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# taz.de -- Equal Pay Day: Angleichung im Schneckentempo
> In Deutschland werden Frauen nach wie vor schlechter bezahlt als Männer.
> Eine „Bundesstiftung Gleichstellung“ soll helfen, das zu ändern.
Bild: Pflegeausbildung bei der AWO: Frauen wählen häufig systemrelevante, abe…
Berlin taz | 18 Prozent. So viel weniger verdienen in Deutschland Frauen
durchschnittlich als Männer. Auf diese Lohnlücke weist der [1][heutige
sogenannte Equal Pay Day] hin, der mittlerweile eine feste Größe im
politischen Kalender geworden ist: Bis zum 10. März müssen Frauen
statistisch über das vorangegangene Jahresende hinaus arbeiten, um ebenso
viel Geld verdient zu haben wie Männer.
Um es korrekt zu schreiben: Verdient haben Frauen selbstverständlich das
Geld, sie bekommen es nur vielfach nicht. Seit Jahrzehnten bewegt sich die
Lohnlücke um die oben genannte Summe, in den vergangenen Jahren ist sie von
einst 21 Prozent auf jetzt 18 Prozent gesunken. Das klingt nach einem
Fortschritt, ist aber nicht mehr als das Tempo einer „Schnecke, die auf der
Schildkröte reitet und ‚Huiii‘ ruft“, um es mit den Worten der
Betriebswirtin und Equal-Pay-Aktivistin Henrike von Platen zu sagen.
Die 18 Prozent Lohnunterschied, auch als unbereinigte Lohnlücke bezeichnet,
ergeben sich aus den Unterschieden der Arbeitsmodelle und Lebensentwürfe,
in denen sich Frauen und Männer bewegen: verstärkt Teilzeit bei Frauen,
mehr Führungspositionen bei Männern, längere Elternzeit für Mütter, kürze…
Vätermonate, fehlende öffentliche Kinderbetreuung. Zudem arbeiten Frauen
verstärkt in Berufen, die zwar systemrelevant, aber schlechter bezahlt
sind. Und: Trotz des [2][in Deutschland geltenden
Entgelttransparenzgesetzes] sind sowohl Gehälter als auch Gehaltsstrukturen
wenig durchsichtig.
Zieht man all diese Umstände ab und blickt dann etwa auf den Stundenlohn,
bleibt trotzdem noch eine bereinigte Lohnlücke von etwa 6 Prozent.
Das wollen Gleichstellungsverbände und -Organisationen seit Langem ändern.
Mit dabei seit Jahren die Ökonomin von Platen, die die Equal-Pay-Kampagne
2009 in Deutschland mit angestoßen hat. Als Inhaberin und Gründerin des
Fair Pay Innovation Lab, eines gemeinnützigen Unternehmens, entwickelt sie
heute praktische Lösungen für Lohngerechtigkeit. Dabei stützt sie sich
[3][auf Erfahrungen in Island], in dem als erstem Land der Welt seit 2018
ein Gesetz für gleiche Bezahlung von Frauen und Männern gilt. Bis zum
kommenden Jahr soll es dort keine genderbedingten Lohnlücken mehr geben.
## Es braucht den politischen Willen
Für das Gesetz brauchte es den politischen Willen verschiedener Akteure:
Arbeitgeberverbände, Politik, Gewerkschaften. Sie haben das Gesetz
ausgearbeitet und sich auf gleiche Bezahlungsstandards von Frauen und
Männern geeinigt. Das führte dazu, dass in Unternehmen wie beispielsweise
dem Energieversorger Reykjavik Energy heute Frauen und Männer auf
gleichwertigen Posten gleich bezahlt werden.
Familienministerin Franziska Giffey ist die geschlechterspezifische
Lohnungerechtigkeit ebenfalls ein Dorn im Auge. „Seit Jahrzehnten kämpfen
wir für gleiche Chancen von Männern und Frauen“, sagte die SPD-Politikerin
anlässlich des Equal Pay Day. Um diese Ungerechtigkeit nachhaltig zu
bekämpfen und grundsätzlich die Gleichstellung der Geschlechter
voranzutreiben, habe sich die Bundesregierung für eine „Bundesstiftung
Gleichstellung“ ausgesprochen, teilte die SPD-Politikerin am Mittwoch mit.
Die Stiftung solle „dazu beitragen, notwendige Veränderungen zu
beschleunigen“, sagte die Ministerin.
Noch in diesem Jahr soll ein Direktorium berufen werden, auch wenn eine
endgültige Entscheidung des Bundestags über die Stiftung noch aussteht.
Giffey zufolge sollen dafür in diesem Jahr drei Millionen Euro zur
Verfügung gestellt werden. Ab 2022 sollen es fünf Millionen Euro pro Jahr
sein.
Im internationalen Vergleich schneidet Deutschland bei der
Lohngerechtigkeit schlecht ab. Länder wie Italien, Luxemburg und das
bereits erwähnte Island weisen weitaus gerechtere Bezahlungen von Frauen
und Männern auf. Um die Lohngerechtigkeit in der Europäischen Union
voranzutreiben, startet die EU-Kommission eine Art Kampagne. Bereits am 4.
März 2021 legte sie einen Richtlinienentwurf für mehr Gehaltstransparenz
vor. Darin enthalten sind Maßnahmen, die Lohntransparenz gewährleisten
sollen, unter anderem Berichterstattungspflichten für Unternehmen,
Auskunftsansprüche oder verpflichtende Angaben zum Entgelt für
Arbeitsuchende.
Außerdem: Frauen (und Männer), die glauben schlechter bezahlt zu werden,
sollen das leichter von einem Gericht prüfen lassen können. Die geplanten
EU-Maßnahmen gehen zum Teil über die Standards bei der Entgelttransparenz
in Deutschland hinaus.
10 Mar 2021
## LINKS
[1] /Gender-Pay-Gap/!5733709
[2] /Lohntransparenz-und-Gender-Pay-Gap/!5565605
[3] /Finanzexpertin-ueber-Equal-Pay-in-Island/!5669832
## AUTOREN
Simone Schmollack
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Feminismus
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