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# taz.de -- Gender Pay Gap: Abwarten reicht nicht
> Man kann es nicht mehr hören. Aber man kann leider auch nicht so tun, als
> gäbe es das Problem Gender Pay Gap nicht.
Bild: Gleichberechtigung heißt auch gleiche Bezahlung
Frauen haben 2019 in Deutschland durchschnittlich 19 Prozent weniger
verdient als Männer, das gab [1][das Statistische Bundesamt vergangene
Woche] bekannt. Der Gender Pay Gap lag damit 1 Prozent niedriger als im
Jahr davor. Keine schlechte Nachricht. Aber auch keine gute. Eigentlich gar
keine. Dass Frauen weniger verdienen, [2][kann an niemandem mehr
vorbeigegangen sein]. Die taz zum Beispiel hat die neue Berechnung nicht
einmal vermeldet. Auch ich habe länger überlegt, hier wirklich noch mal
über den Gender Pay Gap zu schreiben. Irgendwie kann man es ja nicht mehr
hören.
Aber man kann leider auch nicht so tun, als sei das Problem
zwischenzeitlich kleiner geworden. Also doch: 1 Prozent kleiner. Ein Mann
verdiente durchschnittlich 21,70 Euro pro Stunde, eine Frau 17,33 Euro. Das
statistische Bundesamt erklärt, dass 3,09 Euro von den 4,37 Euro
Unterschied strukturbedingt sind. Frauen arbeiten öfter in Branchen und
Berufen, in denen man eher wenig verdient, kommen seltener in
Führungspositionen und arbeiten häufiger in Teilzeit.
Das Bundesamt berechnet deshalb noch einen [3][zweiten Gender Pay Gap, den
bereinigten], für den es diese Effekte herausrechnet. Der Unterschied liegt
dann deutlich niedriger, für 2018 bei 6 Prozent. Ach so, könnte man jetzt
sagen, was soll denn dann das Drama?
„Eine so ausgerichtete Variablenkontrolle ergibt nicht, dass der Gender Pay
Gap Fiktion ist, sondern sie besagt: ‚Frauen würden das Gleiche verdienen
wie Männer, wenn wir alle Faktoren entfernen würden, die
geschlechtsspezifische Benachteiligung am Arbeitsplatz verstärken und
widerspiegeln‘“, schreibt die Ökonomin [4][Linda Scott in ihrem Buch „Das
weibliche Kapital“]. Es sind also keine strukturellen Einflüsse, die man
rausrechnen sollte, sondern strukturelle Einflüsse, die das Problem
verursachen.
## Bitte weiterdenken!
Übliche Vorschläge, was gegen die ungleiche Bezahlung helfen könnte: Mehr
Frauen in Führungspositionen. Mehr Frauen in Männerberufen. Bessere
Kinderbetreuung, damit mehr Frauen Vollzeit arbeiten. Aber wollen wir das
wirklich? Und vor allem: Wie soll das funktionieren? Die Berufe, die
überdurchschnittlich viele Frauen ausüben, sind ja keine, die wir als
Gesellschaft nicht bräuchten. Wenn mehr Frauen Ingenieurinnen werden, ist
das toll. Aber wer pflegt dann die Alten? Noch mehr Arbeitskräfte aus dem
Ausland? Das würde vielleicht dem Gender Pay Gap helfen, aber den
[5][Migration Pay Gap (ja, den gibt es auch)] verstärken. Und wer übernimmt
die Carearbeit, wenn alle Vollzeit arbeiten?
Der Gender Pay Gap sollte besser ein Anlass sein, weiterzudenken. Erstens
darüber, ob [6][eine Vollzeitstelle 40 Stunden umfassen sollte]. Zwei
30-Stunden-Stellen ließen sich mit Kindern, Hausarbeit und Freizeit schon
besser vereinbaren. Und zweitens darüber, wie sich erreichen lässt, dass
Menschen, die so wichtige Berufe wie Pfleger:in oder Erzieher:in ergreifen,
besser bezahlt werden.
15 Dec 2020
## LINKS
[1] https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2020/12/PD20_484_621.h…
[2] /Lebenslanger-Lohnunterschied/!5668797
[3] https://www.youtube.com/watch?v=_Ta6BH3e97I
[4] https://www.swr.de/swr2/literatur/linda-scott-das-weibliche-kapital-100.html
[5] https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Glossar_Entgeltgleichh…
[6] /Weniger-arbeiten-dank-Corona/!5715980
## AUTOREN
Susan Djahangard
## TAGS
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