# taz.de -- Sprecherin von RSF über Gesetz in Frankreich: „Risiko einer Selb… | |
> Frankreich plant ein neues Sicherheitsgesetz. Es beeinträchtigt die | |
> malträtierte Pressefreiheit in Frankreich, sagt die Sprecherin von | |
> Reporter ohne Grenzen. | |
Bild: Schnell noch ablichten, bevor es verboten ist: französische Polizist*inn… | |
taz: Frau Adès-Mével, Reporters sans frontières sagt, die gegenwärtig von | |
den Abgeordneten debattierte [1][Gesetzesvorlage über „globale | |
Sicherheit“], die Filmaufnahmen von Polizisten verbietet, gefährde die | |
Pressefreiheit. Warum? | |
Pauline Adès-Mével: Der Gesetzestext in seiner jetzigen Form enthält den | |
Artikel 24, der für die Publikation von Bildern, die eine Identifizierung | |
von Polizeibeamten ermöglichen können, strenge Strafen vorsieht: bis 45.000 | |
Euro Buße und ein Jahr Haft! Daran ändert auch der Zusatzantrag nichts, | |
dass für ein solches Verbot oder Strafverfolgung eine „offensichtliche | |
böswillige Absicht“ vorliegen müsse. Wir ersuchen die Abgeordneten der | |
Nationalversammlung eindringlich, bei der Abstimmung am Dienstag diesen | |
Artikel zurückzuweisen. | |
Was wären die konkreten Auswirkungen für die Medien? | |
Für eine Verurteilung müsste die Staatsanwaltschaft belegen, dass die | |
Absicht existierte, den gefilmten Polizisten zu „schaden“. Da dies | |
eigentlich kaum von professionellen Journalisten beabsichtigt wird, deren | |
Aufgabe die Information ist, könnte es darum theoretisch sehr selten zu | |
Verurteilungen kommen. Trotzdem hat der Artikel Konsequenzen für die | |
Medientätigkeit: Falls ein Polizist Klage einreicht, würde es der | |
Staatsanwaltschaft freistehen, bei einem Journalisten eine Hausdurchsuchung | |
anzuordnen und seine Äußerungen zu überprüfen. Der Tatbestand, vorsätzlich | |
schaden zu wollen, ist viel zu vage und kann verschieden interpretiert | |
werden. | |
Strafverfolgungen wären also kaum zu erwarten, aber eine Verunsicherung bei | |
Reportagen? | |
Die Journalisten haben das Recht, Vorgänge und Polizeiaktionen zu filmen. | |
Es geht nicht an, dass sie dabei eine Festnahme riskieren, weil ein | |
Polizeibeamter sich beklagt, weil die Bilder ihm eventuell schaden könnten. | |
Die Kameraleute können nicht die Hälfte filmen, und bei Direktübertragungen | |
ist es unmöglich, Gesichter (von Polizisten) unkenntlich zu machen. Auch | |
wenn eine Verurteilung unwahrscheinlich ist, würde eine Festnahme die | |
Reportage verunmöglichen. Und das hat eine abschreckende Wirkung für alle: | |
Wenn man befürchtet, wegen gewisser Aufnahmen ein Strafverfahren zu | |
riskieren, könnte darauf aus Vorsicht verzichtet werden. Da wären wir bei | |
einer Form von Selbstzensur! | |
Was schlägt RSF denn vor? | |
Natürlich ist es legitim, dass Polizisten fordern, vor Beschimpfungen und | |
Bedrohungen geschützt zu werden. Als Erstes sollte dazu auf übermäßige oder | |
missbräuchliche [2][Gewalt bei Ordnungseinsätzen] verzichtet werden, die | |
dann jeweils gefilmt wird. Die Behörden müssen davon ausgehen, dass die | |
Medien da sind, um über das Geschehen zu berichten und nicht, um einen | |
Beamten wegen eines Übergriffs zu gefährden. | |
Innenminister Gérald Darmanin hat den Journalisten geraten, sich bei | |
Polizeieinsätzen bei den Behörden zu akkreditieren. Schwebt ihm da eine Art | |
„Embedded-Journalismus“ vor? | |
Er wurde deswegen zu Recht kritisiert. Er hat das zurückgenommen, was aber | |
nicht genügt. Denn eine solche Bewilligungspflicht gibt es schlicht nicht. | |
Das ist zum Glück auch nicht in der Gesetzesvorlage vorgesehen. | |
Sehen Sie denn die Freiheit der Medien in Frankreich insgesamt gefährdet? | |
Auf unserer Rangliste der Pressefreiheit hat Frankreich zwei Plätze | |
verloren und befindet sich heute auf dem 34. Rang, das ist nicht glorreich. | |
Vor allem in den letzten zwei Jahren sind mehrfach Journalisten bei | |
Reportagen über Polizeiaktionen bei [3][Demonstrationen der Gelbwesten] und | |
[4][gegen die Rentenreform] behindert oder festgenommen worden. | |
23 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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