Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Weniger arbeiten dank Corona: Eine neue Vollzeit
> Eine 40-Stunden-Woche bedeutet für viele: Dauerstress. Dabei bringt viel
> arbeiten nicht unbedingt viel. Jetzt ist ein guter Moment für etwas
> Neues.
Bild: 40-Stunden-Woche? Vielleicht kann Corona und das Homeoffice da eine Abkeh…
Arbeiten, Bad putzen, einkaufen, kochen (frisch und gesund), Wäsche
waschen, Haare auch, Sport, Freund:innen, Ehrenamt, schlafen. Ja, das ist
mein Leben und Ihres wahrscheinlich auch, Sie kennen den Struggle. Was ich
sagen will: Das ist viel, auch ohne Kinder. Seit ich arbeite, habe ich das
Konzept der Hausfrau verstanden.
Die Politikwissenschaftlerin Anne-Marie Slaughter hat ihren Job im
US-Außenministerium unter Hillary Clinton geschmissen, um mehr Zeit mit
ihrer Familie zu haben. In einem Essay im Atlantic ([1][„Why Women Still
Can’t Have It Al]l“) erzählt sie von einer Anwältin, die sich fragte, wie
sie Zeit für Kinder und Karriere haben kann, und zu Slaughter sagte: „Ich
schaue nach Vorbildern und finde keine.“
Das habe ich auch oft gedacht und von Freund:innen gehört. Sind wir alle
nur Menschen begegnet, die es schlicht nicht hinbekommen? Wenn es so
schwierig ist, welche zu finden, dann liegt der Fehler wohl eher im System.
In Deutschland arbeiten heute viel mehr Frauen als noch vor 10 oder [2][20
Jahren]. Natürlich ist das super, aber es ist ja nicht so, dass deshalb
wahnsinnig viele Männer ihre Arbeitszeit reduziert hätten. Das, was vorher
der Vollzeitjob einer Hausfrau war, ist hinten übergekippt und soll
irgendwie nach Feierabend erledigt werden. Selten funktioniert das gut.
Würde die Work-Life-Balance bei den meisten eine Balance sein, würden wir
nicht ständig darüber reden.
## „Time Macho“-Kultur
Wir arbeiten in einer Welt, die von einer „Time Macho“-Kultur geprägt ist,
wie es Anne-Marie Slaughter nennt: Viele arbeiten viel, oft mehr, als ihnen
ihre Verträge vorschreiben. Weil viel arbeiten angeblich viel bringt.
Dabei lässt die Konzentration irgendwann nach, eine Studie der Universität
Melbourne zeigt: Schon ab [3][25 Stunden pro Woche]. Einzelne Unternehmen
haben ihre Arbeitszeit reduziert, manche 5-Stunden-Tage eingeführt und
davon [4][Gutes berichtet]. Natürlich kann, wer will, in Teilzeit arbeiten.
Bisher machen das [5][vor allem Frauen]. Aber so wie es heute läuft, läuft
das dann eher schlecht für eine:n selbst: Man wird seltener befördert,
verdient weniger, bekommt weniger Rente.
Corona verändert, wie wir arbeiten. Homeoffice ist in Unternehmen normal
geworden, in denen es vorher undenkbar war. Wir sollten die Krise als
Chance sehen, in der vieles anders werden kann. Auch das, was wir unter
Vollzeit verstehen. Die 40-Stunden-Woche fiel nicht vom Himmel, sondern
wurde eingeführt, damit die Menschen weniger arbeiten und gesünder leben.
Genauso ließe sich die 40 gegen eine 30 tauschen oder eine 4-Tage-Woche zum
Standard machen, wie es [6][die IG Metall fordert.]
Wer das utopisch und naiv findet, sich vielleicht sogar fragt, was er mit
der Zeit anfangen soll, die er dann hätte, kann ja mal darüber nachdenken,
wer an seiner statt die Arbeit in seinem Haushalt und für die Gesellschaft
erledigt. Ich zumindest habe wenig Lust auf 40 Jahre Dauerstress.
6 Oct 2020
## LINKS
[1] https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2012/07/why-women-still-cant-h…
[2] /Zahlen-des-Statistischen-Bundesamts/!5683535
[3] https://melbourneinstitute.unimelb.edu.au/downloads/working_paper_series/wp…
[4] https://www.zeit.de/arbeit/2020-05/5-stunden-tag-moderne-arbeitszeitmodelle…
[5] /Alarmierende-Zahlen/!5072051
[6] /Diskussion-um-Vier-Tage-Woche/!5703412
## AUTOREN
Susan Djahangard
## TAGS
Kolumne Sie zahlt
Equal Pay
Care-Arbeit
Schwer mehrfach normal
IG
Kolumne Sie zahlt
Homeoffice
Homeoffice
Arbeit
Gender Pay Gap
Schwerpunkt Coronavirus
Care-Arbeit
## ARTIKEL ZUM THEMA
Erledigungen im Alltag: Das Körbchen ist niemals leer
Früher habe ich versucht, immer „alles“ zu schaffen, was anstand. Heute
weiß ich, dass das nicht geht und lasse Etliches lieber liegen.
Junge Menschen in der Arbeitswelt: Wir sollten noch weniger arbeiten!
Unsere Eltern konnten sich von ihrer Lohnarbeit vielleicht mal ein
Reihenhaus kaufen – das ist vorbei. Liebe Ältere, zeigt mal mehr
Solidarität.
Feminismus, Corona und Arbeitswelt: Harter Boden
Deutschland geht in den zweiten Lockdown, diesmal light. Das wird die
Wirtschaftskrise nochmal verschärfen. Aber für wen eigentlich?
Pro und Contra zum Recht auf Homeoffice: Revolution oder Isolation?
Am Plan des Bundesarbeitsministers, ein Recht auf 24 Tage Heimarbeit im
Jahr einzuführen, scheiden sich die Geister. Liegt alles Heil im Homeoffce?
Homeoffice in den Niederlanden: Schöne neue Thuiswerk-Welt
Schon vor der Pandemie war Arbeiten von zu Hause in den Niederlanden
verbreiteter als anderswo. Das liegt auch an kulturellen Besonderheiten.
Gesetzentwurf für Recht auf Homeoffice: Leere Bürotürme
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will ein Recht auf 24 Tage Homeoffice
im Jahr. Die Union protestiert.
Gender Pay Gap: Vorteil Ost
Der Gender Pay Gap ist im Osten geringer als im Westen. Der Osten ist nicht
so prekär und defizitär, wie auch heute noch gern behauptet wird.
Gender Gap im Konjunkturpaket: Dem Backlash ausgeliefert
Die Corona-Krise ist eine Gender-Krise. Trotzdem spielt
geschlechtergerechte Budgetierung keine Rolle im Konjunkturpaket der GroKo.
Geht's noch?
Frauen leisten zu viel unbezahlte Arbeit: Fuck you, fiskalische Effekte!
Eine Studie befindet: Mehr Ganztagsbetreuung führt zu mehr erwerbstätigen
Müttern und mehr Steuereinnahmen. Was ist mit den Vätern?
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.