Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Polizeigewalt in Frankreich: Brutal und rassistisch
> In Paris verprügeln und beschimpfen Polizisten grundlos einen Schwarzen.
> Die Fälle von Polizeibrutalität reißen nicht ab, Konsequenzen gibt es
> kaum.
Bild: Der attackierte Musikproduzent Michel Z. auf dem Weg zur Polizei, um Anze…
Paris taz | Die Pariser Polizisten – und mit ihnen der Innenminister –
sitzen als institutionelle Wiederholungstäter wegen ihrer Brutalität auf
der Anklagebank der Medien. Auf [1][Aufnahmen einer privaten
Überwachungskamera] ist zu sehen, wie drei Beamte den schwarzen
Musikproduzenten Michel Z. im Eingang zu dessen Studio im 17. Stadtbezirk
von Paris mehrere Minuten lang verprügeln.
Er hat am Donnerstag eine Strafklage eingereicht und vor Kameras seine
Version des Vorfalls vom letzten Samstag geschildert. Er habe erst draußen
auf dem Gehsteig bemerkt, dass er seinen Mundschutz vergessen hatte und sei
darum rasch in sein Musikstudio zurückgekehrt, um sie zu holen. Die drei
Polizisten, die er bemerkt hatte, seien ihm ins Innere gefolgt.
Sie hätten ihn mehrfach als „dreckigen Neger“ beschimpft und geschlagen,
obwohl er keinen Widerstand geleistet und auch sonst keinen Anlass zu
dieser entfesselten Brutalität gegeben habe. Auf Fotos sind die
Kopfverletzungen zu sehen, die er dabei erlitt.
Das schockierende Video war zunächst durch das Magazin Loopsider
veröffentlicht worden, nun zirkuliert es in allen möglichen Medien. Die
Parallele zum emblematischen [2][Fall George Floyds in den USA] drängt sich
unweigerlich auf. Wie übersetzt man „Black Lives Matter“ für französische
„Flics“, die offenbar denken, sie könnten einen unbescholtenen Bürger
derart misshandeln, weil sie davon ausgehen, dass solche Brutalitäten mit
rassistischem Hintergrund von ihrer vorgesetzten Hierarchie zwar nicht
gebilligt, aber letztlich doch gedeckt würden?
## Umstrittenes Gesetz soll Polizisten schützen
In dieser Woche hatte bereits eine absurd gewaltsame [3][Räumung eines
Migrantenlagers] im Zentrum von Paris ein Schlaglicht auf diese
Polizeigewalt geworfen.
Der Staatsführung kommen diese skandalösen Beispiele von Polizeibrutalität
sehr ungelegen, da ihre [4][Vorlage für ein Sicherheitsgesetz], das
Filmaufnahmen von Polizisten in Aktion unter gewissen Bedingungen für
illegal und strafbar erklären soll, sehr umstritten ist. Trotz
[5][Protesten und Bedenken] hat die Regierungsmehrheit mit Unterstützung
der Rechten in der Nationalversammlung dieses Gesetz in erster Lesung
verabschiedet.
Präsident Emmanuel Macron ist angeblich wütend über den neuen Fall von
Polizeigewalt. Er hat seinen Innenminister, Gérald Darmanin, zu einer
Strafpredigt ins Elysée kommen lassen und ihn nachher ins Fernsehstudio
geschickt, wo er am Donnerstagabend Rede und Antwort stehen sollte.
Darmanin hat dabei lediglich mit betretener Miene erklärt, die drei
Fehlbaren würden aus dem Polizeidienst entlassen und bestraft, falls die
Untersuchung ihre Schuld beweise. Entschuldigt hat er sich im Namen der
Staatsgewalt weder beim Opfer noch bei der schockierten Öffentlichkeit, die
langsam den Eindruck haben muss, dass sich gewisse Polizeibeamte in
Frankreich wie Angehörige einer Miliz aufführen.
