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# taz.de -- Anlandeterminal für flüssiges Gas: Trumps geplatzter Traum
> Flüssiggas könnte die Schiffahrt umweltfreundlicher machen. Aber der Bau
> eines Anlandeterminals in Brunsbüttel wurde erstmal abgeblasen.
Bild: Findet noch lange in Deutschland kein Terminal: LNG-Tankschiff
Hamburg taz | Donald Trumps Wahlniederlage kriegt nun Brunsbüttel zu
spüren: Der geplante Anlandeterminal für flüssiges Gas an der Elbe wird
erst einmal auf die lange Bank geschoben. Der noch amtierende US-Präsident
hatte von Beginn seiner Amtszeit an Druck auf die Europäische Union und
speziell auf die Bundesregierung ausgeübt, mehr Gas aus Amerika zu
beziehen. Ab da wird es dann kompliziert.
Trump erhöhte das „Angebot“, indem er seine heimische Industrie und ihr
Fracking-Gas puschte. Dieses sollte verflüssigt in die EU verschifft und in
Brunsbüttel, Stade oder Wilhelmshaven angelandet werden. Gleichzeitig
versuchte die US-Regierung, die „Nachfrage“ aus Europa zu erzwingen.
Zuletzt drohte sie gar mit Strafmaßnahmen gegen beteiligte Firmen, wenn die
Erdgaspipeline Nord Stream 2 durch die Ostsee fertiggestellt würde – diese
würde amerikanisches Flüssigerdgas eigentlich überflüssig machen. Nord
Stream wird vom russischen Branchenriesen Gazprom gebaut. Beteiligt sind
neben Shell und der französischen Engie auch die deutschen Konzerne Uniper
und Wintershall-Dea.
Monatelang ruhten die Arbeiten. Doch kaum stand die Wahlniederlage Trumps
fest, begann das Gazprom-Konsortium mit den Vorbereitungen für den
Weiterbau. Seit dem 11. Dezember wird an dem letzten, kaum drei Kilometer
kurzen Teilstück der 1.200 Kilometer langen Pipeline wieder gearbeitet.
Am folgenden Tag meldete der Energieversorger RWE, dass der geplante
Vertragsabschluss für den Flüssiggas-Anlandeterminal nicht zustande kommt.
Die Entscheidung, ob Brunsbüttel noch eine Chance habe, werde
„wahrscheinlich erst irgendwann im ersten Halbjahr nächsten Jahres
hoffentlich erfolgen“, sagte RWE-Finanzvorstand Markus Krebber in einer
Bilanz-Telefonkonferenz.
## Nur eine Brückentechnologie
Damit setzt sich die in Deutschland schier endlose Geschichte um den
Kraftstoff LNG fort. LNG (engl. „Liquefied Natural Gas“) steht für
Flüssigerdgas. Es könnte die Emissionen auf See und in den Küstenstädten
erheblich verringern. Nach früheren Angaben der Hamburger
Wirtschaftsbehörde sinkt gegenüber bisher verwendeten Treibstoffen der
Ausstoß an Schwefel und Feinstaub um 99 Prozent, Stickoxide um 80 Prozent
und Kohlendioxid um 20 Prozent. LNG gilt daher in der maritimen Wirtschaft
als „Brückentechnologie“ zwischen den heute eingesetzten „schwarzen“
Treibstoffen und „grünem“ Wasserstoff in der Zukunft.
Bislang wird LNG vor allem in Japan und Korea für die Energieversorgung an
Land bezogen. Als Treibstoff nutzen es dagegen erst sehr wenige Schiffe.
Immerhin haben große Reedereien wie Hapag-Lloyd oder die
Kreuzfahrtschiffmarke Aida erste Schiffe mit LNG-fähigem Antrieb in Betrieb
genommen. Doch in Deutschland fehlt bislang ein Terminal.
