# taz.de -- Lebenslanger Lohnunterschied: 670.000 Euro weniger für Frauen | |
> Der Gender Pay Gap unterscheidet sich noch mehr, wenn man die ganze | |
> Lebenszeit betrachtet. Das heißt dann „Gender Lifetime Earnings Gap“. | |
Bild: Auszeit von der Lohnarbeit | |
BERLIN taz | Was würden Sie mit 670.000 Euro machen? Ein Haus bauen, eine | |
Weltreise machen oder in die Altersvorsorge investieren? Das ist eine | |
Frage, die sich vor allem Männer stellen können. Denn im Laufe ihres | |
Berufslebens verdienen Männer in Westdeutschland im Schnitt knapp 1,5 | |
Millionen Euro und damit 670.000 Euro [1][mehr als Frauen]. Auch in | |
ostdeutschen Bundesländern sieht die Lücke in den Lebenserwerbseinkommen | |
nur geringfügig besser aus. Diese Zahlen gehen aus einer aktuellen Studie | |
der Bertelsmann-Stiftung hervor. | |
Diese sogenannte „Gender Lifetime Earnings Gap“ verdeutlicht noch stärker | |
als der [2][Gender Pay Gap], also der durchschnittliche Vergleich vom | |
Bruttostundenlohn von Männern und Frauen, wie ungleich Männer und Frauen | |
finanziell behandelt werden. Denn während der Gender Pay Gap in Deutschland | |
im Jahr 2019 bei 20 Prozent liegt, ist die Verdienstlücke auf Jahre | |
hochgerechnet deutlich höher. Sie liegt in Westdeutschland bei 45 Prozent | |
und im Osten bei 40 Prozent. Männer verdienen in ihrem Arbeitsleben also | |
fast doppelt so viel wie Frauen. | |
Daran ändert sich zwar etwas, doch die Lohnlücke schließt sich viel zu | |
langsam. So ist sie im Bezug auf den Bruttostundenlohn im vergangenen Jahr | |
nur um einen Prozentpunkt gesunken. | |
Um die Frage, warum auch im Jahr 2019 Frauen noch immer signifikant | |
schlechter verdienen als Männer, ranken sich viele Mythen. Die einen | |
argumentieren mit schlechtem Verhandlungsgeschick, die anderen mit einer | |
ungeschickten Berufswahl. Doch Fakt ist: Frauen sind nicht schuld an der | |
Lohnlücke von 21 Prozent, es liegt am System. | |
## Verhandeln wie Männer | |
Das zeigen viele Studien der vergangenen Jahre. Die Lohnunterschiede im | |
Deutschland kommen vor allem daher, dass Frauen häufiger längere Auszeiten | |
von der Lohnarbeit nehmen oder in Teilzeit arbeiten, um Care-Arbeit, wie | |
Kindererziehung oder Pflege, zu übernehmen. Noch immer gilt: die Frau als | |
Kümmerin. | |
Und nicht nur an dieser Stelle spielen geschlechterbezogene Stereotype eine | |
Rolle. Das zeigt auch [3][eine Studie der Universitäten von Warwick und | |
Wisconsin] der vergangenen Jahre. In einer Umfrage von 4600 Arbeitenden kam | |
heraus, dass junge Frauen genauso oft nach Gehaltserhöhungen fragen wie | |
Männer, doch sie diese deutlich seltener bekommen. Denn was von Männern als | |
angemessen erscheine, wirke bei Frauen überehrgeizig, erklärt Studienautor | |
Andrew Oswald. | |
Anstatt also weiter von Frauen zu fordern, besser verhandeln zu lernen oder | |
naturwissenschaftliche Berufen nachzugehen, sollten alle gegen ihre | |
Stereotype ankämpfen. Und der Staat sich mit allen Mitteln für eine gleiche | |
Bezahlung einsetzen – und zwar dalli! | |
17 Mar 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Gewerkschafter-ueber-Equal-Pay-Day/!5668666 | |
[2] /Gender-Pay-Gap/!t5011897/ | |
[3] https://warwick.ac.uk/fac/soc/economics/news/2016/9/new_study_suggests_wome… | |
## AUTOREN | |
Carolina Schwarz | |
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und aus ihm resultierend auch über die bessere Qualität in der Carearbeit. |