Normalerweise müsste ein solcher Skandal nicht nur für die direkt
Involvierten Folgen haben. Jean-Luc Mélenchon von der linken France
insoumise forderte in der Nationalversammlung den Rücktritt des Pariser
Polizeipräfekten Didier Lallement, der für die zunehmend brutalen Einsätze
verantwortlich gemacht wird. Der Innenminister, der noch vor Kurzem als
Vertreter einer harten Ordnungspolitik und als „starker Mann“ in der
Regierung auftrat, sitzt auf einem wackeligen Stuhl.
27 Nov 2020
## LINKS
[1] https://loopsider.com/fr/video/la-folle-scene-de-violences-policieres
[2] /Nach-dem-Tod-von-George-Floyd/!5690839
[3] /Raeumung-eines-Fluechtlingscamps-in-Paris/!5731311
[4] /Neues-Sicherheitsgesetz-in-Frankreich/!5727172
[5] /Sprecherin-von-RSF-ueber-Gesetz-in-Frankreich/!5730314
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Schwerpunkt Frankreich
Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
Polizeigewalt
Sicherheitsgesetz
Schwerpunkt Frankreich
Schwerpunkt Frankreich
Irland
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Schwerpunkt Frankreich
Polizeigewalt
Schwerpunkt Emmanuel Macron
Schwerpunkt Frankreich
Pressefreiheit in Europa
Gelbwesten
## ARTIKEL ZUM THEMA
Polizeipräfekt von Paris geht: Skandalpräfekt im Ruhestand
Didier Lallement verantwortet die berüchtigte Brutalität der Pariser
Polizei. Jetzt tritt er seinen Ruhestand an. Er hätte schon früher gehen
müssen.
Die Polizei in Frankreichs Kultur: Ziemlich beste Tölpel?
Polizeikritik hat in der französischen Popkultur eine lange Tradition –
anders als in Deutschland. Die Netflix-Serie „Lupin“ versucht da
anzuknüpfen.
Proteste in Irland nach Todesfall: Polizisten erschießen Nigerianer
Der 27-Jährige war mit einem Messer bewaffnet, er starb auf dem Weg ins
Krankenhaus. Seitdem gibt es in einigen irischen Städten Mahnwachen.
Proteste in Frankreich: „Schande“ für die Polizei
In Frankreich demonstrieren wieder Tausende gegen die Sicherheitspolitik
und gegen Polizeigewalt. Macron nennt Letzteres einen Slogan von extremen
Linken.
Polizeigewalt in Frankreich: Anklage gegen Polizisten
Gegen die vier Beamten, die einen schwarzen Musikproduzenten attackierten,
wurde Anklage erhoben. Am Wochenende gab es landesweite Proteste.
Proteste in Paris: Handys gegen Polizeigewalt
Nur durch ein Video wurde der rassistische Angriff auf Michel Zecler
öffentlich. Die Regierung will das Filmen von Polizisten verbieten.
Proteste gegen Gesetz in Frankreich: Für den Rechtsstaat auf die Straße
Hunderttausende haben in ganz Frankreich gegen das neue Sicherheitsgesetz
protestiert, das Aufnahmen von Polizeieinsätzen verbieten würde.
Räumung von Flüchtlingscamp in Paris: Schande der République
Frankreichs Innenminister gibt sich schockiert angesichts der Polizeigewalt
beim Räumen eines Flüchtlingscamps. Die ist gegen Flüchtende aber nicht
neu.
Sprecherin von RSF über Gesetz in Frankreich: „Risiko einer Selbstzensur“
Frankreich plant ein neues Sicherheitsgesetz. Es beeinträchtigt die
malträtierte Pressefreiheit in Frankreich, sagt die Sprecherin von Reporter
ohne Grenzen.
Aufnahmen von der Polizei bald verboten: Wer etwas zu verbergen hat
Fotos und Videos von Polizist:innen zu verbreiten könnte in Frankreich
strafbar werden. Organisationen und Mediengewerkschaften protestieren.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.