Dennoch gibt es Widerstand. So wollen Teile der Grünen in
Schleswig-Holstein das im Koalitionsvertrag mit CDU und FDP verankerte
Terminal in Brunsbüttel nicht mehr. Auch BUND und Greenpeace wollen die
vorgesehenen Hafenflächen lieber für die Produktion von „grünem“
Wasserstoff nutzen.
Im Gegensatz zur durchaus bewährten LNG-Technik steckt die Entwicklung von
Wasserstoff-Antrieben für die zivile Schifffahrt allerdings noch in den
Kinderschuhen. Ohnehin wird Wasserstoff erst in kleinen Mengen hergestellt.
Im Maschinenbauverband VDMA erwartet man daher, dass eine vollständige
Umrüstung der Schifffahrt auf „grünen“ Wasserstoff bis zu 50 Jahre dauern
werde. Das hängt auch mit der langen Lebensdauer von Schiffen zusammen und
den hohen gesellschaftlichen Kosten für den Aufbau einer
Wasserstoff-Infrastruktur.
Dagegen könnten viele Frachter und Kreuzfahrtschiffe mit modernen
„Dual-Fuel“-Großmotoren schon heute LNG eigentlich nutzen. Das scheitert,
je nach Sichtweise, am Geiz vieler Reeder oder am scharfen globalen
Wettbewerb und damit am Preis. Schweröl und Marinediesel sind weit
preiswerter als LNG und in absehbarer Zukunft Wasserstoff oder andere
alternative Treibstoffe.
Ralf Nagel, Geschäftsführer des Reederverbandes VDR, begrüßt vor diesem
Hintergrund die Aufstockung der Fördermittel für LNG-Schiffe durch den
Haushaltsausschuss des Bundestages, auf Antrag des Hamburger
CDU-Abgeordneten Rüdiger Kruse. Wichtig sei, so heißt es auf Anfrage der
taz, dass langfristig mit der LNG-Technik der Einstieg in die großflächige
Nutzung auch alternativer, „grüner“ Gase an Bord möglich werden kann. „…
Motorentechnik ist die Brücke in eine klimaschützende Schifffahrt mit
CO2-freien Treibstoffen.“
## Kapazitäten noch kaum nachgefragt
Die Technik steht allerdings bereit, heißt es aus dem Schiffbau. So liefere
etwa MAN komplette Antriebslösungen für LNG-Containerschiffe. Und der
teilstaatliche Hapag-Lloyd investiert über 800 Millionen Euro in sechs neue
Großcontainerschiffe, die (auch) mit LNG angetrieben werden könnten. Doch
noch fehlt es den allermeisten Häfen der Welt an Tankstellen.
Bereits seit den 1970er-Jahren wird über den Bau eines LNG-Terminals in
Wilhelmshaven gestritten. Seit zwei Jahren versucht Uniper (früher Eon),
genügend Kunden zu gewinnen, um mit dem Bau eines LNG-Terminals zu
beginnen. Im November wurde das Projekt nun auf Eis gelegt. Ein Terminal in
Wilhelmshaven wird es bis auf Weiteres nicht geben.
Nach dem Aus für Brunsbüttel bleibt also nur noch Stade im Rennen. Anfang
Dezember begann der Hanseatic Energy Hub seine „Open Season“: Interessenten
können ab 2026 Kapazitäten im LNG-Terminal buchen; „unverbindlich“, wie d…
Gesellschaft mitteilt. Doch die schwächelnde Nachfrage dürfte auch dieses
Projekt stoppen, noch bevor es richtig begonnen hat: Aus den USA, die ja
das Gerangel dreier möglicher Standorte erst auslösten, liegt überhaupt
keine konkrete Anfrage für Lagerkapazitäten vor, berichtete kürzlich
Norbert Brackmann, der Maritime Koordinator der Bundesregierung.
6 Jan 2021
## AUTOREN
Hermannus Pfeiffer
## TAGS
LNG
Schifffahrt
Umweltverschmutzung
Abgase
Wasserstoff
Nord Stream 2
Schwerpunkt Coronavirus
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Schwerpunkt Klimawandel
Stade
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Gasförderung
Energie
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