# taz.de -- Gender Gap im Konjunkturpaket: Dem Backlash ausgeliefert | |
> Die Corona-Krise ist eine Gender-Krise. Trotzdem spielt | |
> geschlechtergerechte Budgetierung keine Rolle im Konjunkturpaket der | |
> GroKo. Geht's noch? | |
Bild: Wieder vergessen: Mütter am Herd | |
Wie oft kommt das Wort „Frauen“ im Papier zum Konjunkturpaket der | |
Bundesregierung vor? Gar nicht. Das Wort „Geschlechtergerechtigkeit“? Gar | |
nicht. Und das Wort „Care“? Genau: gar nicht. | |
Die [1][Coronakrise ist eine Krise der Geschlechter]. Mütter ziehen sich | |
aus dem Arbeitsmarkt zurück, der Gender Pay Gap wird aller Voraussicht nach | |
noch weiter auseinanderklaffen als ohnehin schon, von der Rentenlücke ganz | |
zu schweigen. Unbezahlte Care Arbeit wird noch mehr als zuvor von Frauen | |
übernommen, was wiederum eins zu eins mit schlechteren Chancen auf dem | |
Arbeitsmarkt verknüpft ist. Frauen gehen als Verliererinnen aus der Krise | |
hervor. Und dieses Konjunkturpaket steuert dem nicht aktiv entgegen. | |
Jenseits der Alleinerziehenden, die weit überwiegend weiblich sind, werden | |
Frauen als ökonomische Gruppe nicht adressiert. Zwar kommen einzelne | |
Maßnahmen auch Frauen zugute – nebenbei, nicht offensiv, und als eine Art | |
Abfallprodukt dessen, dass das Paket nun mal für Menschen gemacht wurde, | |
also auch für Frauen. Aber dass Geschlechterpolitik eine | |
Querschnittsaufgabe ist, die ressortübergreifend in jeder Maßnahme | |
mitgedacht werden muss, ist der Bundesregierung ganz offensichtlich gar | |
nicht in den Sinn gekommen. | |
Doch vor wenigen Tagen noch hatte Frauenministerin Franziska Giffey (SPD) | |
in der Bild am Sonntag gefordert, genau dies zu tun: „Die Auswirkungen auf | |
Frauen bei allen Coronamaßnahmen“ zu prüfen und überdies | |
Geschlechtergerechtigkeit in Unternehmen zur Bedingung für die Vergabe von | |
Staatshilfen zu machen – eine für Giffey geradezu radikale Position. Davon | |
übrig geblieben ist nichts. | |
## Frauen bleiben unsichtbar | |
Das heißt nicht, dass überhaupt nichts beschlossen wurde, was | |
frauenpolitisch begrüßenswert wäre. Der Entlastungsbetrag für | |
Alleinerziehende zum Beispiel wird zwei Jahre lang verdoppelt. Es gibt 300 | |
Euro Kinderbonus, der nicht auf die Grundsicherung angerechnet wird und der | |
Familien zugute kommt (also durchaus auch Männern). Und einige Branchen, in | |
denen viele Frauen arbeiten, werden ebenfalls unterstützt, zum Beispiel die | |
Reise. | |
Doch die Forderung lautet Gender Budgeting, also geschlechtergerechtes | |
Haushalten, das in diesem Paket ganz idealtypisch hätte berücksichtigt | |
werden können. Und überdies gäbe es steuer- und arbeitsmarktpolitische | |
Maßnahmen, die nicht nur kurz-, sondern auch langfristig darauf hingewirkt | |
hätten, einen Einbruch der Wirtschaft zu verhindern: Das Kurzarbeitergeld | |
erhöhen, um Erwerbstätige mit niedrigem Einkommen, also vielfach Frauen, | |
vor einem Abrutschen in die Armut zu schützen. | |
Höhere Tarife für Branchen, in denen vor allem Frauen beschäftigt sind, zum | |
Beispiel Reinigung, Einzelhandel und Pflege. Statt einer Kaufprämie für | |
Elektroautos eine für Fahrräder, die neben dem Öffentlichen Nahverkehr ein | |
Verkehrsmittel sind, mit dem Frauen verstärkt ihre Wege zurücklegen. Das | |
Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit ausbauen, gerade jetzt, da viele | |
Frauen sich in Teilzeit verabschieden oder noch weiter reduzieren. Mehr | |
Anreize für Teilzeitarbeit von Vätern. Mehr Vätermonate in der | |
Kinderbetreuung. Ehegattensplitting abschaffen. [2][Quote, Quote, Quote.] | |
Es hätte mit diesem Konjunkturpaket die Chance gegeben, handfesten | |
finanziellen Ausgleich zu schaffen und zudem geschlechterpolitisch Weichen | |
zu stellen, um dem enormen gleichstellungspolitischen [3][Backlash] durch | |
die Krise entgegen zu steuern. So bleiben Frauen in dem Paket weitgehend | |
unsichtbar. Und wer nicht gesehen wird, kann kaum profitieren | |
4 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Untersuchung-zu-Medienpraesenz/!5689010 | |
[2] /Der-CDU-Parteitag-und-die-Frauenquote/!5640416 | |
[3] /Linke-Politikerin-ueber-Leopoldina-Papier/!5675514 | |
## AUTOREN | |
Patricia Hecht | |
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