimpft werden, kann eine | |
| Beleidigung oder Verleumdung vorliegen. Hier droht Freiheitsstrafe bis zu | |
| einem Jahr oder Geldstrafe. | |
| In den kommenden Wochen soll zudem eine Strafbarkeitslücke zwischen | |
| Volksverhetzung und Beleidigung geschlossen werden. Ausgelöst wurde sie | |
| durch eine Vielzahl antisemitischer E-Mails und Briefe, die regelmäßig an | |
| den Zentralrat der Juden oder jüdische Gemeinden geschickt werden. Diese | |
| sind nicht als Volksverhetzung strafbar, weil die Tathandlung nicht | |
| öffentlich ist. Sie werden aber auch nicht als Beleidigung erfasst, weil | |
| niemand persönlich herabgewürdigt wird. | |
| Ein [3][neues Delikt namens „Verhetzende Beleidigung“] soll nun solche | |
| hetzerischen E-Mails, Briefe und Anrufe strafbar machen. Zunächst sollten | |
| hier nur Gruppen mit NS-Verfolgungsschicksal geschützt werden. Die SPD und | |
| der Zentralrat der Juden setzten sich jedoch dafür ein, dass hier auch | |
| Hetze gegen Muslime erfasst wird. | |
| ## Flaggen zu verbrennen ist erst seit 2020 strafbar | |
| Ausländische Flaggen auf Demos zu zerstören oder zu beschädigen ist erst | |
| seit Anfang 2020 strafbar. Anlass dieser Strafverschärfung war das | |
| Verbrennen israelischer Flaggen bei Kundgebungen in Berlin. | |
| Sogar erst seit wenigen Wochen gilt es ausdrücklich als strafverschärfend, | |
| wenn eine Straftat „antisemitisch“ motiviert war. Das war allerdings eine | |
| eher symbolische Klarstellung, denn zuvor konnten antisemitische Taten | |
| bereits als „menschenverachtend“ härter bestraft werden. | |
| Verstöße gegen Strafgesetze können zu Geld- und Freiheitsstrafen, aber auch | |
| zur Auflösung von Versammlungen und dem Verbot von Vereinen führen. Im | |
| Einzelfall können sie sogar ausländerrechtliche Folgen wie eine Ausweisung | |
| haben. | |
| 17 May 2021 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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